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Die Pension am Deich: Frauenroman

Die Pension am Deich: Frauenroman

Titel: Die Pension am Deich: Frauenroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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versetzt hat.
    »Hallo? Wer ist denn da?« Eriks Stimme klingt ungeduldig. Diese Tonart ist neu für Monika. Sie kennt ihn nur beherrscht und überaus freundlich.
    »Ich bin es«, bringt sie endlich hervor.
    »Monika«, ruft er überrascht – und erfreut. »Wo bist du? Wann können wir …«
    »Das ist jetzt unwichtig«, unterbricht sie ihn. Seine offenkundige Begeisterung macht sie ärgerlich. »Ich habe deine Visitenkarte gefunden. Und zwar im Rucksack meines Mannes.«
    Stille am anderen Ende.
    »Hast du verstanden, was ich gesagt habe?«, fragt sie harsch. Wenn sie aufgeregt ist, hat sie eine ungeheure Autorität in der Stimme.
    »Ja, ich habe gehört.« Seine hat die anfängliche Leichtigkeit verloren und klingt traurig.
    »Gut. Dann erklär mir, wie Frank zu deiner Adresse kommt. Erzähl mir jetzt nichts von dem berühmten Zufall.«
    Wieder keine Antwort.
    »Kennst du Frank? Bitte, rede!«
    »Ja, wir haben uns einmal getroffen«, gesteht Erik kaum vernehmlich.
    »Was heißt: einmal getroffen? Sprich mit mir nicht in Rätseln. Dafür habe ich echt keine Nerven. Warum, um alles in der Welt, habt ihr euch getroffen?«
    Ihre Stimme ist schneidend hart. Zwei ältere Damen, die gerade vorbeigehen, werfen ihr vorsichtige schräge Blicke zu. Monika bemerkt sie nicht.
    »Geschäftlich«, sagt Erik und räuspert sich.
    »Was heißt geschäftlich? Was sollte Frank mit dir geschäftlich zu tun haben? Du bist Privatdetektiv!«
    Sie spricht das Wort »Privatdetektiv« dermaßen angewidert aus, dass keine Zweifel bleiben, was sie von diesem Berufsstand hält.
    Beharrliches Schweigen von seiner Seite. Dabei spürt Monika durch die Leitung seine Unruhe. Wie er mit sich ringt. Warum beantwortet er nicht einfach ihre Frage? Was kann daran so schwer sein? Am liebsten würde sie ihn anschreien, er soll endlich den Mund aufmachen. Sie beherrscht sich nur mit Mühe. Aber wilde Schreierei bringt sie jetzt nicht weiter. Damit riskiert sie höchstens, dass er auflegt. Und dann? Nein, das will sie auf keinen Fall. Jetzt will sie die Wahrheit wissen und nichts als die Wahrheit. Sonst zerspringt ihr der Schädel.
    »Monika, das ist nicht so leicht zu erklären. Es tut mir entsetzlich leid«, fängt Erik stockend an zu sprechen. »Das musst du mir glauben. Ich habe mir in den vergangenen Tagen den Kopf zermartert, wie ich dir die Zusammenhänge erklären kann. Vor allem, wie ich es wieder gut machen kann.«
    »Ich verstehe kein Wort. Wie wäre es, wenn du mir einfach alles von Anfang an erzählst.«
    »Von Anfang an«, wiederholt Erik schwerfällig, als müsse er dafür über Jahre zurückdenken.
    »Ja, wenn möglich die Wahrheit!«
    »Die Wahrheit.« Er lacht traurig. »Die Wahrheit ist, dass ich mich in dich ernsthaft verliebt habe.«
    Dieses Mal antwortet Monika nicht. Das ist das Letzte, womit sie gerechnet hat. Mit einem Liebesgeständnis. Was soll das? Dafür ist es zu spät, und es vergrößert nur ihr Unbehagen. Was ist dieser Mann für ein seltsamer Mensch? Erst gibt er ihr fast zwei Wochen lang das Gefühl, wichtig für ihn zu sein. Ohne einmal eine Grenze zu überschreiten. Dann bietet er ihr Geld für eine gemeinsame Nacht. Ganz selbstverständlich. Als wäre es der normale Verlauf einer Annäherung. Normal. Was ist für ihn überhaupt normal? Der nächste Gedanke elektrisiert Monika. Was ist, wenn er den Superkick braucht? Wenn zu seinen Vorspielritualen auch die Einweihung des Ehemannes gehört. Dass er dem unter die Nase reibt: Ich habe deine Frau bald soweit. Das wäre total krank, aber …
    »Du bist völlig pervers. Macht es dir eigentlich Freude, eine Ehe zu zerstören? Was hast du Frank erzählt? Hast du bei ihm womöglich um meine Hand angehalten?«
    »Bitte – ich bitte dich. Werd jetzt nicht geschmacklos. Ich habe mit ihm …«
    »Was hast du mit meinem Mann?«, fährt Monika ungeduldig zwischen sein Gestammel.
    »Ich habe ihn einmal getroffen. Rein geschäftlich. Und der oberste Leitsatz für mein Geschäft lautet: Verschwiegenheit. Sonst könnte ich bald einpacken.«
    »Lass dieses Gefasel um deine Berufsehre! Was könnte Frank mit dir geschäftlich zu tun gehabt haben?«
    »Das sollte er dir lieber selbst erzählen.«
    »Lass das! Ich will es von dir wissen. Das bist du mir schuldig.«
    »Um dich«, antwortet Erik schlicht.
    »Wie – um mich?«, wiederholt Monika mit zitternder Stimme. Sie versucht, zu denken, aber jeder Ansatz eines Gedankens wird von einem plötzlich aufkommenden Nebel geschluckt.
    »Ach,

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