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Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Titel: Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Zeiner
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rote Scheibe, die aus den Bergen bricht. Lanzen aus Licht in den Seewirft. Sie schwimmen zurück, nebeneinander, im glatten stummen Wasser, ohne ein Wort zu sprechen. In Ufernähe bleiben sie stehen, umarmen einander, während sich der Vorhang der Dämmerung hebt und die Berge aus der Nacht reißt, die Villen, die Pinien, die Garagen, schläfrig und morgenfeucht und darüber das Vogelgezwitscher.
    Im noch leeren Badehäuschen rasiert er sich, schabt Streifen für Streifen der weißen Maske von seiner Haut. Er starrt in den Spiegel, der von Sprüngen durchquert, blinden Flecken bedeckt, aber noch gut genug ist, um sein Gesicht zu zeigen, das Gesicht eines Lügners. Er läuft über den Rasen zu den Zelten zurück. Erste früh aufstehende Nachbarn schlappen gähnend übers tauschwere Gras, mit Handtüchern bedeckt, teilweise pfeifend. Tom könnte ihnen aufs Maul hauen. Er sieht Betty von weitem, wie sie ein Handtuch aufhängt, an die Zweige eines Baums. Sie zuckt zusammen, als er ihren Nacken berührt, lehnt jetzt, ohne ihn anzusehen, mit der Stirn am Baum.
    »Fahren wir weiter, fahren wir ans Meer.« Es ist seine eigene Stimme, nimmt er an, die plötzlich flüstert, aber er hat ihr ganz sicher nicht den Auftrag erteilt.
    »Wir müssen zurück, die Proben«, sagt sie, ebenfalls flüsternd.
    »Lassen wir Marc zurückfahren.« Auch er lehnt mit der Stirn am Baum, die Rinde drückt sich in seine Haut, er spürt eine Ameise, die in seinen Hemdkragen läuft, der Baum ist voller Ameisen. »Lassen wir ihn zurückfahren, wir haben noch Zeit, zwei, drei Tage.« Immer noch flüstert er, die Lider aufeinandergepresst, auf deren Innenseiten orangebunte Rautenmuster flimmern.
    Sie schüttelt den Kopf, drückt ihren Wangenknochen an seinen,hart, schmerzhaft. »Nein«, sagt er. »Nein«, sagt sie. »Nein«, sagt er. »Es tut mir leid«, noch immer liegt seine Wange an ihrer, »er wird es nicht erfahren.« Dann dreht er sich weg, stützt sich an einem Ast des Baums ab, schlägt mit der geballten Faust auf die Rinde, sieht ins blaue Nichts des Himmels, auf den See, der metallglatt daliegt. Erst viel später bemerkt er die schmerzende Schwellung an seiner Hand, als er weit entfernt von Betty unter seiner Kiefer sitzt und wartet, bis Marc kommt, Musil lesend, der ihm erscheint wie ein Riesentütchen Buchstabensuppe, das jemand vor ihm auf die Wiese geschüttet hat.

ROM, STADT DER MODE
    »Signore?« Eine ferne Stimme, flatterndes Echo.
    Holler reißt die Augen auf und sieht sich einem fremden Herrn mit glänzendem, offenbar schwitzendem Gesicht gegenüber. Die Augen sind dunkel umschattet, müde, sehr müde, die Lider halb geschlossen. Unrasierte Wangen. Das Alter ist kaum zu schätzen. Der Blick glänzt wie poliert, weil man dem Alkohol offenbar nicht abgeneigt ist. Gesichtsausdruck zwischen philosophisch und debil. Er sitzt in einem rechteckigen Spiegel, auf einem Hocker, in einer Umkleidekabine, in einer Boutique, in Rom, in Italien, in Europa, auf der Erde und so weiter, starrt sein fremdes Spiegelbild an und schwitzt. An der Wand neben seinem Kopf, auf Bügeln, hängen Hosen, hängen Hemden, ein paar Jacken, die die blondhaarige Verkäuferin (die aber so ausgesprochen blond ist, dass es sich, zumal bei einer Italienerin, nur um ein falsches Blond handeln kann) ihm ausgesucht hat, ihm mitgegeben, in die kleine stickige Kabinehineingereicht hat, in der er sitzt und sein Spiegelbild anstarrt, nachdem er wohl längere Zeit mit geschlossenen Augen darüber nachgedacht hat, dass der Konjunktiv II abgeschafft werden sollte. Der Konjunktiv II mit seinen aufgeblasenen und komplizierten »Wenn«-Konstruktionen ist nichts als eine widersinnige Verschwendung von Lebenszeit. Wenn man, denkt er, all die Minuten, die man mit dem Denken oder Aussprechen von Konjunktiv-II-Konstruktionen beschäftigt gewesen ist, vom bisher gelebten Leben abzöge, dann, so denkt er, ergäbe sich ein ganz schöner Haufen von Zeit.
    Ein Klopfen. Wieder die Stimme: »Signore?« Klopfen.
    »Yes«, sagt er. Dann: »Si.«
    Marina (sicher heißt die Verkäuferin Marina, denkt er) steckt ihren Blondkopf am Vorhang vorbei, »o scusi«, sagt sie, offenbar erschrocken, mit der rauen Altstimme, die ihm vorhin schon aufgefallen ist, und erst jetzt bemerkt er, dass er in Unterhose auf dem Schemel sitzt. Marina redet weiter, von hinter dem Vorhang.
    »Andavano bene i vestiti?«, fragt sie.
    Er hat keine Ahnung, was sie mit dieser Frage ausdrücken möchte.
    »Did you like the

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