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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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gewesen sein, wenn auch vielleicht nur in den Sommermonaten. Danach war es nur eine Frage des allmählichen Anstiegs des Meeresspiegels, der schon seit Jahrtausenden im Gang war, bis die Höhle irgendwann aufgegeben werden musste.«
    »Und welche Verbindung bestand zwischen den verschiedenen Orten?«
    »Ich glaube, sie gehörten zusammen, aber jedes diente einem anderen Zweck. Bishop’s Island war für diejenigen, die getrennt vom Rest der Menschheit ein Leben in Gebet und Kontemplation führen wollten. In der Felsbehausung wohnte möglicherweise der Gründer oder heiligste Mann des Klosters bis ans Ende seiner Tage; danach wurde sie wahrscheinlich von einzelnen Asketen benutzt. Damit wäre die Gemeinschaft selbst auf George’s Head angesiedelt gewesen, und da das Kloster auf dem Festland lag, dürften die Mönche auch der Dorfgemeinde dort gedient haben. Sie dürfen nicht vergessen, dass es bis zur Wikingerzeit keine Städte im eigentlichen Sinn in Irland gab, deshalb gab es außerhalb der Klöster auch kaum Kirchengebäude.«
    »Und wie sah die Landschaft in dieser Zeit aus?«
    »Außerhalb der menschlichen Siedlungen herrschten Wald und Sümpfe vor, es gab Flüsse und Seen. Reisen waren schwierig. Küstengebiete wie dieses waren abgelegene Orte, und die Mönche, die hierherkamen, ahmten die ägyptischen Einsiedler nach, die in die Wüste gingen. Man findet sogar Ortsnamen mit ›dysert‹ – Wüste – darin. Ich kenne zwei hier in Clare – Killadysert und Dysert O’Dea.«
    »Den zweiten habe ich auf einem Wegweiser gesehen. Ich dachte, so heißt jemand.«
    Ich lachte. »Dysert O’Dea – wäre ein toller Name für einen Einsiedler.«

    »Und wie stehen die Chancen, dass die Höhle richtig erkundet wird?«
    »Unter Bedingungen, wie sie dieses Wochenende herrschen, wäre es vielleicht möglich. Aber das passiert womöglich erst in einem Jahrzehnt wieder, deshalb werden wir uns in der Zwischenzeit mit kurzen Abstechern begnügen müssen, bei denen man ein paar Fotos machen kann.«
    »Vorläufig weiß also niemand außer Ihnen, was es dort unten gibt.«
    »Das ist das Komische dabei. Die Höhle scheint benutzt zu werden.«
    »Benutzt?«, fragte Kendrick überrascht.
    »Ich habe etwas gefunden.« Ich erzählte ihm von der Kühlbox unter dem Felsvorsprung. »Vollgepackt mit Hummer vermutlich. Aber es kommt noch merkwürdiger. Da standen diese heruntergebrannten Kerzen, wie wir sie heutzutage benutzen, um Duftöl zu erwärmen, auf einem Felsvorsprung.«
    »Hm. Und Sie haben nicht in die Kühlbox geschaut?«
    »Nein, dazu kam ich nicht. Jemand hat mich niedergeschlagen, bevor ich sie öffnen konnte.«
    Ich sah zu Kendrick hinüber. Seine Augen kreisten nun hinter der Brille. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder? Haben Sie gesehen, wer es war?«
    »Nein. Der Schlag kam von hinten. Ich glaube, der Angreifer ist mir in die Höhle gefolgt.«
    Kendrick nickte. Es schien eine Theorie weiter zu untermauern, die er sich zurechtlegte. »Vielleicht schmuggeln diese Typen eine ganz andere Ware. In diesem Fall wären Kerzen in der Höhle gar nicht so abwegig, wie Sie glauben …« Er verfiel in Schweigen und blickte geistesabwesend aus dem Fenster.
    Aus irgendeinem Grund schweiften meine Gedanken zu Derry Costello ab und zu seiner Erinnerung daran, wie mein
Vater Shakespeare zitiert hatte. Es gab da ein Stück, das er oft rezitierte und das ich mit meinem Aufenthalt in diesem Teil der Welt in Verbindung brachte. Aber es wollte mir partout nicht einfallen, und ich würde es nachschauen müssen, wenn ich wieder zu Hause war.
    Eine Schwelle in der Straße riss Kendrick aus seinen Gedanken. »Tut mir leid. Ich habe gerade an Sarah gedacht. Hat denn Ihr Tauchpartner nichts gesehen?«
    »Senan ist nicht getaucht, er sollte mich herausfischen, wenn ich wieder nach oben kam. Aber das Boot war nicht dort, wo es hätte sein sollen. Er hatte es zu der Seite der Bucht hinübergefahren, wo das Riff ist. Aber er kam zurück, als er mich um Hilfe rufen hörte – zumindest glaube ich, dass es sich so abgespielt hat.«
    »Sie haben ihn nicht als Täter in Verdacht?«
    »Nein. Es ergibt keinen Sinn, mich niederzuschlagen, mir Atemgerät und Tauchlicht wegzunehmen, damit ich dort unten ertrinke, und mich dann zu retten und zu sich nach Hause mitzunehmen, wie er es getan hat.«
    »Es sollte also so aussehen, als wären Sie ertrunken.«
    »Das dachte ich zuerst, ja. Aber jetzt frage ich mich, warum ich nicht gleich totgeschlagen wurde. Ich bezweifle,

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