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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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aufgegangen, bemerkte gar nicht, dass sie weinte.
    Schließlich beendet sie das Lied. Sie ließ die Noten in Stille verhallen und stand noch eine lange Weile mit geneigtem Haupt und geschlossenen Augen reglos da. Dann löste sich schmerzlich die Flöte von den Lippen; während des langen Spiels waren sie daran angefroren und zupften an der Haut. Maerad spürte, wie ihr ein wenig warmes Blut über das Kinn lief und gerann. Sie richtete sich auf und öffnete die Augen.
    Einen Lidschlag lang dachte Maerad, der Mond hinge unmittelbar auf dem Berghang. Geblendet blinzelte sie. Der kahle Stein der Straße und der Felswand hinter ihr schillerten wie poliertes Silber, und hinter jedem gleißenden Gesteinsblock und Kiesel prangte ein schwarzer Schatten. Vor ihr stand Ardina, doch sie erschien ihr weder als die wilde Elidhu der Wälder, die nackt in einer Laube aus Geäst schimmerte, noch als die alterslose, anmutige Königin von Rachida. Maerad sah sie so, wie die Lieder sie beschrieben, so, wie Cadvan sie einst vor langer Zeit besungen hatte: als die bezaubernde Tochter des Mondes, ein Wesen aus blanken Mondstrahlen, wunderschön und flüchtig. Maerad war über jedes Erstaunen hinaus. Sie dachte, dass sie träumen oder an einer Sinnestäuschung leiden musste, wie sie die Menschen angeblich manchmal unmittelbar vor dem Tode heimsuchte. Und so betrachtete sie Ardina, als wäre es vollkommen natürlich, dass sie anwesend war.
    Die Elidhu schwebte ein Stück über dem Boden, reglos abgesehen von ihrem Haar, durch das ein Wind fuhr, den Maerad nicht spürte. Sie schien darauf zu warten, dass Maerad etwas sagte. Schließlich, als der Anblick nicht verschwand, verneigte sich Maerad; doch die Bewegung erwies sich als zu viel für sie, und sie rutschte an der Felswand entlang hinab, bis sie auf dem Boden saß, Ardina anstarrte und von einem unbeherrschbaren, krampfartigen Zittern geschüttelt wurde. Darob trat die Elidhu auf sie zu und legte ihr eine Hand auf die Stirn. Sie fühlte sich wie Eis an, jedoch auch knisternd voller Leben, als flösse die Kraft eines Gebirgsbaches durch ihre Adern. Maerads Schaudern verflog. »Liegst du im Sterben, meine Tochter?«, fragte Ardina. »Ich glaube, du hast dein ganzes Leben in die Musik gelegt. Ich wünschte, ich hätte dich schon zuvor gebeten zu spielen. Seit den Tagen von Afinnil habe ich keine solche Musik gehört. Doch selbst damals vermochten allein die Elidhu, mit solcher Inbrunst, solchem Können und solcher Traurigkeit zu spielen.«
    Maerad versuchte zu sprechen, aber ihre Kehle fühlte sich so ausgedörrt an, dass sie nur ein Krächzen hervorbrachte. So nickte sie nur und schluckte. Ja, sie lag im Sterben.
    »Ich glaube, du wolltest mich gar nicht rufen.« Mit schief gelegtem Kopf lachte Ardina. »Du hast vergessen, was ich sagte: Wenn du mich brauchst, solltest du mit der Flöte spielen, die ich dir gab. Doch ich vermute, du hattest einen anderen Wunsch.«
    Maerad erwiderte nichts, aber eine neue Träne rollte ihr über die Wange, und Ardina seufzte. »Ich habe dich über die Liebe gewarnt. Sterbliche verenden wie Schilf, und danach birgt der Kreislauf der Welt nur die Leere, die sie hinterlassen. Ach, meine liebe Tochter, es gibt kein Heil gegen Liebe oder Kummer. Sie sprengen alle Grenzen.«
    Ardinas Worte stachen Maerad mitten ins Herz. Sie senkte den Kopf, um das Gesicht zu verbergen. Dabei sah sie, dass sie immer noch die Flöte in den Händen hielt. Bedächtig verstaute sie das Instrument in ihrem Bündel, dann hob sie es sich auf den Schoß und umklammerte es, beinahe so, als ertränke sie. Ihre tauben Hände spürten es kaum, dennoch fühlte es sich fest, wirklich und irgendwie tröstlich an. Ardina beobachtete sie eingehend, ließ jedoch keinerlei Ungeduld erkennen.
    »Möchtest du sterben?«, fragte sie fast teilnahmslos. »Denn ich würde keinen deiner Wünsche durchkreuzen. Ich weiß, wie sich jemand fühlt, der sich den Tod herbeisehnt, dem er jedoch verweigert wird. Wenn du dich aber nicht für den Tod entscheidest, helfe ich dir. Es schmerzt mich, solches Leid in dir zu sehen, Tochter.« Mit jener innigen Anrede schmolz ein Teil der Verzweiflung dahin, die Maerads Herz wie Frost umschlossen hatte, und sie begegnete Ardinas Blick. Die entrückten gelben Augen der Elidhu wirkten sanft vor Mitgefühl. Den Bruchteil eines Lidschlags zögerte Maerad. Es wäre so einfach zu sterben, all ihrem Kämpfen und Leiden zu entsagen, dem schrecklichen Kummer zu entfliehen, der ihren

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