Die Orks
zusammen.
»In Ordnung? Ja, mit mir ist alles in Ordnung. Tatsächlich habe ich mich selten besser gefühlt. Ich habe Neuigkeiten erfahren.« Ihm war nicht klar, wie sie Neuigkeiten erfahren haben wollte. Sie hatte einfach mitten im Satz innegehalten und ausgesehen, als werde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Kein
Bote war eingetroffen, keine Depesche ins Zelt gebracht worden. Er zwang sich aufzuhören, sie anzugaffen, und sagte:
»Gute Neuigkeiten, nehme ich an.«
»In der Tat ein Grund zur Freude. In mehr als nur einer Hinsicht.« Ihr etwas verträumtes, losgelöstes Gebaren verlor sich. In einem entschlossenen Tonfall schon wieder ganz in der Art, die er von ihr gewohnt war, schnauzte sie:
»Bringen Sie mir eine Karte der Gebiete im Westen.«
»Majestät.« Er beeilte sich zu gehorchen. Sie legten die Karte auf den Tisch, und sie umkreiste mit einem ihrer geradezu bizarr langen Fingernägel ein Gebiet, das den Drogawald und die Narbenfelsmarschen einschloss.
»Da«, verkündete sie. Er war schon wieder verwirrt.
»Da… was, Majestät?«
»Die Vielfraße. Sie halten sich in diesem Gebiet auf.«
»Ich bitte um Verzeihung, Majestät, aber woher wisst Ihr das?« Sie lächelte triumphierend und kalt.
»Sie müssen es mir ganz einfach glauben, General. Aber genau da sind sie. Oder zumindest einer von ihnen – ihr Anführer, Stryke. Wir rücken aus, sobald sie die Armee mobilisiert haben. Will sagen, in spätestens zwei Stunden.«
»Zwei Stunden ist für eine Armee dieser Größe ein sehr knapp bemessener Zeitraum, Majestät.«
»Diskutieren Sie nicht mit mir, Mersadion«, schäumte sie.
»Tempo ist von entscheidender Bedeutung. Dies ist der erste vernünftige Hinweis, den wir über den Verbleib dieses verfluchten Kriegstrupps bekommen haben. Ich werde diese Gelegenheit wegen ihrer Faulheit nicht verpassen. Jetzt gehen Sie und leiten Sie alles Notwendige in die Wege!«
»Majestät!« Er ging zum Zelteingang.
»Und schicken Sie Glozellan zu mir«, fügte sie hinzu. Die Drachenmutter erschien ein paar Minuten später. Ohne Vorrede winkte Jennesta sie zu sich an den Kartentisch.
»Ich habe Informationen, dass sich die Vielfraße irgendwo hier in dieser Gegend aufhalten. Sie werden eine Staffel Drachen nehmen und der Armee vorausfliegen. Suchen Sie die Gegend nach ihnen ab. Aber greifen Sie sie nicht an, wenn Sie es nicht unbedingt müssen. Treiben Sie sie in die Enge, wenn es nötig ist, aber ich will sie bei bester Gesundheit sehen, wenn wir dort eintreffen.«
»Ja, Eure Majestät.«
»Also stehen Sie nicht herum! Bewegen Sie sich!« Die hochnäsige Braunwichtel antwortete mit einer unmerklichen Verbeugung und glitt aus dem Zelt. Jennesta packte zusammen, was sie für die Reise benötigte. Zum ersten Mal seit Wochen hatte sie ein gutes Gefühl, was den weiteren Verlauf der Ereignisse betraf. Und sie war Adpar endlich los, was ihr das Gefühl gab, eine große Last sei von ihr genommen worden. Dann kam es ihr so vor, als werde die Luft im Zelt irgendwie… dehnbarer. Und das Licht wurde trotz der Lampen dunkler. Sie glaubte, es müsse sich um eine Wiederholung dessen handeln, was sie zuvor erlebt hatte, und sie fragte sich, was ihr der Kosmos wohl noch zu übermitteln hatte. Doch sie irrte sich. Mittlerweile in fast völliger und unerklärlicher Dunkelheit, sah sie, wie ein paar Fuß entfernt ein stecknadelkopfgroßer Lichtpunkt Gestalt annahm. Zu ihm gesellten sich rasch Dutzende weitere. Sie wirbelten umher und nahmen eine festere Gestalt an. Jennesta bereitete sich darauf vor, sich gegen einen magischen Angriff zu verteidigen. Ein Klecks aus pulsierendem Licht schwebte in der Luft. Er verdichtete sich zu einem Bild, das sie kannte. Zu einem Gesicht.
»Samara!«, rief sie.
»Wie, zum Henker, hast du das gemacht?«
»Anscheinend sind meine Fähigkeiten stärker geworden«, erklärte ihre noch lebende Schwester.
»Aber darum geht es nicht.«
»Worum denn?«
»Um deine Schlechtigkeit.«
»Ach so. Du also auch, was?«
»Wie konntest du so etwas tun, Jennesta? Wie konntest du unserer Schwester so ein Schicksal auferlegen?«
»Du hast sie immer für…« Sie suchte nach einem geeigneten Ausdruck.
»Für ebenso verwerflich gehalten wie mich! Warum änderst du deine Litanei jetzt?«
»Ich habe sie nie für unrettbar verloren gehalten. Ich habe nie ihren Tod gewünscht.«
»Natürlich nimmst du an, ich hätte etwas damit zu tun.«
»Ach, hör schon auf, Jennesta.«
»Selbst wenn ich etwas
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