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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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als zöge man ein Hemd aus purem Eis über.
    Zusammen mit Cadvan nahm sie in der Küche bei Dringold und seiner Gemahlin ein rasches Frühstück im Stehen ein. Rose drückte ihnen schüchtern ein paar kalte Fleischpasteten fürs Mittagessen in die Hand. Dann versuchte sie kurz, Cadvan dazu zu bewegen, eine Bezahlung für seine Rettung des Jungen anzunehmen, doch er weigerte sich standhaft. Bevor sie gingen, streckte Cadvan die Hände vor dem Paar aus und murmelte einige Worte; Maerad sah, wie die beiden blinzelten, danach wandten sie sich ihrer Arbeit zu, als wären Cadvan und Maerad nicht zugegen. »Sie werden sich nur an das erinnern, was zu Dringolds Geschichte passt«, erklärte Cadvan im Stall, als sie die Pferde holten. »Barden merken es in der Regel, wenn jemand etwas zu verheimlichen versucht.«
    »Würde ein Barde den Zauber nicht spüren?«, fragte Maerad.
    »Nur mit einem Seelenblick«, entgegnete Cadvan. »Unterzieht man die beiden einem Seelenblick, kann weder ich noch sonst jemand ihnen helfen. Aber ich bezweifle, dass ein Barde oder ein Untoter sich dazu herablassen würde. Jedenfalls hoffe ich das um ihretwillen.«
    Einen Augenblick verharrte er reglos mit Darsor und lauschte; doch er hörte oder spürte nichts in der Nacht. Dann ließ er Darsor antreten und ritt über die kopfsteingepflasterten Straßen voraus.
    Eine verregnete Schwärze umfing sie. Der Vollmond wanderte in langen, dunklen Wolkenschlieren langsam nach Western, spendete aber wenig Licht. Maerad blickte zurück zu den Fenstern der Herberge, die golden und einladend durch die Dunkelheit schimmerten, und schauderte. Unwillkürlich musste sie an die kleine Familie denken, die sie verließen. Die Vorstellung solch freundlicher Menschen in den Händen von Untoten war unerträglich.
    Die Sonne begann gerade den Horizont mit stumpfen Rot- und Ockertönen zu überziehen, als sie durch Dörfer und Weiler zum Rand des Gaus von Ettinor gelangten. Als der Regen aufhörte und die Sonne ein freudloses Licht über die nasse Landschaft warf, ritten sie durch ein weniger bewohntes, nur noch vereinzelt mit Gehöften gesprenkeltes Gebiet. Nach einigen Stunden wand die Straße sich in einen Wald. Dort verlangsamten sie den Ritt und trabten zwischen den triefenden Bäumen hindurch. Sie hörten nur die Geräusche von Vogelgezwitscher und das dumpfe Pochen der Pferdehufe.
    Maerad hing Tagträumen nach und grübelte über einige der Dinge, die sie in den vergangenen Wochen gesehen und gehört hatte. Keiner der Gedanken führte irgendwohin. Sie ließ sie einfach nach der Reihe als halb geformte Bilder müßig durch ihren Geist treiben: die Elidhu im Wagwald; Cadvan, der stumm auf Darsor saß; die auf dem Marktplatz von Fort erstarrten Spielmänner; Silvias warmherziges Gesicht, ernst vor Traurigkeit; Dernhil…
    Ein seltsames Geräusch, ein surrender Laut, der an eine große Biene erinnerte, und ein Klopfen, das klang, als prallte etwas gegen Holz, schreckten sie aus ihren Überlegungen. Sie besann sich, ein solches Geräusch schon einmal gehört zu haben, und wusste auf Anhieb, dass es ihr nicht gefiel - da ertönte es erneut. Dann spürte sie einen Schlag gegen den Rücken und wurde im Sattel vorwärts geschleudert. Ohne Befehl preschten die Pferde in wildem Galopp los, und Cadvan brüllte: »Runter! Pfeile! Halt den Kopf unten! Runter!«
    Unwillkürlich gehorchte sie, barg den Kopf an Imis Hals und klammerte sich krampfhaft fest, während Imi ungestüm losgaloppierte und mit Darsor Schritt zu halten versuchte. Maerad wurde klar, dass sie von einem Pfeil getroffen worden sein musste, und sie war dankbar für das Kettenhemd, das sie an jenem Morgen so widerwillig angelegt hatte. Einmal wagte sie einen Blick zurück, konnte jedoch durch die Bäume nichts erkennen; die Straße hatte bereits eine Biegung beschrieben, die ihre Angreifer verbarg.
    Die Pferde verlangsamten in einen Handgalopp, und dann, als sie eine Stelle erreichten, an der ein großer Felssockel aus dem Wald ragte, ließ Cadvan sie mit einem Handzeichen anhalten. Seine Miene wirkte ernst und wachsam. Er führte sie zu dem Felsen, wo sie mit dem Rücken zum Steinhang stehen blieben, der sich mit einem leichten Überhang etwa drei Mannshöhen empor erstreckte. Maerad hörte die Geräusche der sie verfolgenden Reiter, die sich sowohl entlang der Straße als auch durch die Bäume näherten, durch die sie wohl die Biegung im Pfad abkürzten. »Bei solchen Verfolgern können wir nicht Hals über Kopf

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