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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Restaurierungsarbeiten am Aquädukt das Geld ausging, ließ
     Johanna die erforderliche Summe kurz entschlossen aus der päpstlichen Schatzkammer heranschaffen, wobei sie den üblichen Weg
     umging, zuvor eine entsprechende Anfrage an die Kanzlei Viktors, des
sacellarius,
zu richten.
    Arsenius, der wie stets auf eine günstige Gelegenheit lauerte, versuchte alles, Kapital daraus zu schlagen. Er begab sich
     zu Viktor und brachte das Thema mit diplomatischem Geschick zur Sprache.
    »Ich fürchte, Seiner Heiligkeit mangelt es an der erforderlichen Wertschätzung unserer römischen Wesensart.«
    »Das mag sein«, erwiderte Viktor unverfänglich, »aber bedenkt, daß er Ausländer ist.« Viktor war ein vorsichtiger Mann, der
     seine Karten erst dann auf den Tisch legen würde, wenn Arsenius es getan hatte.
    »Ich war entsetzt, als mir zu Ohren kam, daß er Gelder aus der päpstlichen Schatzkammer verwendet hat, ohne vorher Euer Amt
     zu informieren.«
    »Das war ziemlich … unangemessen«, gab Viktor zu.
    »Unangemessen!« rief Arsenius. »Ich an Eurer Stelle, mein lieber Viktor, wäre nicht so verständnisvoll.«
    |514| »Nicht?«
    »Wenn ich Ihr wäre«, sagte Arsenius, »dann wäre ich auf der Hut.«
    Viktor ließ die eingeübte Maske äußerer Unerschütterlichkeit fallen. »Habt Ihr irgend etwas gehört?« fragte er ängstlich.
     »Will Seine Heiligkeit mich durch einen anderen ersetzen?«
    »Wer weiß?« erwiderte Arsenius. »Vielleicht hat er sogar die Absicht, das Amt des
sacellarius
ganz abzuschaffen. Dann kann er sich aus der Schatzkammer bedienen, wie er will, ohne daß er jemandem einen Grund dafür nennen
     müßte.«
    »Das würde er niemals wagen!«
    »Wirklich nicht?«
    Viktor gab keine Antwort. Wie ein geübter Fechter wartete Arsenius auf den richtigen Augenblick; dann stieß er zu.
    »Allmählich fürchte ich«, sagte er, »daß es ein Fehler war, Johannes zu wählen. Ein schwerer Fehler.«
    »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen«, gab Viktor zu. »Einige seiner Ideen … diese Schule für Frauen, zum Beispiel …«
     Viktor schüttelte den Kopf.»Die Wege des Herrn sind wahrlich unergründlich.«
    »Nicht der Herr hat Johannes auf den Thron gesetzt, Viktor. Das haben
wir
getan. Und wir können ihn auch wieder vom Thron herunterholen.«
    Das war zuviel. »Johannes ist der Heilige Vater!« stieß Viktor empört hervor. »Ich gebe zu, daß er manchmal ein wenig … seltsam
     ist. Aber mit Gewalt gegen ihn vorgehen? Nein … nein … so weit ist es nun auch wieder nicht gekommen.«
    »Tja, mag sein, daß Ihr recht habt.« Gekonnt ließ Arsenius das Thema fallen. Es bestand kein Grund mehr, die Sache weiter
     zu verfolgen. Er hatte den Samen gesät, und er wußte, daß die Früchte irgendwann reifen würden.
     
    Seit ihrer Trennung am Tag des Hochwassers hatte Gerold Johanna nicht mehr gesehen. Die verbleibende Arbeit am Aquädukt mußte
     nicht in der Stadt, sondern in Tivoli vorgenommen werden, etwa fünfzehn Kilometer entfernt. Und Gerold mußte sich selbst um
     jede Einzelheit des Bauvorhabens kümmern: von den eigentlichen Reparaturarbeiten bis hin zur Beaufsichtigung der Arbeitsmannschaften.
     Oft packte er mit an und half, die schweren Steine in die Höhe zu heben und mit frischem Mörtel zu bestreichen. Die Männer
     waren erstaunt, |515| daß der
superista
sich zu so niederer Arbeit herabließ, doch Gerold genoß es; denn nur durch harte körperliche Arbeit fand er vorübergehende
     Befreiung von dem Gefühl schmerzlicher Trauer in seinem Innern.
    Es wäre besser gewesen,
ging es ihm durch den Kopf,
viel besser, wir wären nie wie Mann und Frau zusammengewesen.
Wahrscheinlich hätte er dann so weitermachen können wie zuvor. Jetzt aber …
    Es war so, als hätte er die Jahre zuvor in Blindheit verbracht. Alle Straßen, die er bereist hatte, alle Risiken, die er eingegangen
     war, alles, was er jemals getan hatte, führte immer nur zu einem Punkt, zu einer Person: Johanna.
    Sobald die Arbeit am Aquädukt abgeschlossen war, würde sie erwarten, daß er wieder sein Amt als Befehlshaber der päpstlichen
     Garde übernahm. Aber jeden Tag in Johannas Nähe zu sein, sie zu sehen und dabei zu wissen, daß sie in unerreichbarer Ferne
     war … das wäre unerträglich.
    Ich werde Rom verlassen,
sagte sich Gerold,
sobald das Aquädukt fertig ist. Ich werde nach Benevento zurückkehren und wieder den Befehl über Siconulfs Heer übernehmen.
Das Soldatenleben besaß eine anziehende Schlichtheit: Die

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