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Die Orangen des Präsidenten

Die Orangen des Präsidenten

Titel: Die Orangen des Präsidenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbas Khider
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warum eine so liebenswürdige Frau drei Kinder von einem Mann wie meinem Onkel in die Welt gesetzt hatte. Möglicherweise war mein Onkel früher ein anderer Mensch gewesen.
    Er war Soldat im Irak-Iran-Krieg gewesen, wie mein Vater. Er war aber nur einige Monate geblieben, dann wurde er entlassen, weil er am Bein durch mehrere Schüsse schwer verletzt worden war. Einmal, als er betrunken nach Hause kam, erzählte er mir, er sei gar nicht von iranischen Soldaten verletzt worden, sondern habe das selbst getan. Als er den ersten Kampf an der Front erlebt hatte, dachte er, dass er das niemals überstehen würde. Deshalb schoss er sich selbst ins Knie. Seitdem lebte er als Zivilist, wenn auch behindert, und arbeitete bei der Verkehrsbehörde als Beamter in der Verwaltung.
    Seine Frau, Hamida, war eine Waise und seit ihrer Kindheit Dienerin bei einer reichen Familie in Bagdad gewesen, die mit Gold handelte. Wegen ihrer Zugehörigkeit zu unserer Familie ließen sie die älteren Männer des Stammes meinen Onkel Jasim heiraten. Und seitdem lebte sie mit ihm. Sie trug ausschließlich schwarze Kleider und einen schwarzen Schleier, sogar zu Hause. Ich habe wirklich keine Ahnung, welche Farbe die Haare dieser Frau hatten. Ich erinnere mich, wie sie sich bei der Hochzeit einer unserer Verwandten weigerte, ein farbiges Kleid anzuziehen. Ich glaube, ihre schwarzen Kleider waren ein Symbol für die Trauer um ihr verlorenes Leben mit meinem Onkel.
    Jasim und Hamida verkörperten verschiedene Welten. Das konnte man sogar an ihrem Sprachgebrauch erkennen. Die Zärtlichkeit Hamidas und die Härte Jasims. Jedes Mal, wenn mein Vetter Shaker im Stehen pinkelte, und das tat er täglich, rief Hamida: »Wasch deine Nachtigall!« Wenn jedoch Jasim dasselbe forderte, krächzte er lauthals: »Wasch dein Schwert! Säubere deine Hiebwaffe!«

    Alles in meinem Leben hatte sich verändert. Im Vergleich zu Nasrijah war Babylon ein Paradies gewesen. Ich dachte oft an meine Mutter und weinte ab und zu allein in meinem Zimmer, wenn ich ihr Bild ansah, das ich an die Wand gehängt hatte: ein schmales Gesicht, genau wie meines. Schwarze Augen, grüne Tätowierungen über den Brauen, die schmale Nase mit einem kleinen Muttermal, schmale, leicht geschminkte Lippen. Dazu ein schwarzer Schleier, der Haare und Ohren bedeckte. Ich saß oft vor diesem Bild, manchmal habe ich es stundenlang angeschaut, ohne irgendetwas zu denken.
    Anfangs hatte ich in Nasrijah keine Freunde, und ich besuchte eine unerträgliche Schule. Im
Thanawiat Al-Dschisch Li-Al-Benin
– Armeegymnasium für Jungen – gab es allen Grund zur Langeweile. Das Gebäude glich einer Militärkaserne. Zwei Stockwerke, die nur aus engen Zimmern bestanden, gefüllt mit Schülern und Bildern des Präsidenten, mit Plakaten an den Wänden, die politische Parolen auf uns herabschrien. Ein großer Hof in der Mitte, eine weiß-gelbe Steinmauer und ein großes Hauptportal aus Metall. Davor stand täglich der dicke Direktor mit einem Offiziersstab in der Hand. Jeder, der nicht pünktlich erschien, bekam einen Schlag auf die Hand oder den Hintern. Und noch schlimmer war, dass die Jungen sich in der Pause fast ausschließlich mit Rangeleien und Fußballspielen beschäftigten oder sich gegenseitig verprügelten.
    Freunde in dieser Schule zu finden, war nicht einfach. Es gab viele Gruppen, die sich von früher her kannten. Sie wollten keinen neuen Kameraden. Oder bildete ich mir das nur ein? Der einzige, den ich schon im ersten Monat kennenlernte, war Ali. Er ging in meine Klasse und wohnte in meiner Nachbarschaft. Er versäumte oft den Unterricht, weil er viel und hart arbeiten musste, um seine arme Familie durchzubringen.
    Letztlich fand ich aber auch hier einen Freund: Sami Salman. Ich kannte ihn von früher, als ich noch ein Kind war.Mein Vater traf ihn immer, wenn wir in Nasrijah zu Besuch waren. Damals wusste ich nur, dass er ein bekannter Taubenzüchter war. Eines Tages tauchte er bei mir auf.
    Es war schon Winter. Die letzten Tage des Jahres 1988 waren angebrochen. Das Land war ziemlich ruhig. Es herrschte kein Krieg mehr, sondern überall Freude. Eine Menge Hochzeiten und unzählige schwangere Frauen. Viele, die zur Armee gegangen waren, kehrten als Zivilisten zu ihren Familien und früheren Arbeitsstellen zurück. Die Basare füllten sich mit jungen Männern, die herumstanden und Mädchen anmachten. Und einige begannen sogar, ins Ausland zu reisen. Die Regierung, die während der Kriegszeit keinem Iraker

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