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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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ich gesehen hatte, wie sich geschwungene schwarze Klauen in Harrys Kopf gebohrt hatten. Ich war sicher, dass irgendetwas da oben auf dem Speicher war, das ihm die Haut vom Kopf gerissen hatte. Wie sollte das ein Unfall gewesen sein? Wie sollte er sich so verfangen, dass ihm das ganze Gesicht einfach weggerissen wurde?
    Ich wusste, dass Brown Jenkin das gemacht hatte, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie er das hatte bewerkstelligen können. Ich hatte versucht, Detective Sergeant Miller zu erklären, dass sich auf dem Speicher möglicherweise eine Art >Hyper-Ratte< befand. Doch Miller hatte mich mit seinen blassblauen Augen angesehen, durch seine kleinen Brillengläser, und er hatte so entschlossen gewirkt, nicht an Brown Jenkin, sondern an einen Unfall zu glauben, dass ich beschlossen hatte, besser den Mund zu halten und lieber dafür zu sorgen, dass Danny und Liz vor den bedrohlichen Dingen geschützt wurden, die sich im Fortyfoot House befinden mochten. Und ich hatte beschlossen, dankbar dafür zu sein, dass die Polizei nicht auf die Idee gekommen war, mich wegen eines tätlichen Angriffs auf Harry Martin festzunehmen.
    Die Polizei macht so etwas, wenn man am wenigsten damit rechnet. Manchmal muss man tatsächlich überlegen, ob man sie überhaupt informieren soll.
    »Sie bleiben doch in der Gegend, oder?«, fragte mich Detective Sergeant Miller.
    »Ja, ja, noch zwei bis drei Monate. Ich soll das komplette Haus renovieren, neue Leitungen verlegen, verputzen, tapezieren. Von allem etwas.«
    »Dann kommen die Tarrants also zurück?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie wollen es verkaufen. Sie haben sich nach Mallorca zurückgezogen.«
    »Manche Leute haben halt Glück«, meinte Miller. »Sie waren offensichtlich noch nie auf Mallorca.«
    Er sah mich lange Zeit an, ohne zu blinzeln. Ich war mir nicht sicher, ob er mir Angst einjagen oder ob er mir auf telepathischem Wege zu verstehen geben wollte, dass er schon mal auf Mallorca gewesen war. Immerhin musste ein Mann mit einer Rose am Revers überall gewesen sein. Oder besser gesagt: Er sollte überall gewesen sein.
    »Das wäre es dann für den Augenblick«, sagte er. »Ich gehe davon aus, dass wir uns noch mal bei Ihnen melden. Aber es sieht alles nach Routine aus.«
    »Haben Sie den Dachboden abgesucht?«, fragte ich ihn.
    Er starrte mich noch immer durchdringend an, während er antwortete: »Ja, wir haben alles abgesucht.«
    »Keine Ratten? Auch keine Anzeichen für Ratten?«
    »Nein, Mister... ? Keine Anzeichen für Ratten. Nur Haken. Drei verdammt große eiserne Haken. Vermutlich hat man die früher benutzt, um Dinge auf den Dachboden zu hieven. Bevor dieser Teil abgetrennt wurde.«
    »Ich werde sie fortschaffen«, versprach ich ihm.
    »Haben wir schon erledigt«, sagte er. »Jones ... sorgen Sie dafür, dass die Dinger vom Dachboden geholt werden?«
    »Sofort«, sagte der Detective Constable und eilte zurück ins Haus.
    Detective Sergeant Miller sagte nichts, bis Jones verschwunden den war. Er sah hinüber zu der verfallenen Kapelle, zu den Grabsteinen, zur See, zur Zeder. Schließlich sagte er: »Wissen Sie, ich habe schon einige Geschichten über dieses Haus gehört. Ich bin aber noch nie zuvor drinnen gewesen.«
    »Was für Geschichten?«
    Er zuckte mit den Schultern und grinste fast ein wenig albern. »Oh, nichts ... mein Cousin sagte immer, es sei verflucht.«
    »O ja, das habe ich auch gehört.«
    Er nahm seine Brille ab und steckte sie in seine Brusttasche. »Ich wollte Ihnen nur sagen, Mister, dass wir nicht ganz dumm sind.«
    »Wie bitte?«
    »Wir sind nicht ganz dumm«, wiederholte er. »Wir kennen alle Geschichten über das Fortyfoot House, vor allem über die Geräusche, die Lichtblitze und die verschwundenen Kinder. Aber man kann ein Geräusch ebenso wenig verhaften wie einen Lichtblitz. Und wenn ein Kind verschwindet und es nicht einmal einen einzigen Fußabdruck gibt ... was soll man dann machen? Für die Ermittlungen in einem Mordfäll werden uns 20.000 Pfund genehmigt. Wenn das Geld aufgebraucht ist, werden die Untersuchungen abgebrochen. Und wenn wir Geister suchen wollen, bekommen wir keinen Penny.«
    Ich war sprachlos. Eben erst hatte er beteuert, dass Harry einen Unfall erlitten habe, und jetzt spekulierte er darüber, dass Harry etwas Übernatürlichem zum Opfer gefallen sein könnte. So hatte ich einen Polizisten noch nie reden gehört.
    »Sie haben die vermissten Kinder mit dem Fortyfoot House in Verbindung gebracht?«, fragte ich.

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