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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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dieses Kind entgegenbrachte. Vor einigen Wochen wäre sie noch vor jedem Oger schreiend davongelaufen. Die Situation, in der sie sich befand, ließ ihr zwar nur wenige Möglichkeiten, aber die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihnen gegenübertrat, war verblüffend. Er hatte damals ein ähnliches Verhalten bei Usil festgestellt. Menschen hatten die erstaunliche Gabe, schnell Vertrauen zu anderen aufzubauen. Genauso schnell konnten sie es aber auch wieder verlieren.
    Der Morgen dämmerte endlich, und sie rannten auf eine Hügelkette zu. Die Anhöhen bildeten bereits die südlichen Ausläufer des Gebirges, dessen Gipfel gerade von den ersten Sonnenstrahlen beschienen wurden. Der Pass lag etwa fünf Meilen vor ihnen, und dahinter lag Nelbor. Wenn sie es bis dorthin schafften, waren sie erst mal in Sicherheit. Die Orks würden sie nicht ins Land der Menschen verfolgen.
    Nelbor - eigentlich das Land, das er seine Heimat nannte, aber in Sicherheit war er dort auch nicht. Die Menschen akzeptierten ihn und seinesgleichen nicht. Sie hatten Angst vor Ogern. Angst, weil Oger größer, stärker und anders waren. Eigentlich gab es so etwas wie eine Heimat für ihn nicht. Es gab nur Orte, an denen sie ihn weniger hetzten als an den anderen. Und anstatt sich ruhig zu verhalten und nicht aufzufallen, um irgendwo in Ruhe zu leben, schaffte er es immer wieder, sich noch mehr Feinde zu machen.
    Was machte er hier eigentlich? War er vollkommen wahnsinnig? Sie hatten sich entschieden, durch die eigenen Truppen zu brechen, zu desertieren, um in ein Land zu reisen, das auf ihn und seine Freunde die größte Treibjagd aller Zeiten in Gang setzten würde. Ein Oger mit Verstand, in Begleitung des zu Fleisch gewordenen Krieges würde in Nelbor nicht allzu viel Jubel hervorrufen. Jeder, aber auch jeder, der sich einen Namen machen wollte oder nach der Belohnung gierte, würde sie jagen. Und das alles für ein kleines Mädchen und einen Gott, der seinen Willen nicht klar genug geäußert hatte. Mogda erinnerte sich wieder an einen Spruch aus dem Buch des Philosophen. Erst durch Weisheit schafft man sich selbst die Möglichkeit, verschiedene Wege zur Selbstfindung zu beschreiten. Was für ein Unsinn. Dieses Amulett hatte ihn dazu gebracht, einen Weg zu gehen, der immer schmaler wurde, keine Abzweigungen hatte und höchstwahrscheinlich eine Sackgasse war. Und zu allem Überfluss wurde er jetzt auch noch von etwas verfolgt, das ihn töten wollte, und das diese abergläubischen Kriegsoger offenbar für unbesiegbar hielten.
    Rator gab das Zeichen zum Halten. Sie befanden sich direkt vor der ersten Hügelkette. Er schickte Brakbar vor, um die Lage auszukundschaften. Vor ihnen lag die zweite Armee unter dem Banner Tabals - oder waren sie vielleicht nur zum Nutzen der Meister hier? Alle wie sie da waren, wurden sie um die göttliche Fügung betrogen. Ausgenutzt durch ihren eigenen Glauben.
    Rator und Kruzmak kamen auf Mogda zu.
    »Mogda, du guter Kämpfer?«, fragte Rator.
    »Kommt darauf an«, erwiderte er. »Im Zweikampf mit Schafen bin ich ganz brauchbar.« Es wäre ihm lächerlich vorgekommen, seine eigenen Kampfkünste vor diesen erfahrenen Kriegern anzupreisen. Wenn es hart auf hart käme, würde er ihnen ohnehin keine große Hilfe sein.
    »Das genug«, bekam er jedoch verblüffenderweise zur Antwort. »Orks zwar nicht unbewaffnet, aber genauso unkordiert.«
    »Unkoordiniert«, verbesserte Cindiel ihn unwillkürlich.
    Rator schaute zu ihr auf.
    »Du wollen sein Truppführer?«
    Cindiel nahm Deckung hinter Mogdas massigem Nacken.
    »Tut mir leid«, wisperte sie eingeschüchtert.
    Kruzmak überreichte Mogda eine langstielige Axt. In ihren Schaft waren unzählige Kerben eingraviert. Die Schneide war frisch geschliffen.
    »Auch von totem Freund«, erklärte er. »Du führen in einer Hand. Immer laufen und schwingen. Nicht wie in Zweikampf.«
    Mogda nickte.
    Rator übergab ihm dazu noch einen Lederstriemen.
    »Binden kleine Hexe fest. Wenn runterfällt, dann ...«
    »Ich weiß«, unterbrach Cindiel ihn, »dann lasst ihr mich zurück.«
    »Falsch, kleine Hexe. Dann drehen um und haben ewige Schlacht. Wird dauern bis Herbst, bis alle getötet.« Rator versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht ganz. Der Verrat an seinen Meistern machte ihm nach wie vor zu schaffen.
    Brakbar kehrte zurück und berichtete. Sie mussten über zwei weitere Anhöhen steigen, dann würden sie auf die ersten Orks treffen. Östlich der Hauptarmee lagerten nur einige

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