Die Operation
ins Labor«, sagte Stephanie. Sie versuchte, ihrer Stimme einen gebieterischen Klang zu geben, aber unter den gegebenen Umständen fiel ihr das schwer.
»Es ist mir scheißegal, was du willst. Bewegung!« Kurt verpasste ihr einen heftigen Stoß. Ohne die Hilfe der Arme wäre Stephanie beinahe gestürzt. Zum Glück blieb sie auf den Beinen, nachdem sie mit der Schulter ein Regal mit Gewebekulturen gestreift hatte. Kurt schubste sie noch einmal und sie stolperte vorwärts, in die angegebene Richtung.
»Ich weiß gar nicht, wieso Sie diese Kleinigkeit so aufbauschen müssen«, sagte Stephanie, nachdem sie halbwegs die Fassung wiedergefunden hatte. »Ich habe mich doch nur umgesehen. Ich wollte einfach wissen, woher die Eizellen stammen, die Dr. Saunders uns überlassen hat.« Innerlich überlegte sie fieberhaft, ob sie Kurts Befehle befolgen oder einfach zusammenbrechen und nicht mehr weitergehen sollte. Wenn sie schon nicht ins Labor zurückgingen, dann wollte sie zumindest in Cindy Drexlers Büro bleiben. Schließlich würde Cindy irgendwann zurückkommen, und das war ein tröstlicher Gedanke. Die Tatsache, dass sie nicht wusste, wo sie jetzt hingingen, versetzte sie in Panik, aber sie blieb trotzdem nicht stehen. Kurts Drohung, er werde schießen, hielt sie in Bewegung. So verrückt und durchgeknallt wie er wirkte, nahm sie seine Worte ernst.
»Unbefugtes Eindringen in die Eierkammer ist keine Kleinigkeit«, gab Kurt verächtlich zurück, als könnte er ihre Gedanken lesen.
Am hinteren Ende der Eierkammer bogen sie im rechten Winkel ab und gelangten zu einer Tür, die der ähnelte, durch die Stephanie hereingekommen war. Kurt drückte auf einen Knopf am Türrahmen und die schwere, tresorähnliche Tür öffnete sich zischend. Kurt versetzte Stephanie einen groben Stoß, sodass ihr angesichts ihrer auf den Rücken gefesselten Hände nichts anderes übrig blieb, als hindurchzustolpern. Sie fand sich in einem langen, schmalen, mit Stuck verzierten Korridor wieder, der nach links abging. Die Beleuchtung war spärlich, nur an der Außenseite waren in unregelmäßigen Abständen fluoreszierende Lichtquellen angebracht. Die Luft war stickig und nicht klimatisiert.
Stephanie blieb stehen. Sie versuchte sich umzudrehen, aber Kurt stieß sie mit solcher Kraft nach vorne, dass sie hinfiel. Da sie den Sturz nicht mit den Armen abfangen konnte, landete sie auf der Schulter und schürfte sich auf dem Zementboden die Wange auf. Einen Augenblick später schon hatte er sie am Rücken gepackt, Laborkittel und Bluse fest in der Faust eingeklemmt hob er sie hoch, als wäre sie nichts weiter als eine Puppe. Sobald sie wieder in der Senkrechten war, trieb er sie vorwärts. Stephanie fand sich damit ab, gehen zu müssen. Sie hatte begriffen, dass jede Weigerung sofort zu einer Katastrophe führen konnte.
»Ich verlange, mit Dr. Wingate und Dr. Saunders zu sprechen«, sagte Stephanie und versuchte damit noch einmal, entschlossen zu wirken. Ihre Ängste wurden stärker, während sie überlegte, wohin dieser Mann sie wohl bringen wollte. Die feuchte Hitze des Korridors ließ vermuten, dass sie sich unter dem Erdboden befanden.
»Alles zu seiner Zeit«, sagte Kurt und gab dabei ein lüsternes Lachen von sich, das Stephanie erschaudern ließ.
Stephanie vermutete, dass sie unter dem Erdboden parallel zu dem überdachten Fußweg gingen, der das Laborgebäude mit dem Verwaltungsgebäude verband. Nach wenigen Minuten gelangten sie an eine normale, isolierte Brandschutztür. Nachdem Kurt sie geöffnet hatte, sah sie sich in ihrer Vermutung bestätigt. Sie befanden sich im Keller des Verwaltungsbaus. Stephanie konnte sich daran erinnern, dass sie hier ihre Hausausweise bekommen hatten. Mit erheblicher Erleichterung ging sie jetzt davon aus, dass sie das Büro des Sicherheitsdienstes ansteuerten, und auch diese Vermutung wurde bald bestätigt.
»Den Flur runter!«, kommandierte Kurt, nachdem sie sein Büro betreten hatten. Er blieb hinter ihr, außerhalb ihres Blickfeldes.
Stephanie ging an einer halb offenen Tür vorbei und erhaschte einen Blick auf eine Monitorwand. Kurt drängte sie weiterzugehen. Am Ende des Flurs blieb sie stehen.
»Also dann. Wie du siehst, haben wir links eine Arrestzelle und rechts ein Schlafzimmer. Du hast die Wahl«, sagte Kurt spöttisch.
Wortlos betrat Stephanie die geöffnete Zelle. Kurt ließ die Gittertür hinter ihr ins Schloss fallen. Das Klicken hallte von den Betonwänden wider.
»Was ist mit den
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