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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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immer noch bei Ebbe schaffen. Sie sagten, es sei nur ein kurzer Tauchgang, und wenn ich es für riskant halten würde, würde ich Sie sowieso nicht tauchen lassen. Okay?«
    Ich konnte mir seine Begeisterung nicht erklären. Ging es ihm um das Geld? Jedenfalls entschied es die Sache.
    »Also gut.«
    Ich würde doch noch in der Intrinsic Bay tauchen. Nachts.
    Ich widmete mich wieder Charlotte Brontës Brief zurück und brauchte nicht lange zu warten, bis vom Gottesstein die Rede war.
    Offenbar hatten die Fischer von Kilkee und die kleinen Bauern in der Umgebung zur Zeit des Schiffbruchs und wer weiß wie viele Jahrhunderte davor schon einen gewissen Druidenstein abergläubisch verehrt, der auf George’s Head stand und angeblich die Macht besaß, Stürme zu entfachen und vieles andere zu bewirken.
    Als man entdeckte, dass die Intrinsic eine eiserne Kirche an Bord gehabt hatte, die in der Stadt New Orleans errichtet werden sollte, beschuldigte ein erst kurz zuvor aus Dublin eingetroffener protestantischer Missionar namens Wylie die Einheimischen, mit diesem »Gottesstein«, wie er genannt wurde, den Sturm heraufbeschworen zu haben, der das Schiff vernichtete. Anscheinend war der Mann in seiner Bigotterie blind für die Tatsache, dass er dem Objekt genau die Kräfte zugestand, die er bei den einfachen Bauern als Aberglaube getadelt hätte. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, an die Zeitungen in Dublin und London über die götzendienerischen Praktiken der Bevölkerung von Loop Head zu schreiben. Nicht genug damit, zitierte
er sogar einen von ihnen mit den Worten, der Gottesstein habe die Intrinsic tatsächlich in den Untergang gelockt, da er wie ein Leuchtturm gestrahlt habe und den Kapitän bei Nacht und Sturm glauben ließ, er sehe den Leuchtturm am Loop Head und sei deshalb an der richtigen Stelle, um in die Shannon-Mündung abzubiegen, wo er vielleicht Schutz finden würde. Stattdessen führte er ihn in die Katastrophe an der Felsenküste.
    Ich hatte mich gefragt, ob es zur Zeit des Schiffsuntergangs einen Leuchtturm auf Loop Head gegeben hatte, und jetzt wusste ich es – dank Charlotte Brontë. Ihr Brief war voller überraschender Fakten und Ereignisse.
    Als Folge von Wylies Behauptungen tobten in den örtlichen Gazetten wilde Debatten. Auf der extremen katholischen Seite gab es jene, die behaupteten, der Stein sei kein Werkzeug der Druiden, sondern ein echtes christliches Symbol, und falls er tatsächlich das Schiff sinken und die Kirche untergehen ließ, dann deshalb, weil die Passagiere Protestanten gewesen seien und davon abgehalten werden sollten, »falsche Lehrmeinungen« in Amerika zu verbreiten. Und so ging es immer weiter: Vorwürfe des Götzendienstes und Aberglaubens auf der einen Seite sowie der Einmischung in den alten Glauben auf der andern. Am Ende unternahm die Geistlichkeit auf beiden Seiten Schritte, um die Angelegenheit einzudämmen. Dazu gehörten erst die Segnung und dann die Säkularisierung des Steins durch die katholische Kirche sowie die geräuschlose Entfernung Wylies durch seine Vorgesetzten in Dublin. Und bald war die Angelegenheit vergessen. Die Dame aus Limerick hatte alles selbst ganz vergessen, sagte sie, bis
die Schilderungen ihres Gatten von den jüngsten Ereignissen es ihr wieder in Erinnerung gerufen hätten.
    Als sie darauf hinwies, dass wir nicht weit von der Stelle entfernt saßen, wo dieser Gegenstand des Aberglaubens angeblich gethront hatte, machten sie und ich uns auf, nach dem Stein zu suchen, konnten jedoch keine Spur von ihm finden. Ob er überhaupt existierte, oder ob man ihn nach dem Verlust der Intrinsic etwa ausgegraben und ins Meer geworfen hatte, konnten wir nicht feststellen. Die Tatsachen sind den Einheimischen hier wahrscheinlich wohlbekannt, aber unter den derzeit herrschenden Umständen ist es vielleicht nicht verwunderlich, wenn sie gegenüber einem protestantischen Geistlichen und seiner Frau nicht gern darüber sprechen.
    Charlottes Brief gab Derry Costellos mündlicher Version zweifellos eine andere Form. Und er gewann an Glaubwürdigkeit dadurch, dass er näher an den fraglichen Ereignissen verfasst worden war – mitten in der Zeit der »Kleinen Arche«. Er bewies außerdem, dass die überlieferte Fassung der Gottessteingeschichte aus Ereignissen zusammengestrickt war, die ein Jahrzehnt auseinanderlagen. Charlottes Zeitangaben erklärten auch, warum die Kartografen von 1839 nichts von dem Stein gewusst hatten, der sie vielleicht zur Entdeckung des

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