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Die Pension am Deich: Frauenroman

Die Pension am Deich: Frauenroman

Titel: Die Pension am Deich: Frauenroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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zu offensichtlich anzustarren. Die massige Frau wirkt wie eine verkleidete asiatische Kämpferin, nein, wie eine vom Jahrmarkt an der Kasse oder – wie das Klischee einer Puffmutter.
    Anne packt die erstandenen Vorräte in den Rucksack. Von wegen reale Frauenbilder. Was wäre, wenn sie diese feiste Person in eine Nordseeszene packen würde? Sie sieht Charlottes schnörkellose Schrift mit der freundlichen Anmerkung im Geiste bereits vor sich: Merkwürdige Beschreibung. Die Frau passt nicht an eine Supermarktkasse. Schon gar nicht in einem Küstenort an der Nordsee .
    Stimmt, Charlotte. Sie passt nicht. Ganz und gar nicht. Aber sie ist hier und sie ist echt. So wolltest du sie doch haben. Womit bewiesen wäre, dass man die Realität nicht einfach eins zu eins übernehmen und zu einem Roman verarbeiten kann. Anne lächelt zufrieden in sich hinein und geht beschwingt nach draußen.
    Gleich neben dem Supermarkt entdeckt sie einen Buchladen. Der heißt sinnigerweise »Bücherinsel«. Sie beschließt, noch einen Moment durch Buchreihen zu stöbern, bevor sie die Einkäufe in die Pension trägt. Der Laden ist einladend hell. Eine attraktive Blondine steht weiter hinten an einem schmalen Verkaufstresen. Sie sieht ihr freundlich entgegen. »Moin, kann ich Ihnen helfen?«
    »Nein, danke. Ich will mich nur ein bisschen umschauen.«
    Die Frau nickt und konzentriert sich wieder auf den Bildschirm ihres PCs. Anne schreitet bedächtig um den mittig aufgebauten Büchertisch. Ein vertrautes Gefühl durchflutet sie. Wie gerne hat sie sich als Kind zwischen den geschriebenen Geschichten aufgehalten, sich bei ihnen zu Hause gefühlt. Warum ist sie so lange in keine Buchhandlung mehr gegangen? Internet. Die Einrichtung macht es ihr noch leichter, sich zu verkriechen. Verstohlen linst Anne über die Auslage mit Frauenbüchern. Haben sie eins von Linda Loretta? Nein, nicht zu entdecken. Schade, aber sie traut sich nicht, danach zu fragen.
    »Sorry, haben Sie einen Reiseführer über die Gegend hier?«
    Der warme Klang der Männerstimme schießt Anne quer durch den Unterleib und hinterlässt dort eine beunruhigende Hitze. Wie von einem Stromschlag getroffen, bleibt sie stocksteif stehen und starrt blind auf einen Buchdeckel.
    »Ja, einige«, antwortet die Buchhändlerin. »Gleich rechts von Ihnen. Alles Nordseeküste und auch speziell über das Wangerland.«
    Anne hebt langsam den Kopf. Der Mann hat sich den heimischen Bildbänden zugewandt. Nein, natürlich ist es nicht Kees-Jan. Aber der Sound des niederländischen Akzents und der Klang seiner Stimme haben ihn atemberaubend sinnlich in ihre Nähe gebracht. Anne versucht ruhig zu atmen. Ihr ist richtig schwindlig.
    »Mama, ist der Hund tot?« Die helle Kinderstimme reißt Anne aus ihrem Gefühlsstrudel in die Realität der Buchhandlung zurück. Ein kleines Mädchen zeigt auf einen hellbraunen Labrador, der lang ausgestreckt hinter dem Tresen liegt. Für einen verwirrenden Augenblick denkt Anne, das Kind könnte recht haben. Aber die Buchhändlerin lächelt wissend. Augenscheinlich hört sie diese Frage nicht zum ersten Mal.
    »Nein, Briska ist nicht tot. Sie schläft nur. Sie ist schon eine ältere Dame. Willst du sie mal streicheln?«
    Das kleine Mädchen will. Anne nutzt die Gelegenheit und eilt nach draußen. Als müsste sie vor etwas davonlaufen. Muss sie auch. Sie will der berauschenden Wirkung dieser fremden Männerstimme so schnell wie möglich entkommen.

Kapitel 14
     
     
    Monika ruft die Privatdetektei Wendland an
     
    Monika kann sich nicht erinnern, wie das Fischbrötchen geschmeckt hat. In ihrem Kopf toben die wildesten Überlegungen: Erik Wendland. Völliger Unsinn, dass es der Erik ist, der ihr so gefährlich geworden ist. Und dazu noch ein Privatdetektiv. Lächerlich, da einen Zusammenhang zu sehen. Verfolgungsfantasien, die nur auf dem Nährboden ihres schlechten Gewissens gedeihen. Es wird eine ganz einfache Erklärung geben. Wahrscheinlich hat irgendjemand das Kärtchen unter die Windschutzscheibe geklemmt, und Frank hat es gedankenlos eingesteckt. Wie immer. Er steckt jede Werbung ein, das weiß sie doch. Diese plausiblen Gedankengänge können ihr nicht das unbehagliche Gefühl in der Magengegend nehmen. Sie hat längst beschlossen: Sie muss diesen Detektiv Wendland anrufen, um einmal seine Stimme zu hören. Sonst machen ihre Zweifel sie verrückt.
    Monika zuckt zusammen, als Frank seine Hand auf ihre Schulter legt. Er radelt neben ihr. Wie lange schon?
    »Alles

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