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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Vergangenheit Ihres Landes aufgeklärt haben«, fügte ich an. »Ich werde ein wenig über das Thema nachlesen müssen.«
    Ich verabschiedete mich und verließ den Markt.
    Als ich am nahe gelegenen Hotel Stella Maris vorbeikam, sah ich Giles Kendrick davor Gepäck in sein Auto laden.
    »Reisen Sie jetzt ab?«, fragte ich.
    »Ja.« Er sah aus, als wäre ihm ausgesprochen unwohl zumute. »Äh … Sarah ist schon vorausgefahren … mit dem Bus.«
    »Nach Banagher?«
    »Nach Limerick.« Er schlug die Heckklappe seines Wagens zu. »Dann weiter nach Banagher.« Er wischte sich die Hände
ab und angelte in den Taschen seiner Jeans nach den Wagenschlüsseln.
    »Verstehe. Sagen Sie noch einen schönen Gruß von mir.«
    Er öffnete die Fahrertür. »Wird gemacht.«
    »Eine Frage noch. Hat Sarah einmal in einer Gruppe namens Gyna gesungen?«
    Kendrick erstarrte für einen kurzen Moment, dann schlüpfte er in den Wagen.
    Ich ging zum offenen Fenster und sah hinein. Ein Mietwagenvertrag lag im offenen Handschuhfach. Kendricks Brille reflektierte das Sonnenlicht, deshalb konnte ich seine Augen nicht sehen, aber in seinem Kiefer zuckte ein Muskel. Er drehte den Kopf zu mir und lächelte aufgesetzt. »Ja, hat sie.« Er ließ den Motor an und schaute in den Rückspiegel. »Auf Wiedersehen«, sagte er und zwang einen Lkw zum Bremsen, als er auf die Straße hinausfuhr. Kendrick hatte überhaupt nicht auf den Verkehr geachtet.
    Ich fragte mich, was ihn so durcheinandergebracht hatte. War ihm die Vergangenheit seiner Freundin peinlich?
    In meinem Hotelzimmer packte ich die restlichen Sachen, die ich am nächsten Tag brauchen würde, in den Rucksack. Es war erst kurz nach Mittag, und da ich für den Nachmittag nichts geplant hatte, legte ich mich aufs Bett und erledigte ein paar Telefonanrufe.
    Als Erstes rief ich Muriel Blunden an, die Grabungsleiterin des Nationalmuseums. Wir beide hatten im letzten Jahr eine unwahrscheinliche Beziehung aufgebaut, größtenteils über das Telefon. Sie hatte einen halb beruflichen, halb privaten Charakter und fühlte sich an, als hätte ich eine ältere Schwester, die rauchte, fluchte und immer mit den falschen Männern im Bett landete. Doch trotz ihrer katastrophalen Bilanz mit Männern hatte sie es auf sich genommen, als meine Kummerkastentante
zu fungieren, seit ich im Frühsommer eine langjährige Beziehung beendet hatte.
    Diesmal hoffte ich, das Gespräch an diesem speziellen Thema vorbeizuleiten. Und angesichts der Entwicklung der letzten Tage hatte ich genügend mit ihr zu besprechen.
    »Schiffswracks und Muschelhaufen – und ich dachte, Sie wären dorthin gefahren, um sich eine Weile von der Archäologie zu erholen«, sagte sie, als ich zu Ende erzählt hatte.
    »Wie Sie wissen, entkommt man der nirgendwo. Auf dem Mond, vielleicht … Aber nicht einmal dort, wenn ich darüber nachdenke.«
    »Sie haben es sogar geschafft, jemanden aufzugabeln, den ich auch mal kannte – Theo Mahon, Ihr Experte für Schiffswracks. Inzwischen bestimmt selbst ein ziemliches Wrack.«
    Ach du meine Güte! Es klang nach einer weiteren Liaison Muriels, die ein böses Ende genommen hatte.
    »Dann erzähle ich ihm also, Sie hätten sich liebevoll nach ihm erkundigt.«
    »Wenn Sie das machen, kriegen Sie nie wieder eine Grabungsgenehmigung.«
    »Ich glaube, ich habe verstanden. Deshalb rasch weiter – ich würde gern Ihr Gedächtnis auf die Probe stellen. Es gab eine archäologische Stätte auf einer Landspitze hier, die vor etwa fünf Jahren zerstört wurde. Eine Klosteranlage. Läutet da etwas bei Ihnen?«
    Nach einigen Sekunden Pause hörte ich sie mit den Fingern schnippen. »Ja, und ob. Soweit ich mich erinnere, hatten die Behörden eine Baugenehmigung erteilt, weil das Projekt das Landschaftsbild nicht beeinträchtigte. Unter Vorbehalt der üblichen archäologischen Prüfung, natürlich. Und man erwartete nicht, dass da etwas auftauchte – nirgendwo war eine archäologische Stätte verzeichnet. Aber siehe da, eine geophysikalische
Erkundung ergab, dass unter einer Schicht Deckerde etwas lag, ein Stück wurde freigelegt und eine frühmittelalterliche Stätte kam zum Vorschein, wahrscheinlich sechstes Jahrhundert. Wir haben rasch einen Konservierungsbescheid durchgeboxt. Die Planung hätte gestoppt werden müssen. Doch dann, o Wunder, verschwand die archäologische Stätte über Nacht. Die Ringmauern, die Kirche und die Steinhütten der Mönche wurden zu Schutt, steinerne Grabplatten und Kreuzwegstationen

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