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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
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Herren. Aber wer gehofft hatte, etwas Neues über die Kriegslage zu erfahren, wurde enttäuscht. Der Reichsführer SS lamentierte stattdessen über seinen schlechten Ruf beim deutschen Volk, räumte allerdings ein, dass dieser immerhin nützlich sei, um Ruhe und Ordnung im Reich zu erhalten. Nach einer Filmvorführung und dem Chorgesang junger Panzerjäger bat Himmler die Freunde noch zum Tee. Gegen 19 Uhr brachte der Bus die Reisegruppe wieder zum Bahnhof.
    Mit seiner Einladung wollte Himmler die Herren des Clubs bei Laune halten. Im Lauf der Jahre war der Freundeskreis für ihn zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Die Zusammenkünfte dienten nach Einschätzung des Historikers Reinhard Vogelsang vermutlich sogar ausschließlich dem Zweck, die Geldbörsen der Mitglieder für den Reichsführer SS zu öffnen. Alles in allem kamen so rund acht Millionen Reichsmark für Himmlers Schatulle zusammen.
    Richard Kaselowsky (dritter von links) begegnete Heinrich Himmler
(links) bei den Treffen des Freundeskreises Reichsführer SS.
    Die SS wurde zwar aus der Parteikasse der NSDAP alimentiert, aber die Zuwendungen waren nach Himmlers Geschmack knapp bemessen. Für »besondere Aufgaben«, wie Himmler es nannte, hatte er überhaupt keinen Etat. So war er froh über die Freigebigkeit seines Freundeskreises. Der Bankier von Schröder hatte in seinem Kreditinstitut, dem Bankhaus Stein, ein Sonderkonto eingerichtet, auf das Himmlers Freunde die Spenden überweisen konnten.
    Die Geldflüsse konnten nach dem Krieg nur teilweise geklärt werden. Detaillierte Spenderlisten sind lediglich aus den Jahren 1943 und 1944 erhalten geblieben. Die höchsten Überweisungen kamen demnach mit jeweils 100000 Reichsmark von Flick, Siemens-Schuckert, |149| Wintershall, den Vereinigten Stahlwerken und dem IG-Farben-Konzern. Die Deutsche und die Dresdner Bank spendeten jeweils 50000. Richard Kaselowsky griff tief in die Unternehmenskasse, um sich Himmler gewogen zu halten. Mit Spenden von zweimal 40000 Mark blieb der Oetker-Chef nur wenig unter den Summen, die die finanzkräftigen Großbanken überwiesen.
    Himmler verwendete das Geld nach eigenem Gutdünken. Er unterstützte einzelne SS-Angehörige, die in eine finanzielle Notlage geraten waren. Er bezuschusste Forschungsreisen nach Tibet und die Lehr und Forschungsgemeinschaft »Ahnenerbe«. Er bedachte den Menschenzüchtungsverein »Lebensborn«, in dessen Entbindungsheimen rund 11000 meist uneheliche Kinder zur Welt kamen. Er ließ Bücher für SS- und Polizeieinheiten anschaffen. Viel Geld floss auch in die Wiederherstellung der Ruine Wewelsburg bei Paderborn. Während des Kriegs ließ der Reichsführer SS mit dem Geld aber auch neue SS-Einheiten ausrüsten, die in Bosnien und in Rumänien aufgestellt wurden.
    Der SS-Chef bedankte sich bei Kaselowsky und den anderen Spendern stets mit persönlichen Briefen, in denen er allerdings nicht näher darauf einging, wozu er das Geld verwendete. Die Freunde hätten ihm geholfen, »wiederum viele Wunden zu heilen, vielen Menschen zu helfen und manches für Deutschland Wertvolle, besonders auf wissenschaftlichem Gebiet, in Gang zu setzen«, schrieb er beispielsweise 1942.
    Im Freundeskreis Himmler machte Richard Kaselowsky mit einer Vielzahl von Verbrechern persönliche Bekanntschaft – so zum Beispiel mit dem Massenmörder Reinhard Heydrich. Als Heydrich im Juni 1942 in Prag bei einem Attentat umkam, gedachte Kranefuß seiner mit einer Gedenkrede. Über den kaltblütigen Organisator der Terrorherrschaft hörten die Industriellen und Bankiers, dass er »im täglichen aufreibenden Kampf mit den Reichsfeinden gestanden« habe. Kaselowsky traf auch Otto Ohlendorf, der als Befehlshaber der Einsatzgruppe D im Osten für die Ermordung von 91000 Menschen verantwortlich war.
    |150| Unklar ist allerdings, wie viel die nicht der SS angehörigen Mitglieder des Freundeskreises von den Verbrechen erfuhren. Der Historiker Reinhard Vogelsang kommt in seiner gründlichen Untersuchung zu dem Schluss, dass es eine besondere Mitwisserschaft der Wirtschaftsherren nicht gegeben habe: »Im Ganzen wird man feststellen dürfen, dass die gleiche Verschleierungstaktik, wie sie gegenüber der Bevölkerung praktiziert wurde, auch gegenüber dem Freundeskreis Anwendung fand.«
    Im Freundeskreis Himmler waren nicht nur überzeugte und willfährige Nationalsozialisten. Mit dabei war zum Beispiel auch Karl Blessing, der 1958 Präsident der Deutschen Bundesbank werden sollte. Blessing

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