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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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verschränkte trotzig die Arme. »Waren Sie das, der die Ruinen zerstört hat?«
    Er blinzelte verwirrt. Aber es war schwer zu sagen, ob es
an meiner Äußerung lag oder an der Tatsache, dass ich immer noch hier war.
    »Wie lange sind Sie schon im Geschäft? Etwa fünf Jahre, richtig?«
    Er nickte, zu verdutzt, um zu erwidern, ich solle meine Nase nicht in seine Angelegenheiten stecken.
    »Man hat Sie also bezahlt, die Stätte hier zu zerstören, und jetzt bezahlt man Sie dafür, sie zu beschützen.« Ich drohte mit dem Zeigefinger. »Also, das nenne ich schlau.« Ich machte auf dem Absatz kehrt.
    »Was zum … Warten Sie, Misses«, rief er hinter mir her.
    Ich ging weiter.
    »Warten Sie kurz. Bitte.«
    Ich verlangsamte und gab ihm Gelegenheit, aufzuholen.
    Er atmete schwer. »Ich wusste nicht, worum es Ihnen ging …« Er schüttelte heftig den Kopf. »Ich schwöre bei Gott, ich hatte mit der Entweihung nichts zu tun.« Er sah sich nervös um. »Ich hätte so etwas auf heiligem Boden nie getan. Was allerdings erst bekannt wurde, als es die Archäologen entdeckt haben.«
    »Was ist mit dem Stein?« Ich wies mit einem Kopfnicken in die Richtung. »Wusste man, dass er hier ist?«
    »Ich habe Derry Costello einmal davon reden hören.«
    »Den Aalmann?«
    O’Meara blinzelte mich wieder an. Da erst wurde mir klar, dass ich einen Spitznamen benutzt hatte, den wir ihm als Kinder gegeben hatten.
    »Ich meine … war das der Mann, den man an den Pollock Holes immer nach Krabben suchen sah?«
    O’Meara lächelte. Mehrere Zähne fehlten ihm. »Das war er. Und ist er immer noch.«
    »Freut mich zu hören, dass er noch lebt.« Es war mindestens
zwanzig Jahre her, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, und damals hätte ich ihn auf über siebzig geschätzt.
    »Unkraut vergeht nicht, wie es so schön heißt. Jedenfalls habe ich ihn im Scotts eines Abends sagen hören, dass der Stein absichtlich versteckt wurde, bevor sie dann irgendwann anfingen, alle diese Dinge aufzuzeichnen.«
    »Er war also nie auf irgendwelchen Karten.«
    »Aber warum man nicht wollte, dass er gefunden wird, hat er nicht gesagt. Sie könnten ihn selbst fragen. Er schaut immer noch gelegentlich bei Scotts rein.«
    Je länger wir uns unterhielten, desto umgänglicher wurde O’Meara.
    »Bevor ich gehe – wissen Sie zufällig, wer die Ruinen abgetragen hat?«
    »Nein.« Er runzelte die Stirn. »Aber das waren Profis.« Er meinte es nicht bewundernd, sondern in dem Sinn, dass dafür bezahlt worden war. »Es gab keine Berichte von einem gestohlenen Bagger in der Gegend, und er wurde nicht irgendwo auf freiem Feld stehen gelassen, wie es sinnlos betrunkene Jugendliche wohl tun würden. Ich vermute, er wurde auf einem Tieflader hier angekarrt, verrichtete sein Werk und wurde danach in den Bauhof zurückgebracht, aus dem er kam.«
    Ich warf einen Blick auf die Ferienhäuser. »War es die Sache wert?«
    »Ich glaube nicht, dass die Leute, die hierherkommen, viel darüber nachdenken«, sagte er.
    »Im Moment sind nicht viele Besitzer da.«
    »Nein. Die Schule hat wieder angefangen.«
    »Kann man welche von den Häusern mieten?«
    »Nur eine Handvoll. Heute hat sich sogar jemand einquartiert.«
    Fünf Minuten später ging ich auf dem Rückweg zum Hotel
an dem öffentlichen Parkplatz nahe dem George’s Head vorbei. Eine Wolke verhüllte die Sonne, aber gewaltige Lichtsäulen strömten dahinter hervor und sammelten sich wie Suchscheinwerfer auf dem Meer. Bishop’s Island war als Silhouette noch zu erkennen, ihr kistenförmiger Umriss deutlich von diesem Teil des Festlands aus. Und obwohl ich im Vergleich zum Vortag tatsächlich ein beträchtliches Stück von ihr entfernt war, ließen sie das Licht und die Perspektive als weiter draußen im Meer liegend erscheinen, als es in Wirklichkeit der Fall war. Zum ersten Mal, seit ich erwogen hatte, die Insel zu besuchen, spürte ich ein Gefühl der Beklemmung.

13
    F ür einen Freitagabend war das Scotts praktisch menschenleer. Vielleicht verbreitete die dicht gedrängte Gruppe der Taucher in der Ecke nahe des Kamins eine düstere Stimmung, die andere Trinker abhielt. Oder es lag einfach nur am Saisonende. Mahon blickte auf, als ich hereinkam, und ich machte ihm ein Zeichen, ich würde an der Bar etwas bestellen – ob sie auch etwas wollten? Er fragte die anderen, und alle schüttelten den Kopf. Ich sah mich um, während ich darauf wartete, dass der Barkeeper aus dem Nebenraum zurückkam, wo der Kommentar eines Fußballspiels

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