Die Pest zu London
dieser, zu unternehmen.«
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JOHN: »Nun, Bruder, unter diesen Umständen sind wir schlimmer daran als irgend jemand sonst, denn wir können weder weggehen noch hier bleiben. Ich komme mir wie einer der Aussätzigen von Samaria vor; wenn wir hier bleiben, müssen wir sicherlich sterben; ich meine besonders, so wie es um dich und mich bestellt ist, mit keinem eigenen Wohnhaus und ohne eine Unterkunft in jemandes anderen Haus. In einer solchen Zeit wie jetzt kann man nicht auf der Straße liegen; ebensogut könnten wir sogleich in den Totenkarren steigen.
Darum sage ich, wenn wir hier bleiben, werden wir bestimmt sterben, und wenn wir fortgehen, können wir höchstens sterben; ich bin dafür, wir gehen.«
THOMAS: »Du willst gehen? Wohin willst du gehen, und was kannst du machen? Ich würde ebenso gern fortgehen wie du, wenn ich wüßte wohin. Aber wir haben keine Bekannten, keine Freunde. Hier sind wir geboren, hier müssen wir sterben.«
JOHN: »Schau her, Tom, das ganze Reich ist mein Geburts-land, nicht nur diese Stadt. Du könntest gerade so gut sagen, ich dürfe nicht aus dem Haus gehen, wenn es brennt, wie du sagst, ich dürfe die Stadt nicht verlassen, in der ich geboren wurde, wenn sie mit der Pest verseucht ist. Ich bin in England geboren, und ich habe ein Recht, in England zu leben, wenn ich kann.«
THOMAS: »Aber du weißt, jede vagabundierende Person kann, nach den Gesetzen Englands, aufgegriffen und zu ihrem letzten Wohnort zurückbefördert werden.«
JOHN: »Aber wie wollen sie aus mir einen Vagabunden machen? Ich möchte nichts als weiterwandern, und meine Gründe sind gesetzlich.«
THOMAS: »Aus welchen gesetzlichen Gründen können wir wohl vorgeben zu reisen oder besser zu wandern? Sie werden sich mit Worten nicht abspeisen lassen.«
JOHN: »Ist Flucht, um unser Leben zu retten, kein gesetzli-160
cher Grund ? Und wissen sie nicht alle, daß es nur allzu wahr ist? Niemand kann sagen, wir lügen.«
THOMAS: »Aber angenommen, sie lassen uns passieren, wohin sollen wir gehen?«
JOHN: »Irgendwohin, wo unser Leben sicher ist; das zu überlegen, ist Zeit genug, wenn wir aus dieser Stadt draußen sind. Wenn ich erst einmal von diesem schrecklichen Ort fort bin, dann ist es mir gleich, wohin ich gehe.«
THOMAS: »Wir werden in die schwierigsten Umstände geraten. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
JOHN: »Nun, Tom, überleg dir’s noch ein bißchen.«
Dies war gegen Anfang Juli; und obwohl die Pest im Westen und Norden der Stadt Fortschritte machte, so waren doch ganz Wapping, wie ich vorher schon sagte, und Redriff und Ratcliff und Limehouse und Poplar, kurz, Deptfort und Greenwich waren auf beiden Flußseiten von der Hermitage und dem entsprechenden Punkt gegenüber ganz bis nach Blackwell hinunter vollkommen frei; es war nicht eine einzige Person in der ganzen Stepney Pfarre an der Pest gestorben, und keine einzige auf der Südseite der Whitechapel Straße, nein, niemand in all diesen Pfarren; und doch war die Zahl auf dem Totenregister in der gleichen Woche auf 1006 gestiegen.
Es war erst vierzehn Tage später, als die beiden Brüder sich wieder trafen, und dann sah der Fall ein wenig anders aus, und die Pest war außerordentlich weit vorangeschritten und die Zahl ihrer Opfer noch größer geworden; das Totenregister zeigte jetzt 2785 und stieg ungemein an, obwohl immer noch die beiden Flußufer, wie gesagt, sich recht gut hielten.
Aber es fingen bereits in Redriff die ersten zu sterben an, und fünf oder sechs auch in Ratcliff Highway, als der Segelmacher, ziemlich außer Atem und verschreckt, zu seinem Bruder John kam; man hatte ihm schlechtweg seine Wohnung gekündigt, und er hatte nur eine Woche Zeit, sich umzusehen. Sein Bruder John war nicht besser dran, denn er war schon ausquartiert und 161
hatte lediglich von seinem Meister, dem Zwieback-Bäcker, die Erlaubnis erbettelt, in einem Schuppen, der zur Werkstatt gehörte, zu bleiben, wo er nur auf Stroh schlief, über das ein paar Zwiebacksäcke oder Brotsäcke gebreitet wurden, und sich mit einigen von den gleichen Säcken zudeckte.
Jetzt beschlossen sie, da sie sahen, daß jede Beschäftigung für sie zu Ende und keine Arbeit und kein Lohn zu bekommen war, sich so gut es ging durchzuschlagen, um aus dem Bereich der gräßlichen Seuche zu entkommen; und mit ein wenig gutem Haushalten würden sie versuchen, von dem, was sie hatten, zu leben, solange es reichte, und für das weitere arbeiten, wenn sie irgendwo
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