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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Paruschjati hatten sie aus dem Palast in das Landhaus ihres
Schwiegervaters begleitet, das vor den Toren der Stadt lag. Am Morgen hatten
sie sich auf den Rückweg gemacht, mit einer Eskorte von Schildträgern. Die
Bewachung der Gefangenen war inzwischen deutlich weniger streng. Wohin hätten
sie jetzt auch fliehen können – zu Darajavahusch etwa?
    Hufgetrappel hallte zwischen den hohen Mauern zu beiden
Seiten der Prozessionsstraße wider. Paruschjati wandte sich um. Ein Reiter
sprengte aus dem Tor. Er ritt die Straße herunter und an ihr vorbei, ohne Notiz
von ihr zu nehmen. Doch bei Damaspias Wagen zügelte er sein Pferd und sprach
mit dem Befehlshaber der Schildträger, der antwortete und dabei in Paruschjatis
Richtung zeigte.
    „Es ist alles in Ordnung!“, rief Paruschjati.
    Sie hatte den Reiter sofort erkannt. Ihr Herz pochte, und
sie hoffte inständig, dass sie wenigstens nicht rot wurde.
    Hephaistion stieg ab und kam zu ihr herüber, wobei er sein
Pferd am Zügel hinter sich herführte. Er war der oberste Befehlshaber der
Schildträger, und die Eskorte unterstand seiner Verantwortung. Als er den Wagen
am Straßenrand stehen sah, musste er überprüfen, ob es Probleme gab.
    „Ich wollte nur die Löwen aus der Nähe betrachten“, erklärte
ihm Paruschjati. „Früher habe ich sie oft bewundert, aber ich konnte sie immer
nur von Weitem sehen.“
    Hephaistion trat neben Paruschjati und betrachtete den
Löwen. Mannuja, ein paar Schritte entfernt, behielt ihn misstrauisch im Auge.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Paruschjati, dass ihre Mutter im Wagen die
Vorhänge ein klein wenig zur Seite geschoben hatte und durch den Spalt besorgt
zu ihnen herübersah.
    „Ja, die Löwen sind beeindruckend“, sagte Hephaistion und
lächelte. Er streckte die Hand aus und ließ sie über das Relief der Mähne
gleiten, wie Paruschjati kurz zuvor. „Die Löwen, die Stiere und auch die
anderen Tiere, die so viele Mauern in Babylon schmücken. Etwas wie diese glasierten
Ziegel habe ich nirgendwo sonst gesehen. Die halbe Stadt schimmert in diesem
Blau.“
    „In Schuscha gibt es ähnliche Reliefs“, erwiderte
Paruschjati. „Nicht nur in Blau, auch in vielen anderen Farben. In Parsa
allerdings nicht …“ Sie musste sich so ausdrücken, dass er verstand, was sie
meinte. „Ich meine natürlich Persepolis. In Persepolis gibt es auch Reliefs,
aber sie bestehen nicht aus glasierten Ziegeln, sondern aus Stein. In
Persepolis ist alles aus Stein, nicht aus Ziegeln wie in Schuscha, ich meine
Susa, oder wie hier in Babiru, nein Babylon …“
    Sie merkte, dass sie Unsinn redete. Aus Höflichkeit hörte er
ihr zu und lächelte, aber sicherlich langweilte sie ihn zu Tode. Gleich würde
er auf sein Pferd steigen und weiterreiten. Sie musste sich etwas ausdenken, um
das zu verhindern, und zwar schnell.
    „Kannst du mir dein Pferd leihen?“
    „Bitte?“ Er lächelte immer noch, höflich, aber verblüfft.
    „Früher habe ich mir oft vorgestellt, wie es wäre, die
Prozessionsstraße hinauf zum Ischtar-Tor zu reiten, während die Löwen mir
entgegenkommen.“
    „Ich verstehe.“ Er tätschelte den Hals seines Pferdes. Es
war ein Grauschimmel mit üppiger, silbriggrauer Mähne. „Ich würde dir mein
Pferd gern leihen. Sein Name ist Xenos. Allerdings ist er heute Morgen etwas
unruhig. Kannst du denn reiten?“
    Mannuja verschränkte die Arme vor der Brust und fixierte
Hephaistion feindselig. Der Spalt zwischen den Vorhängen war größer geworden.
    „Natürlich!“, beteuerte Paruschjati. „Persische Frauen
können hervorragend reiten. Wir können auch mit dem Bogen umgehen und nehmen an
der Jagd teil. Wir sitzen nicht einfach nur herum wie die griechischen Frauen.“
    „Wenn das so ist …“
    Er führte sein Pferd zu ihr und machte Anstalten, ihr
heraufzuhelfen. Mannuja ließ die Arme sinken und versteifte sich. Dann ein
Geräusch vom Wagen. Damaspia hatte die Wagentür geöffnet und stieg heraus. Auf
ihrem Gesicht lag ein maskenhaftes Lächeln, als sie zu Paruschjati und
Hephaistion herüberkam.
    „Paruschjati, du bist aufdringlich. Hör auf, den Offizier zu
belästigen.“ Furcht strahlte von ihr aus wie Wärme von einem Ofen.
    „Sie belästigt mich nicht. Wir wollen nur der
Löwenprozession entgegenreiten.“ Hephaistion setzte sein gewinnendstes Lächeln
auf. „Haben wir deine Erlaubnis?“
    Damaspia sprach kaum Griechisch, es reichte gerade so eben.
Sie nickte, doch ihre Finger krampften sich um den Saum ihres

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