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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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menschlicher Ursachen und Wirkungen unterliegt; denn obwohl die göttliche Macht den gesamten Plan der Natur entworfen hat und die Natur in ihrem Lauf unterhält, hat es doch die gleiche Macht für gut befunden, Ihre eigenen tätigen Beziehungen zum Menschen, sei es die der Gnade oder die der Bestrafung, auf dem gewöhnlichen Wege natürlicher Ursachen verlaufen zu lassen, und es gefällt Gott, vermittels dieser natürlichen Ursachen als Seiner gewöhnlichen Wirkensweise zu handeln, wobei Er sich nichtsdestoweniger als Ausnahme Seine Macht vorbehält, auf übernatürliche Art zu handeln, wenn Er dazu Anlaß sieht. Nun ist es klar, daß im Falle einer Seuche kein zwingender außergewöhnlicher Anlaß für ein übernatürliches Eingreifen besteht, da doch der gewöhnliche Lauf der Dinge vollständig ausreichend und all der Wirkungen fähig zu sein scheint, die der Himmel im allgemeinen mit dem Ausbruch einer Seuche beabsichtigt. Unter diesen Ursachen und Wirkungen ist diese unsichtbare Übertragung der Krankheit, durch ihre Nichtwahrnehmbarkeit und Nichtvermeidbar-keit, ein mehr als ausreichendes Mittel, die Unerbittlichkeit der göttlichen Rache durchzusetzen, ohne daß man deshalb von übernatürlichen Ereignissen und Wundern zu sprechen braucht.
    Die Krankheit selbst war von so scharf eindringender Natur, und die Ansteckung wurde auf so unmerkliche Art empfangen, daß auch die genaueste Vorsicht, so sehr sie angebracht war, uns nicht sichern konnte. Aber man muß mir die Ansicht zugestehen, und ich habe frisch in meiner Erinnerung so viel Beispiele, die mich davon überzeugen, daß ich glaube, niemand wird ihrer Beweiskraft widerstehen können – ich sage, man muß mir erlauben, der Ansicht zu sein, daß kein Mensch in unserer ganzen Nation sich je die Krankheit oder die An-247

    steckung zuzog, es sei denn er empfing sie auf dem gewöhnlichen Wege der Übertragung von jemandem oder von jemandes Kleidern oder jemandes Berührung oder Ausdünstung, der sie vorher selbst empfangen hatte.
    Die Art und Weise, in der sie zuerst nach London gelangte, beweist dies ebenfalls, nämlich vermittels der Handelsgüter, die von Holland herübergebracht wurden und die dorthin aus der Levante eingeführt worden waren; dann ihr erstes Ausbrechen in einem Haus am Long Acre, wo diese Güter angeliefert und zuerst geöffnet worden waren; ihre Ausbreitung von diesem Haus auf andere Häuser durch den Verkehr mit solchen, denen man die Krankheit nicht ansah; die Infizierung von Gemeindebeamten, die mit den Toten zu tun hatten, und ähnliches mehr.
    Dies sind anerkannte Beweise für meinen Hauptgrundsatz, daß die Pest von Person zu Person und von Haus zu Haus voranschritt, und nicht anders. Eine Nachbarin, die von der Erkrankung der Dame aus dem ersten Haus hörte, ging sie zu besuchen und kam nach Hause und brachte ihrer Familie die Pest mit, und sie starb und mit ihr alle in ihrem Haushalt. Von einem Geistlichen, den man gerufen hatte, mit der ersten Kranken in dem zweiten Haus zu beten, hieß es, er sei sofort krank geworden und mit mehreren aus seiner Familie gestorben.
    Da wurden die Ärzte nachdenklich, denn sie hätten nicht im Traum gleich an eine allgemeine Seuche gedacht. Aber die Ärzte, die nun entsandt wurden, die Leichen zu untersuchen, versicherten der Bevölkerung, daß es nicht mehr und nicht weniger als die Pest sei, mit allem Entsetzlichen, was dazuge-hört, und daß die Gefahr einer allgemeinen Verseuchung bestehe, da bereits so viele Leute mit den Kranken und Infizierten in Berührung gekommen seien und, wie man annehmen könne, sich von ihnen die Ansteckung geholt hätten, daß es unmöglich sei, dem noch Einhalt zu gebieten.
    Hier stimmte die Meinung der Ärzte mit dem, was ich später beobachtete, überein, nämlich daß die Gefahr sich unmerklich 248

    verbreitete; denn die Kranken konnten niemanden anstecken als diejenigen, die sich ihnen bis auf Reichweite näherten, aber der eine Mann, der zwar die Infektion empfangen hat, es aber nicht weiß, sondern frei überall herumgeht wie ein Gesunder, der kann die Pest an tausend Leute weitergeben, und die wiederum an eine entsprechend noch größere Anzahl, und weder die Person, die die Infektion weiterträgt, noch die, die sie empfängt, weiß etwas davon, und vielleicht fühlen sie die Wirkungen auch einige Tage danach noch nicht.
    So bemerkten zum Beispiel viele Personen in dem Verlauf dieser Heimsuchung, daß sie infiziert waren, erst dann, als sie zu ihrer

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