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Die Operation

Titel: Die Operation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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an die Grenze der Verehrung respektiert hatte, für den sie über ein Jahrzehnt lang unzählige Opfer gebracht hatte, der aber mittlerweile unberechenbar und gelegentlich sogar bösartig geworden war. Und obwohl sie tagsüber alles versucht hatte, wusste sie immer noch nicht, wieso er auf das bevorstehende heimliche und politisch riskante Treffen mit Dr. Lowell bestanden hatte. Und weil er absolute Geheimhaltung verlangte, hatte sie auch niemand anderen fragen können. Was das Ganze noch schlimmer machte: Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Ashley den Grund für dieses Treffen aus reiner Boshaftigkeit vor ihr verborgen hatte, weil er instinktiv wusste, wie sehr ihr daran gelegen war, diesen Grund zu erfahren. Im Verlauf des letzten Jahres hatte sie durch zahlreiche ungerechtfertigte und sarkastische Kommentare den Eindruck gewonnen, dass er sie um ihr relativ jugendliches Aussehen und ihre Gesundheit beneidete.
    Carol sah zu, wie Ashley am Fuß der Treppe stehen blieb und auf dem ebenen Boden nach dem Gleichgewicht suchte. Einen Augenblick lang wirkte er wie festgefroren, ein Sinnbild seiner eigenen, eisernen Sturheit - einer Eigenschaft, die Carol früher im Zusammenhang mit seinen populistischen politischen Überzeugungen einmal bewundert hatte, die sie aber jetzt eher ärgerlich machte. In letzter Zeit hatte er etliche Kämpfe nur um des eigenen Machterhalts geführt, als wäre er süchtig danach.
    Sie hatte ihn immer für einen der ganz Großen gehalten, der den richtigen Zeitpunkt zum Abschied von der politischen Bühne erkennen würde, aber jetzt war sie sich da nicht mehr so sicher.
    Ashley kam langsam auf sie zu. Mit seinem schwarzen Mantel, den hängenden Schultern und den kurzen Trippelschritten erinnerte er Carol an einen übergroßen Pinguin. Nun wurde er langsam schneller. Carol hatte eigentlich gedacht, er würde um das Auto herum zum Beifahrersitz gehen, aber er kletterte direkt hinter ihr auf die Rückbank. Sie spürte, wie der Wagen dabei leicht ins Wackeln kam. Die Tür fiel ins Schloss. Sie hörte den Schirm zu Boden fallen.
    Carol drehte sich um. Ashley ließ sich in den Sitz sinken. Die trübe Innenraumbeleuchtung des Wagens ließ sein Gesicht bleich erscheinen, fast schon geisterhaft, und seine groben Züge sahen aus, als hätte man sie in einen ungebackenen Brotlaib hineingedrückt. Das dünner werdende, graue Haupthaar, das normalerweise genau wusste, wo es hingehörte, war fusselig wie ein Klumpen Stahlwolle. In den dicken Brillengläsern spiegelten sich gespenstisch die Lichter des Hauses.
    »Sie sind spät dran«, beschwerte sich Ashley ohne jeden Südstaatenakzent.
    »Es tut mir Leid«, sagte Carol reflexartig. Sie entschuldigte sich andauernd. »Aber ich denke schon, dass wir es rechtzeitig schaffen. Müssen wir noch etwas besprechen, bevor wir in die Stadt zurückfahren?«
    »Losfahren!«, kommandierte Ashley.
    Carol spürte, wie sie von einer Woge des Zorns erfasst wurde. Aber sie beherrschte sich im Wissen um die Konsequenzen, die es haben konnte, wenn sie ihren Gefühlen freien Lauf ließ. Was Kränkungen anging, hatte Ashley das Gedächtnis eines Elefanten, und seine Racheakte waren für ihre Hinterhältigkeit berühmt. Carol legte den Rückwärtsgang ein und lenkte den schwerfälligen Suburban aus der Einfahrt.
    Die Strecke führte zum größten Teil über reine Autostraßen. Carol erwischte eine durchgehende grüne Welle und näherte sich mit gleichmäßiger, ruhiger Geschwindigkeit dem Highway 395. Dort herrschte zu ihrer großen Freude schon deutlich weniger Verkehr als noch vor einer Viertelstunde, sodass sie ungehindert bis zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit beschleunigen konnte. Carol entspannte sich ein wenig. Sie würden rechtzeitig da sein. Als sie auf den Potomac River zufuhren, donnerte ein Frachtflugzeug, das vom Reagan National Airport gestartet war, über ihre Köpfe hinweg. Für Carol hörte es sich an, als wäre es keine zwanzig Meter über ihnen. Angespannt wie sie war, reagierte sie auf den plötzlichen, ohrenbetäubenden Lärm so heftig, dass der Wagen kurz bedenklich ins Schwanken geriet.
    »Wenn ich es nicht besser wüsste«, sagte Ashley und verfiel bei diesem ersten Satz seit seinem schroffen Kommando wieder in seinen typischen Südstaatenakzent, »dann hätte ich beim Andenken meiner Mutter geschworen, dass man die Düsenturbulenzen bis hier auf unserem Highway gespürt hat. Haben Sie den Wagen wirklich im Griff, meine Liebe?«
    »Alles in bester

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