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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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hatte etwas von einem Anwalt an sich, was teilweise an ihrer ernsten Miene und dem Nadelstreifenkostüm lag, das sie trug. Außerdem war sie bar jeden Schmucks und hatte das nicht gefärbte, ergrauende Haar zu einem Knoten zusammengebunden. Doch sie war eher für eine Besprechung gekleidet als für eine Suche nach menschlichen Überresten.
    Ich nahm gegenüber von ihr Platz und beschrieb, was sich abgespielt hatte.
    Sie runzelte die Stirn. »Wieso haben Sie den Knochen nicht an Ort und Stelle gelassen?«
    »Die Flut kam, und die Wasserstände sind zurzeit höher als normal. Er wäre weggespült worden. Aber wir haben eine Boje an einen schweren Stein am Strand gebunden, um den Fundort zu markieren, und ich habe Fotos an die Polizei geschickt.«
    »Die habe ich gesehen. Mir war nicht klar, dass sie von Ihnen stammen. Das Fragment selbst … Sie haben es nicht direkt aus dem Muschelhaufen gezogen?«
    »Nein. Es lag am Strand. Aber es war mit festgebackener
Erde und Sand aus dem abgerutschten Teil gefüllt, also muss es darin gelegen haben, in welcher Tiefe allerdings …« Ich zuckte mit den Achseln. Es ließ sich nicht sagen.
    Sie seufzte. »Ich weiß. Aber wenn die Leiche dort begraben worden wäre, müsste mehr von dem Skelett zu finden sein. Was seinerseits wieder ein außerordentlicher Zufall wäre – dass die Leiche ausgerechnet in einem historischen Abfallhaufen verscharrt wurde, meine ich.«
    »Es sei denn, die Stelle wurde absichtlich gewählt. Um die Überreste mit weiterem Skelettmaterial zu vermischen – menschlichem, meine ich.«
    »Von dem es bisher keine Spur gibt, wie Sie sich denken können. Die andere Möglichkeit ist, dass der Unterkiefer, den Sie gefunden haben, einfach ein verstreuter Knochen ist, der dicht unter der Oberfläche lag, als die Uferböschung abrutschte.«
    »Könnte er im Meer gelegen haben und irgendwann von einem Sturm an Land gespült worden sein?«
    »Zweifelhaft. Nichts deutet darauf hin, dass er sich in Meerwasser befunden hat.«
    Die Kellnerin brachte ihr eine Kanne Tee und Toast. Ich wartete, bis sie gegangen war, und sah mich um, ob jemand in unserer Nähe saß. Aber außer uns war niemand mehr im Frühstücksraum. »Ich habe etwas bemerkt, das wie Schnittspuren aussah, vor allem am linken Unterkieferast«, sagte ich leise.
    Langan beugte sich näher zu mir. »Richtig. Scharfe Gewalteinwirkung, einschließlich der Entfernung des Rabenschnabelfortsatzes. Vermutlich mit etwas wie einem Hackmesser.«
    »Bei Enthauptungen wird der Unterkiefer häufig beschädigt, oder?«
    »Stimmt. Aber ich glaube nicht, dass es zufällig passiert ist. Die Schläge zielten darauf ab, den Massetermuskel zu durchtrennen,
der den Unterkiefer mit dem Wangenknochen verbindet. Und das würde darauf hindeuten, dass das gesamte Skelett zerstückelt wurde. Vermutlich wird eine Untersuchung unter dem Mikroskop auch auf der andern Seite Schnittspuren von einem scharfen Instrument zutage fördern, aber im Augenblick sind sie noch schwer von einer Beschädigung durch Aasfresser zu unterscheiden. Es könnte durchaus sein, dass ein Teil des Kiefers über der Erde freilag, während noch fleischliches Gewebe daran hing. Aber wir halten alle diese Informationen fürs Erste vor der Öffentlichkeit geheim, und ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie das respektieren würden.«
    »Selbstverständlich. Lässt sich feststellen, ob das Opfer noch lebte, als ihm die Verletzungen zugefügt wurden?« Es war keine morbide Neugier von mir. Ich wollte wissen, ob der scharfkantige Gegenstand auch zu ihrem Tod geführt hatte.
    »Nein. Ich kann nicht feststellen, ob die Wunden post oder peri mortem sind.«
    »Aber sie sehen mehr wie gezielte Schnitte als wie zufällige Hiebe bei einem Angriff aus.«
    »Ja. Sie könnte also irgendwo erdrosselt oder erstochen und dann in Stücke gehackt worden sein, damit sich die Leiche leichter beiseiteschaffen ließ. Die Teile wurden vielleicht in verschiedenen Abschnitten des Ufers flach vergraben und später von Tieren verstreut.«
    »Aber bisher sind keine weiteren Leichenteile aufgetaucht?«
    Langan schüttelte den Kopf. »Auch keine Kleidung, Metallgegenstände oder Schmuck. Kein Hinweis, dass ein Grab ausgehoben wurde. Wir suchen ein großes Gebiet ab, besonders in den Wiesen und Feldern hinter dem Strand. Ich habe zum Einsatz von Kadaverspürhunden geraten, aber nach fünf Jahren können die Knochen leicht ein ganzes Stück von der
Stelle verschleppt worden sein, wo die Leiche abgelegt

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