Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
geschehen sind, und deinem Schweigen entnehme ich, dass es schreckliche Dinge gewesen sein müssen.«
»Das ist wahr«, flüsterte er.
»Du kennst die Vergangenheit«, wiederholte sie, »aber kannst du auch in die Zukunft sehen? Natürlich nicht. Niemand kann das, denn die Zukunft ist in ständiger Veränderung. Selbst Farawyn wurde am Ende von ihr getäuscht. Egal, was gewesen ist – es hat also nichts mit dem zu tun, was sein wird. Habe ich recht?«
Der Zauberer hielt ihrem Blick eine Weile lang stand. Was hinter seinen alten, faltigen Zügen vor sich ging, war dabei schwer zu deuten. Es mochte Bedauern sein, vielleicht auch stille Bewunderung oder eine Mischung aus beidem.
Schließlich senkte er das Haupt. »Es ist wahr«, gab er zu. »Niemand vermag vorauszusagen, was die Zukunft bringt.«
»Also wirst du mich mit dir nehmen?«
Er blickte wieder auf, und das Bedauern war aus seinen Zügen verschwunden. »Wenn es dein unbedingter Wunsch ist …«
»Nein!«, rief Corwyn erbost. »Elender Zauberer! Das darfst du nicht! Das alles ist allein deine Schuld!«
»Wie das, König?«, fragte Lhurian gelassen, die Beleidigung einfach überhörend. »Sie hat recht, es ist ihre Entscheidung. Doch ich darf dir versichern, dass ich ebenso wenig erfreut darüber bin wie du.«
»Warum verbietest du es ihr dann nicht?«
»Weil ich ihr nichts zu erlauben oder zu verbieten habe«, erklärte Lhurian. »Und weil sie recht hat. Niemand vermag in die Zukunft zu sehen.«
Corwyn wandte sich verzweifelt an seine Gemahlin. »Alannah, siehst du nicht, dass er dich beeinflusst?«
»Wie könnte er?«, fragte sie dagegen. »Er wollte doch selbst nicht, dass ich ihn begleite …«
»Wenn es stimmt, dass er dich schon länger kennt als ich«, entgegnete Corwyn, »so ist ihm auch dein unbeugsames Wesen bekannt, und er weiß, dass jedes Verbot für dich tausend Mal verlockender ist als eine Einladung.«
»Das ist nicht wahr«, versicherte Alannah.
Auch Lhurian verlor allmählich die Geduld. »Mäßige dich, König«, rief er Corwyn zu. »In deinem Zorn wählst du Worte, die du bedauern könntest.«
»Willst du mir drohen? In meinem eigenen Palast?«
Erneut stand der Streit der beiden kurz davor, in eine handfeste Auseinandersetzung auszuarten, und wieder kamen die Wachen heran. Alannah war klar, dass sie etwas unternehmen musste, und diesmal würde es mit energischen Worten nicht getan sein.
Sie trat auf Corwyn zu, der erneut die Hand auf den Griff seines Schwerts gelegt hatte – und zu seiner größten Verblüffung umarmte sie ihn und küsste ihn lange und innig.
»Alannah«, hauchte er atemlos, als sie sich wieder von ihm löste. »Was hat das zu bedeuten?«
»Es soll dir zeigen, wie ich für dich empfinde«, erwiderte sie, während sie einander tief in die Augen blickten, genau wie damals, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren.
»Wenn das so ist«, flüsterte Corwyn, »warum willst du mich dann verlassen?«
»Ich verlasse dich nicht, Geliebter«, widersprach sie. »Ich könnte dich nie verlassen.«
»Aber du ziehst die Gesellschaft eines Zauberers der meinen vor«, beharrte er. »Was hat er dir erzählt? Was ist in der Vergangenheit passiert? Was ist zwischen euch gewesen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie, »und ich will es auch nicht wissen. Denn was immer es war, es kann nie so stark sein wie die Bande, die zwischen uns gewachsen sind.«
»Dann bleib«, verlangte er.
»Das kann ich nicht. Ich habe eine Verantwortung, der ich nachkommen muss, und ich kann mich ihr nicht entziehen. Ich fühle, dass ich dort gebraucht werde.«
»Was für eine Verantwortung? Ich verstehe nicht …«
»Ich weiß, wie schwer das alles für dich sein muss, Geliebter«, sagte sie und strich mit ihrer Handfläche sanft über seine Wange. »Läge es in meiner Macht, das Rad der Zeit zurückzudrehen, so hätten wir nie von diesen Dingen erfahren. Aber wir wissen davon, und nun haben wir uns danach zu richten, ich ebenso wie du.«
»Und das bedeutet?«, fragte er.
»Dass ich gehen muss«, erklärte sie leise. »Ich erwarte nicht, dass du über diese Entscheidung erfreut bist, aber ich versichere dir, dass sie nichts mit dem zu tun hat, was mich mit dem Zauberer verbinden mag. Ich kann dich nur von Herzen bitten, mir zu vertrauen.«
»Ich verstehe«, sagte er steif, griff nach ihrer Hand, die noch immer seine Wange berührte – und nahm sie aus seinem Gesicht. »Dann geh, wenn du musst.«
»Corwyn, ich …«
»Ich habe
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