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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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der Un tote schwankte nur auf dem Pferd, ohne zu fallen. Dann stand er in den Steigbügeln auf und hob die Arme. Selbst auf die Entfernung erkannte Maerad den todbringenden Ausdruck in dem leichenblassen Gesicht.
    Der Untote stimmte in ebenmäßigem Tonfall einen Sprechgesang an. Maerad erschienen die Worte unerklärlicherweise vertraut; dann dämmerte ihr trotz der Notlage voll Bestürzung, dass sie etwas Ähnliches schon einmal gehört hatte - in ihrem grauenhaften Zukunftstraum. Ein Schweißtropfen strich ihr wie ein eiskalter Finger über den Rücken, und sie spürte, wie ihre Hände, die sich um die Zügel krampften, zu zittern begannen.
    Cadvan streckte ebenfalls erneut die Arme aus, und wieder traf den Untoten ein weißer Blitz, der jedoch diesmal gänzlich ohne Wirkung blieb. Mit trockenem Mund beobachtete Maerad den Untoten wie ein vor Grauen gelähmter Vogel im Angesicht einer zum Todesstoß ansetzenden Schlange.
    Langsam wie in einem Albtraum und doch beängstigend schnell bildete sich zwischen den Armen des Untoten eine weitere Schwärze, als wuchsen und verfestigten sich dort Schatten; doch diesmal wirkte die Form weniger gestaltlos als die erste. Cadvan saß auf Darsor, der reglos dastand. Maerad spähte flüchtig zu Cadvan und sah, dass er völlig bewegungslos ausharrte, wenngleich das sonderbare Licht in ihm zunehmend heller wurde. Dann wanderten ihre Augen unwillkürlich zurück zu dem Untoten. Über ihm ragte eine grauenerregende Gestalt in die Wipfel empor, bestehend aus Schatten und doch scheinbar so fest wie die Bäume ringsum. Sie sah aus wie ein riesiger Mann, allerdings missgebildet und hässlich. Grünes Feuer knisterte zwischen den Brauen, und in den Augen loderte ein kaltes Licht. Die Gestalt schlug mit dunklen Schwingen, die sich über viele Spannen erstreckten, gleich denen einer gewaltigen Fledermaus, und sie trug ein schwarzes Schwert, um das bleigraue Flammen züngelten. Sie öffnete den Mund und spie einen Feuerschwall, und er war kalt, tödlich kalt.
    Maerad wurde schwindlig; verzweifelt krallte sie sich in Imis Mähne fest, als wäre sie am Ertrinken. Was war das für ein Wesen? Es wirkte plump und geistlos wie eine Gestalt aus dem Albtraum eines Kindes, doch seine schieren Ausmaße schienen die gesamte Welt zu vereinnahmen.
    Cadvan schwankte im Sattel und fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Ein Kulag«, presste er matt hervor.
    Er zog die Klinge, über die ein weißes Feuer tänzelte, ähnlich wie beim Flammenschwert des Kulags. So verharrten sie einen langen Augenblick, Mensch und Ungetüm, dann schrie der Untote auf und schleuderte die Arme himmelwärts, woraufhin das abscheuliche Ding die Flügel ausbreitete, auf sie zustürzte und ein schauerliches Kreischen anstimmte, das Maerads Blut in den Adern gerinnen ließ. Darsor warf den Kopf zurück und wieherte trotzig, bäumte sich auf die Hinterläufe auf und trat mit den vorderen Hufen durch die Luft. Ein blendend greller Blitz zuckte, und Maerad erblickte Cadvans erhobenes Schwert, gleißender als das Herz der Sonne und doch wirkte es kümmerlich wie der Schein einer flackernden Kerze vor der mächtigen Finsternis, die das Tageslicht verschluckte.
    Maerad schrie auf und riss die Hände hoch. Sie vermeinte, eine Flammenwand vor ihren Augen hochschießen zu sehen, weißlich blau und unerträglich grell. Ein Krachen folgte, als stürzte ein riesiger Baum um und entwurzelte dabei all seine Gefährten; dann überschwemmte Schwärze Maerads Sicht, und sie wusste nichts mehr.

Fünfzehntes Kapitel

Das Katenmoor
    Kurze Zeit später kam Maerad wieder zu sich. Cadvan kniete neben ihr auf dem Boden. Seine Hand ruhte auf ihrer Stirn, seine Züge wirkten vor Anspannung verkniffen. Sie setzte sich auf, schüttelte den Kopf und sah sich um. Darsor und Imi standen ruhig neben ihnen, durch die Bäume schimmerte gewöhnliches Tageslicht. Kurz fragte sie sich, ob sie einen sonderbaren Anfall erlitten oder Wahnvorstellungen gehabt hatte; dann aber schaute sie auf und sah, dass die Aste über ihnen geschwärzt und verwelkt waren, als hätte ein mächtiges Feuer sie berührt. Vor ihnen auf dem Pfad erblickte sie die schwarzen Haufen der drei Untoten und den Kadaver eines Pferdes. »Was ist geschehen?«, verlangte Maerad zu erfahren.
    »Ich bin mir nicht sicher«, gab Cadvan zurück. »Ist alles in Ordnung mit dir?« Maerad rieb sich den Kopf und nickte.
    »Was ist geschehen?«, wiederholte sie. »Sind wir in Sicherheit?«
    Cadvan lächelte

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