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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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war den schlichten Dorfbewohnern wie die reinste Hexerei
     erschienen.
    Nachdem er das Wasser gesegnet hatte, wandte der Dorfpriester sich Hrotrud zu. »Weib! Du weißt, welchen Verbrechens du beschuldigt
     wirst. Willst du deine Sünden freiwillig gestehen, um der Errettung deiner unsterblichen Seele willen?«
    Nachdenklich musterte Hrotrud ihn aus den Augenwinkeln. »Wenn ich gestehe, werdet Ihr mich dann freilassen?«
    Der Dorfpriester schüttelte den Kopf. »Das ist nach der Heiligen Schrift ausdrücklich verboten. ›Eine Hexe sollst du nicht
     am Leben lassen.‹« Um seine Autorität zu unterstreichen, fügte er hinzu: »Buch Exodus, Kapitel zweiundzwanzig, Vers siebzehn.«
     Er wandte sich wieder Hrotrud zu: »Aber wenn du gestehst, wirst du einen gottgefälligen Tod sterben, und einen raschen noch
     dazu, und du wirst dir durch diesen Tod den unermeßlichen Lohn des Himmels erwerben.«
    »Nein!« erwiderte Hrotrud trotzig. »Ich bin eine gute Christenfrau und keine Hexe, und wer etwas anderes behauptet, ist ein
     schmutziger Lügner!«
    »Hexe! Du wirst für alle Ewigkeit im Feuer der Hölle brennen! Wie kannst du Beweise leugnen, wenn du sie mit eigenen Augen
     zu sehen vermagst?« Hinter dem Rücken zog der Dorfpriester einen schmutzigen Leinengürtel hervor, in den eine Reihe derber,
     dicker Knoten geknüpft waren. Blitzschnell schlug er mit dem Gürtel nach Hrotrud, die zusammenzuckte und zurückwich.
    »Habt ihr gesehen, wie sie erschrocken ist?« flüsterte jemand, der in Johannas Nähe stand. »Sie ist schuldig, das steht fest,
     und sie muß verbrannt werden!«
    Bei einer so plötzlichen Bewegung wäre jeder andere auch erschrocken
, dachte Johanna.
Das ist ganz gewiß kein Beweis für ihre Schuld.
Doch sie schwieg.
    |68| Der Dorfpriester hielt den Gürtel in die Höhe, damit die Menge ihn betrachten konnte. »Dieser Gürtel gehört Arno, dem Müller.
     Und wißt ihr, was geschehen ist? Vor vierzehn Tagen ist dieser Gürtel verschwunden. Und kaum war er fort, mußte Arno sich
     mit schrecklichen Leibschmerzen zu Bett legen!«
    Die Gesichter der Menge blickten ernst. Niemand konnte Arno besonders leiden, zumal man ihn verdächtigte, beim Abwiegen des
     Getreides mit den Gewichten zu betrügen. »Was ist das tapferste Ding auf der Welt?« lautete ein Scherz, den die Leute dieser
     Gegend sich teils belustigt, teils aus Zorn erzählten. »Arnos Hemd, denn es packt Tag für Tag einen Dieb bei der Gurgel.«
    Doch die Erkrankung des Müllers war auch Anlaß zu ernster Besorgnis im Dorf und der Umgegend. Wenn Arnos Arbeitskraft ausfiel,
     konnte kein Getreide mehr zu Mehl gemahlen werden; denn laut Gesetz war es jedem Dörfler untersagt, seine eigene Getreideernte
     auch selbst zu mahlen.
    »Vor zwei Tagen«, fuhr der Dorfpriester fort, und seine Stimme war so düster wie der Blick, mit dem er Hrotrud musterte, »wurde
     dieser Gürtel in einem Gebüsch unweit der Hütte gefunden, in der diese Frau wohnt.«
    Erschrecktes Gemurmel erhob sich, unterbrochen von vereinzelten schrillen Schreien: »Hexe!« – »Zauberin!« – »Verbrennt sie!«
    Der Dorfpriester drehte sich zu Hrotrud um. »Du hast den Gürtel gestohlen und die Knoten hineingeflochten, um deinen Anrufungen
     des Bösen mehr Kraft zu verleihen. Denn dieser Gürtel gehört deinem Opfer, und deine Anrufungen galten dem Satan, auf daß
     er Arno mit den Leibschmerzen plage, die ihn an den Rand des Todes gebracht haben!«
    »Das ist nicht wahr!« rief Hrotrud empört und zerrte wild an den Fesseln, die sie hielten. »So was hab’ ich nicht getan! Ich
     habe diesen Gürtel noch nie gesehen! Ich habe noch nie …«
    Ungeduldig gab der Dorfpriester den Männern ein Zeichen, die Hrotrud daraufhin wie einen Sack Hafer packten, einige Male vor
     und zurück schwangen und sie dann mit aller Kraft fortschleuderten. Hrotrud schrie vor Furcht und Zorn, als sie durch die
     Luft segelte und mit lautem Klatschen genau in die Mitte des Dorfteiches fiel.
    Johanna und Aeskulapius wurden hin und her geschubst, |69| als die Gaffer sich nach vorn drängten, damit sie auch ja nichts verpaßten. Falls die gefesselte Hrotrud zur Oberfläche des
     Teiches aufstieg und auf ihm trieb, hatte das vom Dorfpriester gesegnete Wasser sie zurückgewiesen, womit Hrotrud als Zauberin
     und Hexe entlarvt und auf der Stelle verbrannt wurde. Ging sie jedoch unter, war ihre Unschuld bewiesen, und sie war gerettet.
    In gespanntem Schweigen blieben aller Blicke auf die Oberfläche des

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