Die Pension am Deich: Frauenroman
Monika. Eben um dich«, sagt Erik liebevoll. Seine Zärtlichkeit macht sie wütend. Er hat kein Recht, zu ihr zärtlich zu sein.
»Verdammt, behandle mich nicht wie ein dummes kleines Mädchen. Sag mir lieber, was Frank von dir wollte.«
»In Ordnung, Monika. Ich habe dieses Tabu wirklich noch nie gebrochen. Aber für dich, nur für dich. Ich will nicht, dass du mich so falsch in Erinnerung behältst.«
Monika rutscht auf der Bank hin und her. Er soll erzählen, was los ist. Anscheinend hat er wirklich eine Geschichte parat. Aber was sollte Frank von ihm gewollt haben? Szenen, in denen ein Ehepartner den anderen von einem Privatdetektiv beschatten lässt, drängen sich in ihr Bewusstsein. Unsinn. Das sind Filme. Was sollen sie mit ihr und Frank zu tun haben? Sie leben in der Wirklichkeit. Und sie führen eine durchschnittliche Ehe. Zu durchschnittlich, wie sie in der letzten Zeit bemerkt hat.
»Bitte, fang an zu erzählen!« Monika zwingt sich zu einem freundlich sachlichen Tonfall. Dabei würde sie ihn am liebsten anbrüllen, dass er es nicht so spannend machen soll und sie ihm jedes Wort aus der Nase ziehen muss. Aber sie befürchtet, dass er dann auflegt. Das würde sie nicht aushalten.
»Dein Mann hat mich kontaktiert und gebeten, dich zu observieren«, beginnt Erik förmlich.
Monikas Unterkiefer rutscht nach unten. Observieren. Wie das klingt? Wie aus einem Krimi.
»Hat Frank etwa geglaubt, dass ich fremdgehe?« Sie kann sich einen zynischen Unterton nicht verkneifen. Immerhin ist sie durch diesen absurden Beschattungsauftrag erst in die Gefahr des Ehebruchs gekommen.
»Das ist nahe an der Wahrheit«, hört sie Erik ruhig antworten. Er hat sich gefangen und erzählt weiter: »Dein Mann hat einen Brief, der an dich adressiert war, geöffnet.«
»Er hat einen Brief von mir geöffnet?« unterbricht ihn Monika ungläubig. Seit wann öffnet Frank ihre Post? Das hat er noch nie getan.
»Das würde er niemals tun!«, verteidigt sie ihn im Brustton der Überzeugung. »Neben Frank kann ich mein Tagebuch liegen lassen. Er würde nicht ohne meine Erlaubnis darin lesen.«
»Du hast viel Vertrauen zu ihm«, stellt Erik mit einem gekränkten Unterton fest. »Dann hör dir erst einmal an, was dein Frank so alles treibt, bevor du ihn weiter so vehement verteidigst.«
Monika spürt einen schmerzhaften Stich in der Herzgegend. Am liebsten würde sie nichts mehr hören. Gleichzeitig weiß sie, das Misstrauen würde sie auffressen.
»Zurück zu dem Brief. Er war an dich gerichtet. Absender: Dein Verehrer. Handschriftlich. Deshalb hat Frank ihn geöffnet. In dem Brief schreibt dein angeblicher Verehrer, dass er sich in dich verliebt hätte. Ernsthaft. Er wüsste, dass man das nicht dürfte. Aber er könnte sich gegen seine Gefühle nicht wehren, sie wären zu stark. Er wollte dir seinen Schutz anbieten. Eine Ehe mit ihm, um nicht weiter im Bordell arbeiten zu müssen. Dafür wärst du zu schade. Er hat sich in dem Brief auch entschuldigt, dass er heimlich deine Tasche durchsucht hat. Aber er hätte deinen Namen und deine Adresse einfach haben müssen. Er hätte nur aus Liebe spioniert und hofft, dass du ihm das verzeihen würdest.«
Monika ringt nach Luft. »Ich verstehe kein Wort. Wieso hat sich jemand in mich verliebt? Noch dazu in einem Bordell. Was ist das denn für eine abgefahrene Geschichte?«
»Diese Fragen hat sich dein Gatte auch gestellt. Zu deren Klärung ist er aber nicht zu dir gekommen. Was naheliegend gewesen wäre. Soviel zum Vertrauen deines Mannes. Nein, er hat bei mir im Büro angerufen und mir den Auftrag gegeben, deinen Tagesverlauf zu protokollieren.«
In Monikas Ohren rauscht das Blut wieder so laut, dass sie Erik kaum verstehen kann. »Weiter«, fordert sie ihn dennoch mühsam beherrscht auf.
»Er hat mir zu verstehen gegeben, dass es sich nur um eine Verwechslung handeln kann. Warum er mich dann braucht, habe ich ihn selbstverständlich nicht gefragt. Auftrag ist Auftrag. Er hat mir gesagt, wo und wie du deine Freizeit verbringst. Beziehungsweise, was du ihm erzählst. Du würdest gerade einen Segelschein machen. Erst wärst du abends zum Unterricht gegangen, und nun beginnen nach Feierabend die Übungen auf dem Maschsee. Das kam ihm plötzlich völlig abwegig vor. Zumal die Witterung noch so kühl war. Und so bin ich bei dir auf der Jolle gelandet.«
»Warum? Ich meine, Frank hätte mich einfach fragen können! Und du hättest deinen Job auch nicht so ernst nehmen müssen. Oder verbringst
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