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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Keramiktopf und einige andere Wertgegenstände waren verschwunden. Frau Mergil hatte anscheinend alles Wertvolle in ihren Besitz übergehen lassen.
    Bepackt mit einem kleinen Beutel verließ Cindiel das Haus ihrer Großmutter durch die Vordertür. Sie hatte sich vorgenommen, mit weiteren Nachbarn zu sprechen, um mehr über die Tat herauszufinden. Außerdem musste sie wissen, was mit Hagrim geschehen war, und was man unternahm, um die Kinder zu befreien. Eine Vorstellung darüber, wie sie den Ogern helfen konnte, hatte sie auch schon im Hinterkopf.
    Bis zum späten Abend dauerte es, sich mit allen Nachbarn zu unterhalten. Zu den meisten musste sie mehrfach gehen, da sie gerade beschäftigt oder nicht da waren. Die Taverne, in der sich Hagrim öfter aufgehalten hatte, öffnete erst nach Sonnenuntergang. Dies war ihre letzte Station. Als sie die Kupfergrotte betrat, war schon allerhand los. Eine Schankmaid kam mit vier vollen Krügen Bier vorbei, die sie einer Gruppe Zwerge bringen wollte.
    »Na, Kleine, wen suchst du denn?«
    Cindiel zeigte wortlos auf den Wirt. Meister Ostmir war ein schlanker Mann um die vierzig, mit betont gepflegtem Aussehen. Sein Äußeres unterschied ihn von den meisten anderen Gastwirten in der Stadt. Aber was ihn wirklich einzigartig machte, war die Tatsache, dass er das Lieblingsgetränk jedes Gastes servierte, bevor er es bestellte, egal, ob er den Gast kannte oder nicht. Wenn er falschlag, ging das Getränk auf Rechnung des Hauses. Dies kam aber nur sehr selten vor. Bei den meisten gemeldeten Fehleinschätzungen wollte der Zecher nur ein Freigetränk ergattern.
    Cindiel ging zur Theke und setzte sich auf einen Hocker. Meister Ostmir hatte beide Hände voll zu tun, also saß sie da und beobachtete ihn bei der Arbeit. Hinter dem Tresen hing eine verwirrende Anzahl von alkoholischen Getränken in Flaschen und Fässern. Ganz beiläufig stellte der Wirt Cindiel ein großes Glas Trapugasaft hin und eilte dann an die andere Seite, um einer Bedienung die leeren Gläser abzunehmen. Kurz danach kam er zurück und stützte sich vor Cindiel mit den Ellenbogen auf die Theke.
    »Nicht besonders einfallsreich, aber sehr lecker«, sagte er auf das Glas zeigend.
    »Trapugasaft ist wirklich mein Lieblingsgetränk, aber ich kann ihn nicht zahlen.«
    »Das macht nichts, du bist ja auch nicht hergekommen, um etwas zu trinken, oder?«
    »Nein, ich suche jemanden. Hagrim, den Geschichtenerzähler.«
    »Hat es was mit einer Vaterschaft zu tun? Nein? Ach, das geht mich ja auch nichts an. Hagrim war schon lange nicht mehr hier. Bei diesem Überfall von den Orks, hat er schreckliche Narben im Gesicht davongetragen. Die Leute haben begonnen, ihm aus dem Weg zu gehen. Was soll ich sagen, ein Geschichtenerzähler, vor dem die Leute sich fürchten, hat nur wenig Kundschaft. Es heißt, er lebt jetzt bei den Aussätzigen.«
    Cindiel war zwar erleichtert zu hören, dass ihr Freund noch lebte, zugleich aber auch erschüttert über seinen Verbleib.
    »Wo finde ich diese Aussätzigen?«
    »Gar nicht. Das ist kein Platz für ein kleines Mädchen. Lass Hagrim noch ein wenig Zeit, dann wird er sich bestimmt bei dir melden. Es ist schwer für jemanden, mit solchen Narben zu leben. Aber mit der Zeit wird er sich daran gewöhnen.«
    Meister Ostmir hatte Recht. Hagrim hatte bestimmt bereits genug Schwierigkeiten. Ihn jetzt noch mit ihren zu belasten, wäre nicht richtig.
    »Eines noch, Meister Ostmir. Kennt ihr einen Kapitän in Sandleg, der Passagiere befördert?«
    »Ja, natürlich. Wende dich an Kapitän Londor. Er befördert alles, wofür er bezahlt wird. Aber Obacht: Eine Passage ist nicht billig, und er lässt sich nicht durch dein kindliches Aussehen erweichen.«
    »Danke, Meister Ostmir, ich werde ihn aufsuchen, vielleicht schaffen es meine Freunde, seinen Preis ein wenig zu drücken.«
    »Na, da kann ich nur hoffen, dass deine Freunde harte Brocken sind. Grüß Londor schön von mir.«
    Cindiel trank aus, verabschiedete sich und verließ die Kupfergrotte.
    Die Stimmung in den nächtlichen Straßen kam ihr äußerst bedrückt vor. Die fröhliche Heiterkeit war verschwunden. Die Nachricht von einem möglicherweise bevorstehenden Krieg hatte sich selbst bis zum letzten Trunkenbold herumgesprochen. Niemand war erpicht darauf, gegen die Horden Tabals zu kämpfen. Die letzten Trollkriege hatten ihre Spuren hinterlassen. Cindiel wurde das Gefühl nicht los, ein drohender Schatten verfolge sie. Es war kein Schatten, der von einer

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