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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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neuerlichen Gefühl der Bedrohung heimgesucht.
    »Ich glaube, die Brücke wird beobachtet«, erklärte Cadvan.
    Sie zogen sich hinter den Rücken zurück und aßen hinter einem Felsblock eine Mahlzeit. Es war bereits spät; erste Schatten krochen heran, und in die Luft schlich sich Kühle. Cadvan betrachtete die Wolken.
    »Vielleicht haben wir Glück«, meinte er. »Es sieht nach Regen aus.«
    Sie beendeten ihr Mahl und warteten, bis die Sonne unterging. Just, als sie hinter dem Horizont versank, setzte der Regen ein. Es war ein heftiger Guss, der sie im Nu völlig durchnässte, danach ließ ein grausamer Wind sie bibbern, der ihnen durch die Kleider fuhr. Bald herrschte völlige Dunkelheit. Für den Mond war es noch zu früh, und der Himmel zeichnete sich nur als etwas hellere Düsternis hinter dem schwarzen Hügel ab. Cadvan wartete eine weitere Stunde, während der sie sich dicht an dem Felsen aneinander kauerten und versuchten, dem schlimmsten Niederschlag zu entrinnen. Schließlich führte Cadvan sie über den letzten Hügelrücken hinunter in das Tal. Ein Windstoß fegte sie beinahe von den Beinen, als sie die Kuppe überquerten.
    Sie gingen langsam und führten die Pferde, da sie fürchteten, sie könnten einander in der Finsternis verlieren oder ein Pferd könnte über einen der Steine stolpern. Hem saß auf Darsor und zitterte mitleiderregend in seinem eng um ihn geschlungenen Mantel. Es war so dunkel, dass sie sich den Weg nachgerade ertasten mussten. Allmählich gewöhnten Maerads Augen sich an die Dunkelheit, und sie konnte verschwommene Schemen und Umrisse vor ihren Füßen erkennen. Nach etwa einer Stunde ließ der Wind nach, wodurch es nicht mehr ganz so bitterkalt war, wenngleich der Regen unvermindert vom Himmel prasselte. Maerad fühlte sich so erschöpft, dass ihr schwindlig war, und die unbarmherzige Kälte dämpfte ihre Sinne.
    Sie erreichten den Talboden. Maerad konnte den Fluss vor ihnen rauschen hören, ihn jedoch nicht sehen. Sie waren in der Dunkelheit etwas von der Richtung abgekommen und mussten nach rechts schwenken, um die Brücke zu finden, aber schließlich gelangten sie wieder auf den Pfad, der ihren Beinen weniger zusetzte als das Gelände querfeldein. Dann veränderte sich das Geräusch ihrer Schritte, und Maerad wusste, dass sie sich auf der Brücke befanden. Sie schaute zur Seite und sah das Wasser unter ihnen hindurchströmen, ein mattgrauer Schimmer zwischen der völligen Schwärze der beiden Ufer. Der Wind wehte frostig über die Wasseroberfläche.
    Es handelte sich um eine breite Steinbrücke, Edinur genannt, die Jahrhunderte vor der großen Blütezeit von Annar errichtet worden war. Mittlerweile wurde die Straße kaum noch verwendet, und hätte Maerad etwas zu sehen vermocht, wäre ihr aufgefallen, dass sie Anzeichen von Verwahrlosung aufwies. An der höchsten Stelle des Brückenbogens war das Bildnis eines Frauenantlitzes eingemeißelt, dessen Haar sich in steinerne, den breiten Bogen hinab verlaufende Wasserwellen ergoss. Allerdings war das Gesicht beinahe zur Unkenntlichkeit zerbröckelt, und die Locken im Haar bestanden nur noch aus Rinnen im Stein. Dennoch schien die Edinur-Brücke an sich solide zu sein. Sie gelangten wohlbehalten ans andere Ufer und folgten der Straße die andere Seite des Tales entlang. Das Erste, was Maerad feststellte, war, dass der Untergrund sich wieder änderte und sie nun bergauf gingen, was sich als einfacher als bergab erwies, zumal sie nun wieder einem Pfad folgen konnten und nicht mehr so oft stolperten. Auf halbem Weg durch das Tal ging der mittlerweile fast volle Mond auf. Die Wolken rissen auf und ließen unstetes Licht hindurch, was ihnen den Marsch erleichterte, wenngleich Cadvan besorgt aufschaute und sie zur Eile antrieb.
    Nach Mitternacht erreichten sie den Hügelkamm, und der Regen endete. Dafür wurde es kälter, und der Wind wehte wieder bitterkalt, durchfror sie bis aufs Mark. Vor ihnen erkannte Maerad die schwarzen Schemen von Bäumen. Sie bogen ein Stück von der Straße ab und stießen auf ein triefendes, stockfinsteres Wäldchen, in dem sie rasteten. Doch es war so kalt, und sie alle waren so durchnässt, dass keiner von ihnen richtig schlief, sondern bestenfalls kurz einnickte und alsbald wieder ruckartig erwachte. Die Pferde standen schaudernd, mit hängenden Ohren dicht beisammen. Hem war vor Kälte so steif, dass er mit klappernden Zähnen von Darsor gehoben werden musste. Cadvan rieb ihm die eiskalten Füße, bis ein

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