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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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woanders.« Argwöhnisch betrachtete Arkan sie. »Ich sagte, dass du dich heute vielleicht setzen solltest. Oder schaffst du es, während unserer Unterhaltung aufrecht stehen zu bleiben?«
    Maerad überlegte eine kurze Weile. »Ich werde mich setzen, danke.« Sie hob den Saum der Robe an, stieg auf das Podium und ging dicht vor dem Winterkönig vorbei, um den schwarzen Stuhl zu erreichen, der neben dem Thron stand. Dabei bekam sie eine Gänsehaut, als hätte ein eisiger Wind über sie gestrichen, dennoch sah sie ihn nicht an. Sie nahm Platz.
    »Das ist auch klüger«, meinte Arkan. »Ihr Menschen seid so - zerbrechlich.« Es klang nicht ganz wie eine Drohung, doch nachdem Maerad beschlossen hatte, dass sie nicht sterben, sondern flüchten wollte, spürte sie dennoch, wie ihre Gelassenheit beinahe ins Wanken geriet.
    »Das sind wir«, pflichtete Maerad ihm bei. »Aber das heißt nicht, dass wir schwach sind.« Kurz setzte sie ab. »Wann hast du meinen wahren Namen erfahren?«
    »Ich kenne die Namen von allem und jedem«, erwiderte Arkan.
    »Das stimmt nicht«, widersprach Maerad ohne Groll, dann fügte sie einer ungewissen Eingebung folgend hinzu: »Ich wette, den Namen meines Bruders kennst du nicht.«
    »Deines Bruders? Gewiss kenne ich seinen Namen, genau wie den deiner Mutter und deines Vaters. Ich weiß alles über dich, mehr als du selbst, Maerad von Pellinor, Elednor von Edil-Amarandh.« Ein Schauder kroch Maerad über den Rücken, der sich diesmal jedoch nicht gänzlich unangenehm anfühlte. »Wie lautet sein Umgangsname?«, fragte sie ihn höflich.
    »Cai von Pellinor natürlich.«
    »Nein, das stimmt nicht«, entgegnete Maerad. Dabei sah sie ihn verächtlich an, und einen Lidschlag lang erkannte sie Verunsicherung in seinem Blick. »Du lügst«, sagte er.
    »Ich lüge nicht«, gab sie zurück. »Zwar wurde ich einmal von jemandem als Lügnerin bezeichnet, aber ich weiß bis heute nicht, was er damit meinte.« Arkan lachte lange und tief. »War das der weise Mann, den zu befragen du so weit gereist bist?«, fragte er schließlich. »Und er nannte dich eine Lügnerin? Ah, das finde ich komisch.«
    »Dann weißt du, was er damit meinte?« Von ihrem Platz aus konnte Maerad dem Winterkönig unmittelbar in die Augen schauen. Sie spürte, dass er derart unverwandte Blicke nicht gewöhnt war und sie als zudringlich empfand. Mit ebensolcher Sicherheit jedoch wusste sie, dass er es nicht erwähnen würde. »Lügen ist nicht dasselbe wie nicht die Wahrheit zu sagen«, erklärte Arkan. »Elidhu lügen nicht. Warum sollten wir? Nur Menschen lügen, weil sie denken, dass Sprache für sie eine andere Wirklichkeit schaffen kann. Und dann erschaffen sie diese Wirklichkeit aus ihren Lügen. Hast du das noch nicht begriffen? Was denkst du, weshalb Sharma so ist, wie er ist? Er ist der große Lügner, und seine Lüge wurde beinahe zur ganzen Welt.«
    »Dennoch war es eine Lüge.« Maerad empfand die Unterhaltungen mit dem Winterkönig als beunruhigend; sie schienen nie in die Richtung zu gehen, die sie sich vorgestellt hatte. »Er wollte die Wahrheit zerstören.«
    »Die Wahrheit, die er zerstören wollte, war die Wahrheit, dass er sterben musste. Ich bin noch selten einem Menschen begegnet, der wirklich sterben wollte. Sharma empfand den Tod als große Kränkung und beneidete die Elidhu, weil wir nicht sterben. Was glaubst du, weshalb er unser Lied gestohlen hat? Aber selbst er, einer der größten Magier eines goldenen Zeitalters der Barden, konnte die Wahrheit nicht so gestalten, wie er wollte.«
    »Also trachtete er danach, alle Wahrheiten zu zerstören«, meinte Maerad. »Nein«, widersprach Arkan. »Eine Wahrheit kannte er: Macht. Und Macht ist das Einzige, was Menschen verstehen.«
    »Nein, so ist es nicht«, entgegnete Maerad stur. »Es gibt andere, wahrere Wahrheiten.« Sie starrte Arkan an und dachte, dass durch seine Adern, sofern er welche besaß, vermutlich Eiswasser floss; wie sollte er die Wahrheiten der Liebe, der Verwandtschaft, des Blutes verstehen? Oder jene untröstlichen Kummers und Verlangens?
    »Ich weiß, was du denkst«, sprach Arkan. Er sah sie an, und sein Blick drang tief in sie wie eine Lanze aus Eis. »Was ist mit Liebe, was mit Kummer?« »Ich glaube nicht, dass du weißt, was das ist«, erwiderte Maerad scharf. »Du hast keine Ahnung, was ich weiß.« Seine Verachtung kam unverhohlen zur Geltung, und Maerad zuckte zusammen. »Kein Mensch weiß etwas über Wahrheit. Könntest du einen kleinen

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