Die Orks
huschte zu Coilla, dann wieder zu Lekmann. An seinem Lächeln änderte sich nichts.
»Ich heiße Seraphim«, erwiderte er in einem sonoren, gemächlichen Tonfall, »und alles, was ich will, ist Wasser.« Er deutete mit einem Kopfnicken auf den Bach. Sein Alter war unbestimmbar. Blauäugig und mit einer leichten Hakennase sowie einem wohlgeformten Mund, war sein Gesicht auf eine unauffällige Art attraktiv. Aber er hatte auch etwas an sich, das Ausstrahlung hatte, und etwas Achtunggebietendes, das bei weitem über sein Aussehen hinausging. Lekmann sah Blaan und Aulay an.
»Haltet die Augen nach anderen offen.«
»Ich bin allein«, sagte er zu ihnen.
»Wir leben in unruhigen Zeiten, Seraphim, oder wie Sie sich nennen«, sagte Lekmann.
»Mit weniger als einer kleinen Armee herumzuziehen heißt, den Ärger geradezu herauszufordern.«
»Sie tun es auch.«
»Wir sind zu dritt, und das reicht. Wir können auf uns aufpassen.«
»Das bezweifle ich nicht. Aber ich bin für niemanden eine Bedrohung, und niemand bedroht mich. Aber sind Sie nicht zu viert?« Er warf einen Blick auf Coilla.
»Sie ist nur bei uns«, erklärte Aulay.
»Sie ist keine von uns.« Der Mann gab keine Antwort. Seine Miene blieb ausdruckslos.
»Haben Sie hier in der Gegend vielleicht noch mehr von ihrer Art gesehen?«, fragte Lekmann.
»Nein.« Coilla betrachtete den Neuankömmling und fand, dass seine Augen mehr Scharfsinn verrieten, als er preisgab. Aber sie hatte keinerlei Veranlassung, dass er ihr in irgendeiner Hinsicht helfen mochte. Das Pferd des Fremden ging zum Bach, senkte den Kopf und trank. Sie ließen es.
»Wie ich schon sagte, in diesen finsteren Zeiten geht ein einzelner Mann immer ein Risiko ein, wenn er auf Fremde trifft«, wiederholte Lekmann vielsagend.
»Ich habe Sie erst im letzten Augenblick gesehen«, räumte Seraphim ein.
»Mit geschlossenen Augen umherzulaufen ist auch nicht das Klügste.«
»Ich träume oft vor mich hin.«
»Das ist eine gute Methode, den Kopf zu verlieren«, bemerkte Aulay.
»Gehören Sie zu den Unis oder zu den Mannis?«, warf Blaan sehr direkt ein.
»Weder noch«, erwiderte Seraphim.
»Und Sie?«
»Ebenso«, sagte Lekmann.
»Das ist eine Erleichterung. Ich bin es Leid, wie auf Eiern zu laufen. Ein falsches Wort in der falschen Gesellschaft kann dieser Tage schnell zum Problem werden.« Coilla fragte sich, worin er sich seiner Ansicht nach wohl gerade befand.
»Dann haben Sie mit Göttern nichts zu tun?«, fragte Aulay.
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Ich dachte mir schon, dass Sie an irgendeine höhere Macht glauben müssen, weil Sie keine Klinge tragen.« Die Bemerkung war spöttisch gedacht.
»In meinem Gewerbe brauche ich keine.«
»Und das wäre?«, fragte Lekmann. Seraphim schlug ein wenig geziert den Umhang zurück und neigte theatralisch den Kopf.
»Ich bin ein fahrender Barde. Ein Geschichtenerzähler. Ein Künstler des Wortes.« Aulays Ächzen fasste die niedrige Meinung zusammen, die sie alle von diesem speziellen Beruf hatten. Coillas Überzeugung vertiefte sich, dass dieser Mann ihr wohl nicht helfen würde.
»Und wie bestreiten die Herren Ihren Lebensunterhalt?«
»Wir stellen martialische Dienste zur Verfügung«, erwiderte Lekmann großspurig.
»Und betätigen uns nebenbei als Kammerjäger«, fügte Aulay hinzu. Er bedachte Coilla mit einem kalten Blick. Seraphim nickte lächelnd, sagte jedoch nichts darauf. Lekmann grinste.
»Bei all dem Streit und den Kriegen müssen es harte Zeiten in Ihrem Gewerbe sein.«
»Im Gegenteil, unsichere Zeiten sind gut für mich.« Er sah ihre zweifelnden Mienen.
»Wenn das Leben düster ist, wollen die Leute ihre alltäglichen Sorgen vergessen.«
»Wenn die Geschäfte gut gehen, müssen Sie bestens zurechtkommen«, mutmaßte Aulay verschlagen. Coilla fand, dass dieser Fremde entweder ein Dummkopf oder viel zu vertrauensselig war.
»Die Reichtümer, die ich besitze, kann man nicht wiegen wie Gold.« Das verwirrte Blaan.
»Wie das?«
»Kann man der Sonne, dem Mond und den Sternen einen Wert beimessen? Oder dem Wind im Gesicht, dem Vogelgezwitscher? Diesem Wasser?«
»Die honigsüßen Worte eines… Poeten«, erwiderte Lekmann verächtlich.
»Wenn Maras-Dantien für Ihre Reichtümer sorgt, horten Sie Schund.«
»Da ist etwas Wahres daran«, räumte Seraphim ein.
»Die Dinge sind nicht mehr so, wie sie einmal waren, und sie werden immer schlimmer.« Aulay wurde sarkastisch.
»Sie sagen, Sie essen die Sonne und die
Weitere Kostenlose Bücher