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Die Opfer des Inzests

Die Opfer des Inzests

Titel: Die Opfer des Inzests Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Schweighoffer
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bist. Und das gleich.«
    Erpressung? Éric begreift den Sinn der
letzten Sätze nicht so ganz. Ihm kommt es vor als wären sie zweideutig gewesen.
Aber inwiefern? Der ironische Tonfall verheißt nichts Gutes. Aber der Teller
mit den Pfannkuchen, der vor ihm steht, ist zu verlockend, so daß er sich keine
weiteren Gedanken macht. Brav? Natürlich wird er brav sein. War er denn seit
gestern unartig? Wenn der Onkel ihm gegenüber endlich beste Ansichten zeigt, wird
er ganz sicher nicht undankbar sein.
    »Hast du Schulaufgaben auf?« fragt der
Erwachsene immer noch honigsüß.
    »Nein. Die habe ich schon während einer
Freistunde erledigt.«
    »Möchtest du etwas spielen?«
    Éric kann sich schlecht vorstellen, mit
seinem Onkel im Garten zu dribbeln oder mit ihm Monopoly zu spielen, als wäre
er sein bester Freund. Außerdem ist sein Onkel nicht der Typ, einen Ball oder
ein Monopolyspiel zu besitzen. Was könnten sie beide also spielen?
    Éric gibt vor diesem Abgrund von Fragen
auf.
    »Ich habe keine Lust zu spielen, danke.
Ich möchte lieber auf mein Zimmer gehen und lesen. Bis später.«
    Onkel Robert macht ein enttäuschtes
Gesicht. Éric hat ein schlechtes Gewissen. Er muß die Kommunikation zwischen
ihnen wiederherstellen, wenn ihr Umgang nicht wieder so unpersönlich werden
soll wie zu Anfang. Ohne nachzudenken, nur um irgend etwas zu sagen und
Interesse zu demonstrieren, fragt er:
    »Onkel Robert, warum hast du dich
gestern nachmittag in deinem Zimmer eingeschlossen? Warst du vielleicht krank?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber manchmal
habe ich Lust zu spielen... auf eine ganz spezielle Art... Na ja, es ist
besser, wenn niemand weiß, was ich tue, sonst würde man mich für verrückt
halten!«
    In seinem Alter spielte er lieber, als
zur Arbeit zu gehen? Das stellte Érics Vertrauen in ihn wieder her. Wenn sein
Onkel sich benimmt wie ein Kind, werden sie sich doch noch verstehen.
    »Und was hast du gemacht, Onkel
Robert?«
    »Ah! Du bist ja vielleicht neugierig.
Komm mit, ich zeige es dir...«
    Der Onkel scheint sehr erregt bei
dieser Aussicht. Er führt seinen Neffen den Flur hinunter und in sein Zimmer.
Die Läden sind geschlossen, aber er macht sich nicht die Mühe, den
Lichtschalter zu betätigen, den Éric neben dem Holzbett entdeckt.
    »Du wirst sehen, es ist lustiger, wenn
man Kerzen anzündet.«
    Im schwachen Licht, das vom Flur
hereinfällt, bemerkt Éric Kerzenständer, die überall im Raum verteilt sind.
Außerdem hängen dort viele Spiegel. Ein seltsamer Geruch liegt in der Luft. Der
Junge fühlt sich gar nicht wohl in seiner Haut, als Robert seine Hand nimmt und
ihn energisch auf das Bett zuschiebt.
    »Du hast doch keine Angst, hoffe ich.
Du hast hier nichts zu befürchten. Außerdem wolltest du ja wissen, was ich in
meinem Zimmer tue«, flüstert er ihm ins Ohr.
    Éric kann nur murmeln:
    »Ich weiß, daß ich keine Angst zu haben
brauche. Aber ich möchte lieber doch nicht wissen, was du spielst, wirklich...«
    Er zittert am ganzen Leib. Nimmt Onkel
Robert ihn in die Arme, um ihn zu beruhigen? »Sicher nicht. Das alles ist doch
nicht normal«, denkt Éric, dessen Gedanken sich überschlagen. Aber wie in einem
Alptraum ist er wie gelähmt. Er, der so flink ist beim Fußball und auf der
Straße, ist wie erstarrt vor Angst.
    Robert streichelt ihm zärtlich wie eine
Mutter das Haar, den Mund und die Arme und flüstert dabei:
    »Du wolltest es doch... Du hast es
gewollt... Jetzt laß mich machen.«
    Der Junge gerät in Panik. Die
Berührungen passen so gar nicht zu seinem Onkel, dem Eigenbrötler, dem
Einzelgänger. Etwas Entsetzliches geschieht. Aber was soll er tun? Was soll er
nur tun, um Gottes Willen?
    Roberts Hände umfassen die Schultern
des Kindes fester. Er zieht ihm die Hose aus. Dann entledigt er sich fieberhaft
der seinen.
     
    Éric wird ohnmächtig, als sein Onkel
ihm seinen Penis in den Mund schiebt, bevor er ihn vergewaltigt. Und doch
begreift er, als er wieder zu sich kommt, daß er soeben Opfer eines Gewaltaktes
geworden ist, von dem er sich nie wieder erholen wird. Seine Kindheit ist
beendet. Der kleine Junge existiert nicht mehr. Glück wird für ihn nur noch
eine ferne Erinnerung sein. Der Kokon, der ihn noch vor wenigen Stunden
geschützt hat, wurde auf die abscheulichste Art zerstört. Er liegt da,
unrettbar verloren. Eine unförmige Hülle, mit Füßen getreten, zerrissen,
stinkend.
    Während sein Onkel, erschöpft von
seinen Anstrengungen, zusammengesunken mit geschlossenen Augen

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