Die Orks
jedenfalls nicht mit Zuversicht erfüllt«, bekannte Stryke.
»Du hattest schon mit solchen Verletzungen zu tun, oder?«
»Oft. Nach Stürzen und Kämpfen. Ungefähr die Hälfte mit solchen Verletzungen kommt durch. Natürlich kann ich nicht sagen, wie schlimm es sein könnte, ohne ihn gesehen zu haben.«
»Ich finde, sie brauchen dort einen anständigen Feldarzt.«
»Als Sohn der Hohepriesterin wird er doch gewiss die beste Pflege bekommen?«
»Vielleicht wird er das. Aber in diesem Chaos? Das bezweifle ich. Kommst du jetzt mit und siehst ihn dir an?«
»Wie werden sie reagieren, wenn ein Außenstehender, noch dazu ein Ork, seine Nase in ihre Angelegenheiten steckt?«
»Ich würde meinen, dass Krista über jede Hilfe froh wäre. Und ich schätze, dass du mehr Erfahrung hast als die meisten hier. Die Behandlung, die viele der Verwundeten bekommen, scheint ziemlich primitiv zu sein. Das muss dir auch aufgefallen sein.« Alfray überlegte eine Minute.
»Das hat nichts mit dem Stern zu tun, oder?«
»Wie meinst du das?«
»Könntest du vielleicht glauben, wenn wir ihrem Sohn helfen, wäre die Hohepriesterin uns vielleicht so dankbar, dass sie… Ah, ich sehe schon, dass du diesen Hintergedanken nicht gehabt hast. Es tut mir Leid. Es war ungehörig von mir.«
»Das ist es wirklich nicht. Er ist noch ein Kind, Er hat mit diesem Krieg nichts zu tun. Wie die Kinder der Orks und die unschuldigen Jungen der anderen Rassen, die gelitten haben.«
»Viele von ihnen durch die Hände der Menschen«, erwiderte Alfray zynisch.
»Nicht dieser Menschen. Kommst du mit?«
»Ja.« Er betrachtete das Geschehen entlang der Palisade.
»Hier beruhigen sich die Dinge ein wenig. Ich glaube, sie können mich entbehren.« Er übergab den Befehl einem fähigen Gemeinen der Orks. Dann requirierten sie zwei Pferde für den Rückweg. Kristas Haus war noch genauso überfüllt. Womöglich wurden sogar noch mehr Verwundete abgeliefert. Die beiden Orks bahnten sich einen Weg und ignorierten dabei Proteste der Art, wie Stryke sie zuvor mit dem Kind auf dem Arm nicht gehört hatte. Sie drangen zu dem betreffenden Raum vor, indem sie über die Verwundeten stiegen und Platz machten, wenn in Laken gehüllte Leichen nach draußen getragen wurden. Die Versammlung der Manni-Heiler und heiligen Männer um Aidans Bett war auf vier Personen angewachsen. Sie murmelten vor sich hin und verbrannten Kräuter. Krista kniete auf dem Boden neben dem Jungen und hatte in tiefer Verzweiflung die Hände vors Gesicht geschlagen. Die Ankunft der Orks veranlasste alle, sich zu ihnen umzudrehen. Ihre blutbefleckten Kleider und schmutzigen Gesichter waren Gegenstand aufmerksamer Betrachtung. Stryke und Alfray gingen zum Bett.
»Wie geht es ihm?«, fragte Stryke.
»Unverändert«, berichtete Krista.
»Sie kennen meinen Gefreiten Alfray. Er hat im Feld eine Menge Erfahrung mit derlei Verletzungen gesammelt. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn er einige Fragen stellt?« Ihre Augen glänzten feucht.
»Nein. Nein, natürlich nicht.« Die Heiler schienen weniger erfreut zu sein, widersprachen ihrer Hohepriesterin aber nicht.
»Wie lautet Ihr Urteil?«, wollte Alfray wissen. Die Ärzte wechselten vielsagende Blicke. Einen Moment sah es so aus, als werde niemand antworten. Dann sprach einer von ihnen, der Älteste und Bärtigste, für sie alle.
»Der Junge hat innere Verletzungen. Seine Eingeweide sind zerquetscht.« Es hörte sich an, als rede er mit einem zurückgebliebenen Kind.
»Wie behandeln Sie?« Der betagte Heiler sah aus, als nehme er Anstoß daran, danach gefragt zu werden.
»Mit Kompressen und dem Verbrennen gewisser Kräuter, sodass er das Gute in ihnen einatmen kann«, erwiderte er mit leichter Empörung.
»Und natürlich mit Bitten zu den Göttern.«
»Mit Kräutern und Gebeten? Das ist nicht verkehrt. Aber etwas Handfesteres wäre vielleicht besser.«
»Sind Sie ein Heiler? Haben Sie diese Kunst studiert?«
»Ja, auf dem Schlachtfeld. Wenn Sie damit allerdings meinen, aus Büchern und zu Füßen eines alten Mannes sitzend, dann nicht.« Der alte Mann plusterte sich auf.
»Alter bringt Weisheit.«
»Bei allem Respekt«, erwiderte Alfray, obwohl es zumindest für Stryke offensichtlich war, dass er wenig empfand,
»es kann auch eine etwas starre Art mit sich bringen, die Dinge zu betrachten. Ich spreche aus persönlicher Erfahrung. Nach orkischen Begriffen bin ich nicht mehr in der Blüte meiner Jugend. So wie Sie.« Der Heiler sah
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