Die Partie. Thriller (German Edition)
dem Bild bereits verstorben war, als er das Porträt anfertigte?«
»Davon können wir ausgehen.«
Kimski nickt, er versteht immer noch nichts.
»Wobei, eine Sache ist komisch«, sagt Eva. »Normalerweise liegt die Rose dann bei der Person, die tot ist. Aber warum hält die Krähe die Blume im Schnabel?«
»Wir müssen herausfinden, was es mit den Krähen auf sich hat.«
Kimski seufzt, tritt einen Schritt zurück und sieht sich nachdenklich um. Sein Blick fällt auf ein kleines Messingschild, das zwischen Schaufenster und Eingangstür angeschraubt ist. »Inhaber: Alois Brun«, liest er vor. »Vielleicht sollten wir den mal fragen.«
»Möglicherweise hat er sogar was mit der Sache zu tun.«
»Kann sein. Jedenfalls kann er uns sagen, wo er dieses seit über 200 Jahren verschollene Gemälde herbekommen hat.«
»Schade, dass keine Adresse angegeben ist.«
Kimski läuft zu der Türe, die zu den Wohnungen im Haus führt.
»Manchmal wohnen Ladenbesitzer ganz in der Nähe ihres Geschäfts.«
Seine Augen gleiten über die Namen auf den Klingelschildern.
»Fehlanzeige.«
Sie suchen noch weitere Hauseingänge in der näheren Umgebung ab, aber ohne Erfolg.
»So kommen wir nicht weiter«, seufzt Eva.
»Kommen Sie, ich weiß, wo es eine Telefonzelle gibt, vielleicht steht seine Anschrift im Telefonbuch.«
Sie müssen nicht weit laufen. Als sie die Zelle betreten, reibt Eva sich ihre Oberarme. Kimski sieht vom Telefonbuch auf und blickt sie verblüfft an.
»Ist Ihnen kalt?« Die Nachtluft ist abgekühlt und Eva läuft noch immer in ihrem knappen Sommerkleid durch die Straßen.
»Hier, nehmen Sie mein Jackett«, sagt er und streift es sich von den Schultern. »Ich hoffe, die Vogelscheiße macht Ihnen nichts aus.«
Er legt seine Jacke über ihre Schultern. Sie bedankt sich. Ihre Blicke treffen sich. Dann wendet er sich ab und blättert weiter.
»Im Telefonbuch steht kein Alois Brun.«
»Vielleicht wohnt er gar nicht in Mannheim.«
»Oder er hat eine Geheimnummer.«
»Was machen wir jetzt?«
Kimski sieht sie einen Moment schweigend an. Es gibt eine Möglichkeit herauszufinden, wo Alois Brun wohnt.
»Ich kann ins Polizeirevier gehen und seine Meldedaten im Computer nachschlagen«, sagt er und stößt danach einen langen Atemzug aus.
»Aber das geht doch nicht. Wir werden von der Polizei gesucht.«
Kimski ist aus der Zelle getreten und läuft die Straße hinab.
»Es ist die einzige Möglichkeit«, sagt er.
»Ziehen Sie wenigstens Ihr Jackett wieder an!«, ruft Eva und rennt ihm hinterher. »Es ist ganz schön auffällig, wenn Sie mit dem Pistolenhalfter um die Schultern durch die Stadt rennen.«
Sie reicht ihm die Jacke und er streift sie über. Dann läuft er weiter. Das Polizeipräsidium ist nur zwei Ecken entfernt.
»Was ist Ihr Plan?«, fragt Eva. »Wie wollen Sie da rein- und wieder rauskommen? Die arbeiten mit Sicherheit noch immer auf Hochtouren nach dem ereignisreichen Tag.«
»Mein Plan? Keine Ahnung.«
21
Sie stehen vor dem östlichen Seitenflügel des Schlosses und beobachten das Präsidium, das auf der anderen Seite des Innenstadtrings liegt. Hinter der Hälfte der Fenster brennt Licht. Die Einsatzkräfte machen Überstunden oder legen Sonderschichten ein.
Wie soll er vorgehen? Er muss einen Weg finden, unauffällig in das Gebäude herein- und später wieder herauskommen zu können. Am besten wäre es, wenn er ein Fahrzeug hätte, dann könnte er in den Hof fahren und von dort aus in die Tiefgarage. Das wäre die Lösung, die das wenigste Aufsehen verursachen würde. Aber er hat kein Auto.
Abgesehen vom Haupteingang gibt es keinen Weg, um in das Haus zukommen. Vielleicht hat man in der Aufregung des Tages den uniformierten Kollegen am Empfang noch nicht mitgeteilt, dass Kimski unter Arrest gestellt wurde und nun flüchtig ist? Oder sie würden ihn nicht weiter beachten, wenn er schnell an ihnen vorbeiging? Falls sie doch Bescheid wissen und ihn bemerken. Nein, sie dürfen ihn nicht bemerken.
Kimski greift unter sein Jackett und zieht seine Dienstwaffe hervor. Eva zuckt zusammen.
»Was haben Sie vor?«
»Ich werde da jetzt reinmarschieren, aber ich brauche Ihre Hilfe.«
Sie nickt zögernd.
»Können Sie gut schauspielern?«
»Ich denke schon.«
»Gut, ich will, dass Sie genau zwei Minuten vor mir da reingehen und eine Anzeige erstatten.«
»Eine Anzeige?«
»Ja, genau. Sie müssen die Beamten am Schalter ablenken, damit sie nicht auf mich achten, wenn ich reinkomme. Denken Sie
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