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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Meilen zurückgelegt, als Cadvan anhielt. Hastig aßen sie in einem kümmerlichen Wäldchen. Als Maerad wieder aufstieg, krümmte sie sich vor qualvollen Krämpfen im Bauch. Cadvan ergriff ihre Hände. »Was ist?« »Krämpfe«, stieß Maerad zwischen den Zähnen hervor. Einen Lidschlag lang wirkte Cadvan besorgt, dann lachte er vor Erleichterung.
    »Ist das alles?«, fragte er. »Warte, ich weiß, dass Silvia das Heilmittel in dein Bündel gepackt hat.« Er nahm Maerads Ranzen von Imis Sattel und kramte darin, bis er die kleine Flasche mit dem Heiltrank fand. Cadvan verabreichte Maerad einen Schluck. Der bittere Geschmack ließ sie das Gesicht verziehen, aber die Krämpfe legten sich, und alsbald konnte sie wieder aufrecht sitzen. Auch ihr Kopf fühlte sich klarer an, und sie sah sich um. Der verschwommene Schemen vor ihnen hatte sich zu einer Steinmauer von etwa doppelter Mannshöhe verfestigt, neben der sie in nördlicher Richtung entlangritten. Cadvan erklärte, der Westwall erstrecke sich viele Meilen weit und kennzeichne die Grenze zwischen dem Gau Ettinor und dem Wilderland jenseits davon. »Es gibt zwar keine Tore«, sagte er, »aber der Wall wird seit vielen Jahren kaum gewartet, weshalb er an etlichen Stellen bröckelt. Wir sollten bald auf einen Durchgang stoßen.«
    Etwa fünf Meilen weiter fanden sie, wonach Cadvan suchte - eine Stelle, an der ein großes, holziges Rankengewächs die Steine auseinandergezwängt hatte, sodass die dicke Mauer zu Schutt zerfallen war. Sie stiegen ab und führten die Pferde durch die Lücke, dann blickten sie hinaus über eine noch trostlosere Landschaft als jene, die sie hinter sich zurückgelassen hatten: Ein kahles Moor, spärlich von verstreuten Grassoden bedeckt, fiel vor ihnen in ein felsiges Tal ab. Durch das Tal zog sich ein Fluss, gesäumt vom dunkleren Bewuchs von Bäumen an seinen Ufern. Uber ihnen hingen mächtige Ballungen grauer Wolken, und der Wind blies frostig, kündigte weiteren Regen an. Die Sonne stand tief am Himmel und zeichnete lange, mattorange Schlieren über den Horizont. Maerad dachte an die freundlichen Herbergen zurück, die weit hinter ihnen lagen, und fühlte sich zutiefst elend.
    »Das Katenmoor«, verkündete Cadvan knapp. »Wir begeben uns dort hinunter zum Usk, dem wir folgen, bis wir zu müde sind, um weiterzureiten. Der Fluss schlängelt sich bald nach Westen.«
    Maerad war zu müde, um Fragen zu stellen, und folgte ihm stumm den kahlen Hang hinab. Der Regen blieb aus, und sie überquerten den Fluss an einer seichten, breiten Stelle, an der zahlreiche Steine lange, grüne Barte aus Flussgras aufwiesen. Auch nach Einbruch der Nacht folgten sie dem Verlauf des Flusses im Licht des Vollmonds weiter, bis Imi vor Müdigkeit zu stolpern begann und selbst Darsor allmählich den Kopf hängen ließ. Erst dann ließ Cadvan sie endlich anhalten. Unter einer alten Weide schlugen sie ein freudloses Lager ohne Feuer auf und kauerten sich gegen einen Felssockel, der zumindest ein wenig Schutz gegen den eiskalten Wind bot. In jener Nacht hielten sie trotz aller Gefahr keine Wache.
    Maerad war so erschöpft, dass sie Mühe hatte einzuschlafen. Ihr ganzer Körper schmerzte, ihr Kopf surrte wie eine Harfensaite kurz vor dem Reißen. Sie lag auf dem Rücken und starrte in den Himmel. Mittlerweile verschwand der Mond hinter einem Vorhang dunkler Wolken, und sie roch deutlich Regen im Wind. Angst, inzwischen längst ihr ständiger Begleiter, stieg ihn ihr auf wie eine gähnende Leere, die durch ihre Brust flutete. Wer bin ich ?, fragte sie sich abermals vergeblich. Die menschenleere Nacht gab keine Antwort.
    Die nächsten beiden Tage ritten sie weiter durch das Moor, dem Verlauf des Flusses folgend, und hielten sich dabei so dicht wie möglich an den Bäumen. Sie sahen keinerlei Tiere und hörten nur Grillen und Frösche oder den durchdringenden Schrei eines Adlers hoch über ihnen. Da zahlreiche kleine Rücken und Rinnen das Gelände zerfurchten, kamen sie nur langsam voran. Häufig stießen sie auf seltsame Gruben, als wäre die Erde dort irgendwann gewaltsam aufgebrochen worden. Der Boden war übersät mit Quarz- und Granitbrocken, die eine fortwährende Bedrohung für die Hufe der Pferde darstellten. Das Wetter blieb kalt und grau. Immer wieder setzten frostige Regen- oder Schneeregenschauer ein, die ebenso jäh endeten, wie sie begannen. Der Wind hingegen wehte ständig: ein bitterkalter Luftstrom, der ohne Unterlass über die Anhöhen und Felsen pfiff.

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