Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
ungleich mehr. Gleichwohl war er auch bei ihr nicht ganz ohne Vorbehalte. Denn so viel sie ihm auch erzählten über die Zeit des Zweiten Krieges, über Farawyn den Seher und die Schlacht, die um Tirgas Lan geschlagen worden war – Corwyn wurde das hässliche Gefühl nicht los, dass sie ihm dennoch etwas verheimlichten. Und dieses Gefühl verstärkte sich, je länger die Unterredung dauerte …
»Ich verstehe, dass du helfen willst, Zauberer«, sagte Corwyn schließlich, während er in der großen Halle auf und ab ging. Alannah saß auf ihrem Thron und wirkte erschöpft von dem, was sie gesehen und erlebt hatte. Der Zauberer hatte zu ihren Füßen auf den Stufen des Podests Platz genommen. Bis auf die Wachen waren sie allein. Corwyn hatte den Adel nicht unnötig beunruhigen wollen und den Hofstaat deshalb weggeschickt. »Was ich dagegen nicht verstehe«, fuhr der König fort, »ist, wie ein Mann allein das Böse bekämpfen will. Wenn du recht hast, wirst du es an den Fernen Gestaden mit einer ganzen Armee zu tun bekommen. Einer Armee der Finsternis …«
»Das ist wahr«, räumte Lhurian ein und griff unter seine weite Robe, um einen spitzen Gegenstand hervorzuziehen, der etwa eine Handspanne lang war. »Aber ich habe das hier als Waffe.«
»Was ist das?«, wollte Corwyn wissen.
»Ein Splitter des Urkristalls Annun«, erklärte Alannah, »der sich auf den Fernen Gestaden befindet. Lhurian glaubt, dass der Splitter wieder zum Kristall zurückgebracht werden muss – auf diese Weise wird die Macht des Bösen gebrochen.«
Corwyn grinste freudlos. »Klingt gut. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass den Schergen der Dunkelheit hiermit sehr viel eher beizukommen ist.« Und mit diesen Worten legte er die Hand auf den Griff des Schwerts, das er an seiner Seite trug.
»Bislang mag das so gewesen sein«, widersprach der Zauberer, »in diesem Fall aber ist der Kristallsplitter die einzige Waffe, die den Sieg erringen kann.«
»Und wie willst du es anstellen? Einfach in den Palast von Crysalion marschieren?«
»Warum nicht?« Der Alte lächelte. »Ich bin ganz gut in diesen Dingen, wie du weißt.«
»Eine gut bewachte Zitadelle ist etwas anderes als ein Zelt, alter Mann. Man wird dich in Stücke hauen, ehe du den Kristall auch nur zu sehen kriegst.«
»Unterschätze mich nicht, König«, entgegnete Lhurian, und Corwyn glaubte, in der Stimme des alten Zauberers einen drohenden Unterton auszumachen.
»Das tue ich nicht«, versicherte er. »Aber ich bin der Ansicht, dass wir eine Flotte ausrüsten und die Insel angreifen sollten – als Ablenkungsmanöver gewissermaßen, während du dich um den Kristall kümmerst.«
»Das ist ein sehr großzügiges Angebot, das ich jedoch ablehnen muss«, sagte der Zauberer mit fester Stimme. »Sollte ich versagen, so wirst du in Erdwelt jeden einzelnen Mann brauchen, der kämpfen kann, denn dann blüht deinem Reich ein neuer Krieg.«
»Der Dritte Krieg der Völker«, hauchte Alannah heiser. »Es heißt, dass er das Ende von amber bedeutet …«
»Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenarbeiten«, war Corwyn überzeugt. »Allein bist du schwach, Zauberer. Zusammen jedoch …«
»Corwyn hat recht«, sprang Alannah ihrem Gemahl bei. »Wenn die Vergangenheit etwas gezeigt hat, dann dass der Macht des Bösen nur im Verbund Einhalt geboten werden kann. Allein nach den Fernen Gestaden zu gehen grenzt an Wahnsinn!«
»Genau meine Worte«, stimmte Corwyn zu.
»Aber ich pflichte dir bei, dass wir Erdwelt nicht geschwächt zurücklassen dürfen, Lhurian. Der König wird in Tirgas Lan gebraucht, daran besteht kein Zweifel. Aus diesem Grund wird dich die Königin nach Crysalion begleiten.«
»Was?«, fragten sowohl Corwyn als auch der Zauberer wie aus einem Munde.
»Ich komme mit dir, Lhurian«, bekräftigte die Elfin. »Die Fernen Gestade sind die Heimat meines Volkes, also ist es nur recht und billig, wenn ich dich begleite.«
»Das kommt nicht in Frage!«, rief Corwyn.
Sie schaute ihn eindringlich an. »Eben warst du noch der Ansicht, dass wir Lhurian nicht allein gehen lassen dürften …«
»Aber bestimmt hatte ich nicht daran gedacht, ihm meine Gemahlin mit auf den Weg zu geben!«
»Sie mag deine Gemahlin sein, aber sie ist nicht dein Eigentum«, stellte der Zauberer klar. »Bisweilen, scheint mir, ist es noch immer das Haupt des Kopfgeldjägers, auf dem diese Krone ruht, und nicht das eines Königs.«
»Das geht dich nichts an, alter Mann!«, zischte Corwyn
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