Die Pensionslüge: Warum der Staat seine Zusagen für Beamte nicht einhalten kann und warum uns das alle angeht (German Edition)
Haushalte sanieren wollen. Deutschland hat eine leistungsfähige Wirtschaftskraft. Dennoch kann es sich eine solche Nonchalance in der Finanzplanung auf Dauer nicht mehr leisten. Die deutsche Wirtschaftskraft basiert auf der Stärke als Exportnation und ist auf ein wirtschaftlich gesundes Europa angewiesen. Damit ist es in einem wirtschafts- und finanzpolitischen Abwärtssog, wie er durch die europäische Staatsschuldenkrise entstehen kann, rasch vorbei.
In dieser Krise empfiehlt die Bundesregierung anderen Ländern, dringend zu sparen. Die deutsche Schuldenbremse soll ebenfalls zum Exportschlager werden. Was das eigene Land angeht, darf die Frage gestellt werden, wie ernst das Sparen eigentlich genommen wird. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble packt auf die bestehenden Schulden von mehr als zwei Billionen Euro trotz üppiger Steuereinnahmen für 2012 noch einmal 26 Milliarden drauf. Die Länderfinanzminister machen es in der Mehrzahl nicht viel anders. Es ist, als wollten die Regierenden in Berlin und den Ländern den Nachweis für die These liefern, dass Demokratien, solange sie sich nicht in einer existenziellen Notlage befinden und finanzpolitisch unter Kuratel gestellt werden, systemisch unfähig sind, nur so viel auszugeben, wie sie auch einnehmen. Doch die Zeichen der Zeit weisen in den Euro-Ländern und darüber hinaus in Amerika und Japan überdeutlich darauf hin: Die Ära der stetig wachsenden Staatsschulden ist zu Ende. Unwiderruflich. Mit Gelddrucken wird es auf Dauer nicht getan sein, auch wenn das bei den USA, Großbritannien oder Japan derzeit von denFinanzmärkten noch mit niedrigeren Zinsen honoriert wird. Gegen diese Politik stellt sich die Bundesregierung zumindest vorerst ohnehin. Doch keines der Industrieländer – ob arm oder noch reich – wird über kurz oder lang daran vorbeikommen, Strategien zu entwickeln, wie man einigermaßen sozialverträglich und konjunkturschonend aus dem notorischen Schuldenmachen herausfindet.
Wahrscheinlich werden sich die alten Schulden nur begrenzt abtragen lassen. Umso mehr aber muss wenigstens die Neuverschuldung drastisch gestutzt und schnellstmöglich auf null gefahren werden. Das heißt: Moderne Industriegesellschaften müssen mit weniger Wachstum auskommen. Sie müssen sich womöglich sogar einschränken. Eine nach Jahrzehnten ständigen Mehr-Konsums ungewohnte Übung für Politiker und Bürger gleichermaßen, die es in der Vergangenheit stets gerne sahen, wenn die Politik an sie eine Vielzahl von finanziellen Vergünstigungen verteilte. Es heißt also, Abschied nehmen von lieb gewonnenen Gewohnheiten.
Beamte haben sehr lange, besonders, wenn sie in den Ruhestand treten, vom Leichtsinn der Politik profitiert. Das ist ihnen nicht vorzuwerfen. Alle haben nur allzu gerne daran geglaubt, dass der Staat das alles schon richten werde. Doch der Staat kann es nicht mehr richten. Das ist die große Lehre der Finanz- und Staatsschuldenkrise der letzten zwei Jahre. Bund und Länder sind an den Grenzen ihrer finanziellen Leistungskraft angekommen. Das gilt in ganz besonderem Maß für den Öffentlichen Dienst. Deshalb wird die Politik hier auch um eine Reform, vor allem bei der Altersversorgung für Beamte, nicht herumkommen. Dazu wird sie eine immer wachsamer werdende Öffentlichkeit drängen, der immer neue Sparopfer und Leistungseinschnitte abverlangt werden. Die Menschen werden nicht mehr bereit sein, das weitere Auseinanderdriften der beiden Alterssicherungssysteme von Renten und Pensionen hinzunehmen.
Eigentlich müssten dies auch die deutschen Gewerkschaften erkennen. In Krisenzeiten haben sie – mit beachtlichemErfolg – ihren Mitgliedern auf der einen Seite größte Härten zum Erhalt der eigenen Arbeitsplätze und bei der künftigen Sicherung der Sozialsysteme zugemutet. Gleichzeitig aber ermöglicht der Deutsche Beamtenbund seinen Mitgliedern in vielerlei Hinsicht eine Sonderrolle. Auch innerhalb des Beamtenbunds selbst müsste es eigentlich brodeln, denn hier stehen sich junge und alte Beamte gegenüber: Die einen müssen niedrigere Einstiegsgehälter akzeptieren, Beiträge für ihre eigene Alterssicherung zahlen und auf Aufstiegsmöglichkeiten verzichten. Auf der anderen Seite freuen sich Ruhestandsbeamte über eine vergleichsweise üppige Alters- und Krankenabsicherung.
Die Zeit drängt. In den nächsten Jahrzehnten kostet uns die Versorgung der in Ruhestand gehenden deutschen Beamten ungefähr so viel, wie uns der Aufbau Ost in
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