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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Ihr rötlich braunes Haar, befreit von dem Band, das es sonst zusammenhielt, ergoss sich gleich einem Strom vermischter Gold- und Rottöne um ihren Kopf, gebannt allein von einem dünnen goldenen Haarreif, von dem ein weißer Edelstein auf ihre Stirn hing. An ihrer rechten Hand prangte ein Ring aus Gold mit einem weiteren weißen Stein, und an die Brust hatte sie sich eine fremdartig gearbeitete goldene Brosche in Form eines galoppierenden Pferdes geheftet.
    »Ihr seht wunderschön aus«, tat Maerad verschämt kund, und der Schatten hob sich von Silvias Gesicht. Lachend ergriff sie das scharlachrote Kleid, das sie für Maerad ausgewählt hatte.
    »Du auch, und dabei bist du noch gar nicht angezogen!«, rief sie. »Darf ich dir das Haar flechten? Das würde ich so gerne tun. Zuerst brauchst du den Unterrock, so. Genau. Wie ich sagte, diese Knöpfe sind ein wenig knifflig.« Das Kleid lag eng an Maerads Schultern und Armen an, bauschte sich dann an der Hüfte und verlief in langen, üppigen Falten bis zum Boden. Die Ärmel weiteten sich von den Ellbogen an wie Lilienkelche, fand Maerad. Silvia hatte recht: Es fühlte sich wunderbar an, das Kleid zu tragen. Es knisterte mit einem betörenden Rascheln um ihre Knie. Maerad wurde ganz aufgeregt und drehte sich im Kreis, um das Kleid wirbeln zu lassen. »Ich dachte mir, dass es dir passen würde«, meinte Silvia. »Fühlst du dich gut? Ja? Jedenfalls musst du es mir oder Cadvan sagen, falls sich das ändert - ich meine, falls die Krämpfe zurückkehren. Ich würde dir ja gern noch einmal ein wenig von dem Trank verabreichen, aber dann könntest du einschlafen. Also werden wir es so wagen müssen. Ich halte den Trank griffbereit. So, und jetzt kommt dein Haar dran.«
    Sie ließ Maerad auf dem Stuhl vor ihr Platz nehmen und flocht ihr Haar, türmte es auf dem Kopf und befestigte es mit kleinen goldenen Kämmen. Danach forderte sie Maerad auf, sich im Spiegel zu begutachten. Maerad errötete; selbst der Probelauf der vergangenen Nacht hatte sie nicht auf diese Verwandlung vorbereitet. Die Verletzung an ihrer Stirn war kunstfertig durch eine Locke verborgen worden, und es gab keinerlei sonstige Anzeichen dafür, dass sie noch vor weniger als einer Woche eine Sklavin eines unbedeutenden, ungehobelten Gewaltherrschers gewesen war, die Strohpritschen, schlechtes Essen und regelmäßige Schläge gewohnt gewesen war. Silvias Flechtkunst brachte die fein geschnittenen Züge ihres Gesichts zur Geltung und lenkte die Aufmerksamkeit auf ihre vollen Lippen. Die Augen ihres Spiegelbilds starrten sie ernst an.
    »Es ist gut, sich schön zu kleiden, um mit Freunden zu speisen«, erklärte Silvia feierlich. »Das ehrt den Gastgeber, wenn man Gast, und den Gast, wenn man Gastgeber ist. Und in beiden Fällen ziert es das Fest und feiert die Gaben der Welt.« »Was mache ich bei dem Fest?«, erkundigte Maerad sich beunruhigt. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch, die sie in der Aufregung des Ankleidens völlig vergessen hatte, regten sich wieder.
    »Sei einfach, wie du bist«, gab Silvia augenzwinkernd zurück. »Denk einfach daran, dass die Leute dir vieles nachsehen werden. Letzte Nacht hast du dich sehr wacker geschlagen. Und vergiss nicht deine Leier!«
    Die Leier an die Brust gedrückt, folgte Maerad Silvia mit rasendem Herzen aus dem Zimmer. Sie fühlte sich, als stählte sie sich für eine Tortur. Das Kleid sollte helfen, stellte der nüchterne, beobachtende Teil ihrer selbst fest. Du kannst so tun, als wärst du jemand anders und gar nicht Maerad. Das war ein Spiel, dem Maerad schon oft gefrönt hatte -in der Feste war sie häufig in andere Rollen geschlüpft. Sie holte tief Luft und versuchte, wie eine feine Dame zu schreiten; so wie wohl ihre Mutter gegangen war.
    Zuerst begaben sie sich ins Musikzimmer, jenen wunderschönen Raum, in dem Maerad sich am Abend zuvor von ihrem Ohnmachtsanfall erholt hatte. Cadvan und Malgorn saßen in eine Unterhaltung vertieft vor dem Kamin. Beide erhoben und verneigten sich, als die zwei Frauen eintraten. Die Männer hatten sich keinen Deut weniger herausgeputzt und präsentierten sich in prunkvollen Gewändern: Cadvan in schlichtem Schwarz mit einem langen, mit erlesenen Silberborten gesäumten Mantel. Das Schwert trug er offen, und Maerad sah, dass es in einer kunstvoll mit Runen und Mustern verzierten Silberscheide steckte. An seiner Brust haftete eine Brosche aus Silber, die wie ein vierzackiger Stern geformt war. Malgorn hatte kein Schwert und war

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