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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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wo das Bardentum zurückgegangen war, hatten sich solche stinkenden Löcher aufgetan, um Waisenkinder aufzunehmen. Und im Augenblick gab es aufgrund der Weißen Krankheitviele solche Kinder.
    Im Verlauf von Hems Schilderung brachte Cadvan seine Fragen allmählich weniger barsch vor. Der Junge berichtete ihnen, dass er im Alter von zwei Jahren von einem Mann in einem schwarzen Mantel auf einem Pferd ins Waisenheim gebracht wurde. Das war das Einzige, was er über sich selbst wusste. An sein Leben vor dem Waisenheim besaß er keine Erinnerung; er hatte sich stets mit dem Gedanken getröstet, dass er vielleicht der Sohn eines Prinzen oder großen Fürsten sei und der Mann in Schwarz eines Tages zurückkehren werde, um ihn abzuholen. Er war ein stolzer Junge und wollte nicht zugeben, wie sehr er dort gelitten hatte, dennoch vermittelten Maerad seine Worte den Eindruck bitterer, liebloser Tage und einsamer Nächte voller Angst. Unwillkürlich füllte ihr Herz sich mit Mitleid.
    Die Sprache war in ihm erwacht, als er zehn Jahre alt war. Eine Katze hatte ihn angefaucht, als er versuchte, ihr das Futter zu stehlen. »Was hat sie gesagt?«, erkundigte Maerad sich neugierig, und Hem antwortete: »Sie sagte, ich sei ein Haufen Mäusedreck und sie würde mir die Augen auskratzen, während ich schliefe.« Verängstigt rannte er weg und versteckte sich, doch mit der Zeit gewöhnte er sich daran und begann mit den Vögeln zu sprechen, die am freundlichsten zu ihm waren. Sie erzählten ihm von Ländern fern im Süden, wo den ganzen Tag warm die Sonne schien und die Bäume voller wunderbar süßer Früchte hingen. Hem träumte davon, diese magischen Orte zu besuchen, und er hatte vorgehabt auszureißen, sobald er alt genug gewesen wäre, um zur Arbeit auf ein Gehöft geschickt zu werden. Davon, dass der Reiter zu ihm zurückkehren würde, träumte er nicht mehr. Das hatte er als kindisches Wunschdenken abgeschrieben.
    Anderen war aufgefallen, dass er mit Vögeln redete, woraufhin sie begannen, ihn als Hexer zu bezeichnen. Es wurde davon geredet, ihn zu ertränken, ihm schwere Steine umzubinden und ihn in den Fluss zu werfen, wie es mit anderen geschehen war, die der Sprache mächtig waren. So wurde er gezwungen, sich zu verstecken und seltener mit den Vögeln zu sprechen, weil es schwierig war, im Waisenheim ungestört zu sein, und er wurde immer einsamer.
    Dann wurde er eines Tages zu Malik gerufen, der kaltherzigen Frau, die das Waisenheim führte. Neben ihr stand ein Mann in einem schwarzen Mantel mit Kapuze. Es war sein alter Tagtraum, dennoch fürchtete Hem sich und wich an die Wand zurück, denn die Hände des Mannes waren weiß und knochig, und das Gesicht konnte er nicht erkennen. Malik hingegen zeigte keine Angst und behandelte den Fremden wie einen Fürsten. Zum ersten Mal, seit Hem sich erinnern konnte, lächelte sie ihn an. »Hem«, sagte sie. »Das ist dein Onkel. Er ist letztes Jahr aus fernen Ländern zurückgekehrt und ist nun gekommen, um dich abzuholen. Du bist ein glücklicher Junge.«
    Hem schaute auf, vermochte jedoch nicht, in die Kapuze zu sehen.
    »Hol deine Sachen, Junge«, forderte Malik ihn auf. »Du gehst jetzt nach Hause.« Hem hatte nichts zu holen, also blieb er stumm vor den beiden Erwachsenen stehen und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    Danach wurde er auf einem Pferd zu Laraman gebracht, dem Bürgermeister von Imdradh. Er besaß ein prunkvolles Haus, das prächtigste in Imdradh, und eine Weile war Hem glücklich, weil er dachte, seine Tagträume wären Wirklichkeit geworden. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er genug zu essen, ein gemütliches Bett zum Schlafen und wurde nicht verprügelt.
    Laraman behandelte ihn frostig, duldete ihn aber in seinem Haus, solange er nicht mit ihm sprechen musste. Er galt als der wichtigste Mann in Edinur und betrachtete die Gegend als sein persönliches Lehensreich, in dem er hohe Steuern erhob und strenge Gesetze erließ. Nach außen hin schien es, als wären die fünf schwarz gewande-ten Männer seine Diener, wenngleich Hem den Eindruck hatte, dass Laraman sie fürchtete und eher sie ihm sagten, was er zu tun hatte, als umgekehrt.
    »Sie haben zu mir gesagt, dass sie Schwarze Barden seien und ich auch ein Schwarzer Barde werden könne«, erzählte Hem. »Sie meinten, sie wären die mächtigsten aller Barden und dass ich, wenn ich einer von ihnen wäre, niemals sterben würde und ein großer Fürst werden könnte. Einmal durchbohrte einer von ihnen

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