Die Opferstaette

ja.«
    Sergeant Hynes runzelte die Stirn. »Wir werden Straßensperren errichten müssen. Eine Meldung im Lokalradio verbreiten. Wir fragen im Hotel nach Informationen, vielleicht haben sie sogar eine Handynummer. Wissen Sie, was für einen Wagen er fährt?«
    »Er ist rot, mit einer Heckklappe. Die Marke weiß ich nicht.«
    Hynes dankte mir, ging zum Polizeiauto zurück und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Sein Gesichtsausdruck war der eines Mannes, der im Augenblick lieber eine Runde Golf gespielt hätte.
    »Will jemand einen Drink?«, fragte Mahon.
    Die anderen beiden nickten bedrückt.

    »Ich komme später dazu«, sagte ich.
    Als ich zum Ocean Cove zurückging, raste das Polizeiauto an mir vorbei. Sergeant Hynes sprach aufgeregt in das Funkgerät.
    Ich musste ebenfalls ein paar Gespräche führen.
    Ich wollte gerade die Straße überqueren und schaute nach links und rechts, als ich Gus Carmody in einen silbernen Lexus steigen sah, der an der Straße oberhalb der Bootsrutsche stand. Zusammen mit anderen Leuten hatte er alles von dort oben beobachtet.
    Detective Inspector Matt Gallagher war an seinem Schreibtisch in Drogheda, als ich anrief. Wir beide hatten uns im vergangenen Jahr gut kennengelernt. Außerdem war er mit meiner besten Freundin zusammen.
    »Na, was tut sich so in Clare? Waren Sie auf irgendwelchen Musikertreffen?«
    »In diesem Teil der Grafschaft ist nicht so viel los, was traditionelle Musik angeht«, sagte ich. »Hier gibt es andere Attraktionen. Morgen zum Beispiel besuche ich eine Klosterruine auf einer Felssäule im Meer.«
    »Mann, da bin ich aber neidisch.«
    »Per Hubschrauber.«
    »Das könnte mir allerdings auch gefallen. Also, was haben Sie auf dem Herzen?«
    »Ich brauche einen Rat. Und ein paar Informationen.«
    Gallagher stöhnte. »Sie sind doch nicht wieder in etwas hineingeraten, Illaun?«
    In der Folge einer Mordermittlung vor ein paar Monaten, bei der ich eine Rolle gespielt hatte, musste er Fran versprechen, mich davon abzuhalten, die Nase weiter in Polizeiangelegenheiten zu stecken.
    »Könnte sein«, sagte ich.

    Gallagher seufzte. »Okay, schießen Sie los.«
    »Eine Frau, die ich erst vor ein paar Tagen kennengelernt habe, wurde tot aufgefunden. Kurz bevor man sie fand, hat ihr Partner die Gegend verlassen. Er kann natürlich vollkommen unschuldig sein, aber ich weiß, was die beiden hier taten, und ich frage mich, ob ich es Sergeant Hynes erzählen soll.«
    Ich erzählte ihm von Sarahs Recherchen.
    »Also, zunächst einmal kann man unmöglich sagen, in welche Richtung eine Ermittlung gehen wird – falls es überhaupt eine gibt -, ehe die Ergebnisse der Obduktion bekannt sind. Aber was immer Sie tun, erzählen Sie diesem Hynes bloß nichts von Unterwasserkirchen und irgendeinem Stein, der ein Schiff versenkt hat.«
    Er hatte natürlich recht. Ich wusste nicht einmal mehr, wieso ich überhaupt auf den Gedanken gekommen war.
    »Sie sagten, Sie brauchen Informationen. Worüber?«
    »Über einen anderen Fall.«
    »Oh, nein. Bitte.«
    »Ein gewisser Theo Mahon und ich haben vor zwei Tagen in der Shannon-Mündung einen Teil eines weiblichen Schädels gefunden. Das führte dazu, dass eine junge Frau, die vor fünf Jahren in dieser Gegend verschwand, identifiziert wurde. Ihr Name war Lena Morrison. Die Ermittlung in ihrem Fall scheint ziemlich halbherzig gewesen zu sein. Ich würde gern mehr über den verantwortlichen Beamten wissen. Er heißt Dermot Rattigan, soviel ich weiß. Und er bearbeitet die Sache immer noch, obwohl inzwischen ein Mordfall daraus geworden ist.«
    Gallagher räusperte sich. »Ich habe gehört, dass der Fall wieder aufgerollt wird. Allerdings hatte ich keine Ahnung, dass es Ihren Bemühungen zu verdanken ist. Ich kenne Rattigan. Er ist Detective Sergeant, glaubt aber, man habe ihm ungerechterweise
eine Beförderung verweigert, deshalb setzen sie ihn gelegentlich auf aufsehenerregende Fälle an. Er kommt sich dann wichtig vor und lässt die Polizeiführung eine Weile in Ruhe. Mein Rat ist, halten Sie sich fern von ihm. Wann kommen Sie zurück?«
    »Am Sonntag.«
    »Ich rate Ihnen, fliegen Sie zu Ihrem Kloster, schlafen Sie sich morgen Nacht gut aus und fahren Sie am Sonntag frühzeitig zurück. Vergessen Sie die andern Geschichten dort unten. Ich bin überzeugt, sie sind in keiner Weise irgendwie romantisch, tragisch oder edel. Sie sind viel eher schmutzig und gemein. Lassen Sie sich nicht hineinziehen. Und wie Sie wissen, dreht mir Fran den Kragen um, wenn