Die Orks
wissen, dass er darauf nicht eingehen wird, Hauptmann«, mutmaßte Haskeer zutreffend.
»Wenn wir diesen verdammten Stern unbedingt haben wollen, sollten wir zurückkehren und ihn uns nehmen. Wahrscheinlich müssen wir sowieso um ihn kämpfen, warum nutzen wir dann nicht das Element der Überraschung aus?«
»Weil das unehrenhaft wäre«, informierte Coilla ihn empört.
»Wir haben zugesagt, dass wir es versuchen würden. Das bedeutet nicht, dass wir uns zurückschleichen und ihnen den Hals durchschneiden.« Alfray unterstützte das Argument.
»Wir haben unser Wort gegeben. Ich hoffe, ich muss niemals den Tag erleben, an dem ein Ork sein Wort bricht.«
»Schon gut, schon gut«, seufzte Haskeer. Sie ritten an einem Hügel vorbei, dessen Gras kränklich und verwelkt aussah. Ein Ork rief etwas und zeigte in eine Richtung. Alle wandten den Kopf und schauten zur Hügelkuppe. Sie erhaschten einen Blick auf einen Menschen auf einem weißen Pferd. Er trug einen langen blauen Umhang.
»Seraphim!«, rief Stryke.
»Das ist er?«, fragte Alfray. Coilla spornte bereits ihr Pferd an.
»Ich will ein paar Takte mit diesem Menschen reden!« Sie folgten ihr in strammem Galopp den Hügel empor. In der Zwischenzeit ritt der Mensch den Hang auf der anderen Seite hinunter und außer Sicht. Als der Trupp oben ankam, war keine Spur von ihm zu sehen. Doch es gab keinen Platz in der Nähe, wo er sich hätte verstecken können. Das Gelände war mehr oder weniger eben, und sie hatten gute Sicht in alle Richtungen.
»Was, im Namen der Vierheit, geht hier eigentlich vor?«, fragte sich Coilla. Haskeer wandte den Kopf von rechts nach links und schirmte die Augen mit einer Hand ab.
»Aber wie? Wo? Es ist unmöglich.«
»Es kann nicht unmöglich sein, er hat es getan«, erwiderte Jup.
»Er muss irgendwo da unten sein«, klammerte Coilla sich an die Vernunft.
»Belassen wir es dabei«, befahl Stryke.
»Ich habe das Gefühl, wir würden nur unsere Zeit verschwenden.«
»Er ist gut, wenn es ums Verschwinden geht, das muss man ihm lassen«, hatte Haskeer das letzte Wort. Die Ausläufer der Narbenfelsmarschen waren von ihrem Aussichtspunkt zu sehen. Und dahinter, weiter westlich, der Ozean mit seiner durchbrochenen Kette düsterer Inseln.
Es war zu lange her, seit Jennesta an der Spitze einer Armee geritten war und persönlich die Leitung eines Feldzugs übernommen hatte. Eigentlich nur eine Mission, räumte sie ein, und vielleicht nicht einmal das, da sie kein fest umrissenes Ziel verfolgte, außer ein wenig zu plündern und ihren Feinden zuzusetzen. Und vielleicht hegte sie die Hoffnung, dass sie auf ihren Reisen einen Hinweis auf den Verbleib der verhassten Vielfraße bekam. Nachdem sie endlich in der Angelegenheit ihrer allzu ehrgeizigen Schwester aktiv geworden war, hatte ihr das außerdem ein wenig mehr Freude am Leben und dem Nehmen desselben vermittelt. Aber in erster Linie war es einfach nur wichtig, an die frische Luft zu kommen, weil dies ihren Kräften erheblich nützte. Nicht mehr als einen halben Tag von Grabhügelstein entfernt, lächelte ihnen bereits das Glück. Kundschafter meldeten eine Uni-Siedlung, die zu neu für die Karten war. Sie war sogar ihren Spionen unbekannt. Für dieses Versehen würde sie bei ihrer Rückkehr Strafen aussprechen. In der Zwischenzeit führte sie eine zehntausend Mann starke Armee aus Orks und Zwergen gegen die Enklave. Wenn das Klischee, eine Streitaxt zu benutzen, um einem Pixie den Schädel zu spalten, je eine Berechtigung gehabt hatte, dann in diesem Fall. Die Siedlung war eine wacklige, schlecht verteidigte Sammlung halb fertiger Hütten und Scheunen. Ihre Bewohner, vielleicht fünfzig an der Zahl, wenn man die Kinder mitzählte, hatten noch nicht einmal die Palisade vollständig errichtet. Sie betrachtete die Menschen, die beschlossen hatten, sich an dieser Stelle niederzulassen, als Dummköpfe. Als unwissende Bauern mit so wenig Verstand, dass sie tatsächlich in ihre Domäne eindrangen. Sie verschlimmerten ihren Irrtum noch, indem sie sich zu ergeben versuchten. Sie wünschte, alle Unis wären so leicht zu besiegen gewesen. Was folgte, war eine willkommene Auffrischung ihrer magischen Kräfte – die Herzen von drei Dutzend Opfern, aus der Brust derjenigen gepflückt, die bei dem Gemetzel zunächst verschont worden waren. Natürlich hatte sie nur einen Bruchteil davon verzehren können, aber der Überfluss gab ihr Gelegenheit, etwas zu versuchen, was sie in den Schriften der Alten
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