Die Pan-Trilogie, Band 1: Das geheime Vermächtnis des Pan (German Edition)
hörte selbst, wie dünn meine Stimme klang.
»Was?« Jetzt wurde Corey nervös. »Weshalb? Wohin? Ich meine, ich hatte auf deine Hilfe gehofft, weil du ja schon …«
Ich ignorierte ihn, packte meine Jacke und Tasche und ging einfach. Hinter mir hörte ich Corey etwas von »menstruationsgeplagtem Frauenzimmer« zu Phyllis sagen. Ihre Antwort hörte ich nicht. Ich war zu geschockt. Ich musste dringend etwas überprüfen. Aber ich wusste schon im Voraus, dass ich mich nicht vertan hatte. Lee
musste
mir diesmal eine Antwort geben! Doch zuerst musste ich wieder in die British Library.
Durch die Türsprechanlage tönte Lees Stimme: »Ja?« Sie klang ziemlich verschlafen. Aber das war mir egal.
»Mach auf. Ich bin’s«, rief ich.
Sofort plärrte der Summer und ich betrat das viktorianische Gebäude.Lee stand am oberen Ende der Treppe und sah wesentlich munterer aus, als er sich eben angehört hatte.
»Fay? Was ist? Du siehst aufgebracht aus.«
Ich wusste, ich trampelte wie ein Nilpferd als ich die Treppe hochstapfte. »Du bist mir eine Erklärung schuldig.« Er sah alarmiert aus und ich dachte
Ha! Erwischt
. »Ich komme soeben aus der British Library. In unserem Referat über Jakob II. hast du einfach den Text meiner Recherche abgewandelt! Du hast geschrieben, er hätte 1698 sieben Bischöfe aufgrund einer Bittschrift in den Tower werfen lassen und am 30. Juni 1698 wurden sie begnadigt und freigelassen. Ich hatte geschrieben, er hätte sie an diesem Datum
hinrichten
lassen. Ich hatte es im Internet nachgelesen und in einem Buch in der British Library. Trotzdem hast du deine Version beim Referat vorgetragen. Jetzt lese ich auf der gleichen Internetseite, wo ich die Hinrichtung fand, dass sie begnadigt und freigelassen wurden. Und in dem Buch in der British Library steht es auch!«
»Du hast dich vertan, Fay. Wahrscheinlich hast du aus Versehen über ein anderes Ereignis gelesen. Oder du hattest eine andere Seite im Internet. Eine sehr unzuverlässige, wohl gemerkt.«
Ich starrte ihn einen Moment mit offenem Mund an, dann begann ich hektisch in meiner Tasche zu wühlen. Endlich fand ich sie. Ich hielt ihm die geknüllten Blätter vor die Nase. »Hier!«, fauchte ich. »Ich bin doch nicht blöd. Ich weiß genau, welche Internetseite und welches Buch ich konsultiert habe.«
Wortlos nahm er mir meine zerknitterten Blätter aus der Hand und las. Er runzelte die Stirn und ein paar Minuten schwiegen wir. In diesen Minuten ging mir auf, dass er ziemlich mitgenommen aussah. Er hatte die Haare noch unordentlicher, sein Kinn wies mehr Bartstoppeln auf als bei Cynthias Party. Er trug eine Jogginghose unter einem achtlos übergestreiften T-Shirt, wobei der Hosenbund so verrutscht hing, als hätte ich ihn eben aus dem Bett geworfen.
»Bist du sicher, dass es sich um die gleiche Seite handelt, von der wir die Informationen …«, fragte er schließlich.
»Hör auf, mich für dumm zu verkaufen«, zischte ich. Ich war wütend. Irgendjemand wurde hier an der Nase herumgeführt und ich war mir sicher, dass ich diejenige war. Die Frage war nur: Warum? »Als ich dir von der Hinrichtung erzählt habe, bist du so blass geworden wie diese Wand hier. Und jetzt auf einmal sollen sie freigelassen worden sein? Was spielst du für ein Spiel? Wer bist du? Wie hast du das gemacht?«
Er sah mich an, als überlegte er, wie er anfangen sollte, mir alles zu erklären.
»Komm erst mal rein«, sagte er schließlich und zog mich am Oberarm hinter sich her zu seinem Zimmer ganz nach oben. Es zuckte leicht, doch er ließ nicht los. Er hatte Bärenkräfte. Obwohl ich mich freischütteln wollte, hielt er mich fest. Allerdings ohne mir Schmerzen zuzufügen. In seinem Zimmer drückte er mich sanft aufs Sofa.
Eine Weile sahen wir uns in die Augen, musterten uns gegenseitig und mir schoss immer wieder durch den Kopf: Wer war er? Wie konnte er meine Zahnschmerzen wegpusten? Wie konnte er die Geschichte ändern? Wie konnte er Ruby, Nicole, Phyllis, Jayden und sogar Corey um den kleinen Finger wickeln?
»Woher hast du diese Seiten?«, fragte er schließlich.
»Das sind Kopien aus dem Buch in der British Library«, antwortete ich. »Aber weißt du, was das Kuriose ist? Als ich vorhin da war und das gleiche Buch aufschlug stand dort das, was du vorgetragen hast. Erklär mir, wie du das machst.«
»Wie ich was mache?«
»Du hast den Inhalt der Bücher verändert! Hier schau: Stempel, Ausleihnummer. Alles das Gleiche«, warf ich ihm vor. »Ich frage mich
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