Die Pestärztin
auf den edelsten Stoffballen bereitete, Lucia besten Wein kredenzte und sie mit Duftwässern und wohl gewürzten Speisen aus dem Orient verwöhnte.
»Das gehört dir doch alles nicht ... «, meinte sie vorwurfsvoll, obwohl es eigentlich nicht das war, was sie beunruhigte. Eher fürchtete sie die Entdeckung. Zwar arbeitete Davids Lehrherr am Sonntag meist zu Hause, aber er konnte ja doch mal etwas vergessen haben oder aus irgendeinem anderen Grund in seinem Lagerhaus auftauchen. Auch Juda ben Eliasar, Leas Verlobter, mochte hereinschneien, oder irgendein Kontorist oder Sekretär. Außerdem bedrängte David sie in der vermeintlichen Sicherheit geschlossener Räume noch stärker als draußen in den Feldern oder am Flussufer. Er wollte mehr als die unschuldigen Zärtlichkeiten, die Lucia gern mit ihm tauschte. Der junge Mann wollte sie ganz, und seine Beteuerungen, dafür auch seine Familie, sein Erbe und seinen Glauben opfern zu wollen, wurden immer fester und glühender. Inzwischen hatte er auch Lucia so weit, ernstlich über eine Ehe mit David nachzudenken. Schließlich empfand sie Liebe und Zärtlichkeit für ihn. Sie wünschte sich durchaus, ihm beizuliegen, und manchmal musste sie sich zwingen, ihm die letzte Erfüllung zu verweigern.
Dazu wäre er wohl ihre einzige Chance auf einen Ehemann, wenn auch kaum auf eine gesicherte bürgerliche Existenz. David würde völlig mittellos dastehen, wenn er sich wirklich von seiner Familie lossagte. Ein eigenes Handelshaus würde er ohne Kapital nicht gründen können, und irgendwo eine Stellung zu finden dürfte auch fast unmöglich sein. Praktisch alle Kaufleute waren Juden. Der Fernhandel, auf den Davids Ausbildung ihn von Kindheit an vorbereitet hatte, war ganz in jüdischer Hand, und einen Abtrünnigen würden sie nicht einstellen. David konnte sich also höchstens irgendwo als Hilfsarbeiter oder Knecht verdingen oder versuchen, als Stadtbüttel oder Wächter eine Arbeit zu finden. Leicht war das nicht, und ordentlich vergütet war es auch nicht. Lucia und David stünde ein Leben in Armut bevor, ohne Familie und Freunde.
Das alles ließ Lucia immer wieder zurückschrecken, aber David war entschlossen, auch hier eine Lösung zu finden.
»Lea wird uns unterstützen! Als Judas Frau ist sie reich, und sie besitzt auch jetzt schon einiges an Schmuck. Wenn wir wirklich weglaufen, könnten wir das alles haben, sagt sie. Vielleicht reicht es ja, um ein kleines Geschäft aufzubauen. Du musst es nur wollen, Lucia, Geliebte!«
Lucia wusste, dass sie spätestens vor dem Winter eine Entscheidung treffen musste. Wenn das Wetter keine Ausritte und Rasten in der freien Natur mehr erlaubte, würde David auf regelmäßige Treffen im Kontor bestehen. Irgendwann würde man sie ertappen - ein Ereignis, vor dem es Lucia graute. Sie mochte von zweifelhafter Herkunft sein, aber bisher hatte sie ihre Ehre stets gewahrt. Es war ihr wichtig, gut angesehen und tugendhaft zu sein. Al Shifas endlose Predigten darüber, ihre Jungfräulichkeit unbedingt zu bewahren, klangen ihr noch in den Ohren. Nicht auszudenken, wenn man sie hier nackt im Kontor ihres jüdischen Galans entdeckte, auf einem Lotterbett aus Seide, behängt mit fremdem Schmuck.
Nach dem ersten Sabbatabend im Haus der Speyers lud Lea ihre Freundin immer mal wieder ein, mit ihnen zu speisen, und neuerdings sperrten ihre Eltern sich nicht mehr dagegen. Das Mädchen benahm sich schließlich demütig und tugendhaft, kam erst nach den Sabbatgebeten und gab freundlich und bescheiden Auskunft über sein Fortkommen bei Meister Friedrich. Sarah und Benjamin gelangten langsam zu der Ansicht, vielleicht doch etwas überreagiert zu haben, als David ihr damals ein paar verliebte Blicke zuwarf. Jetzt jedenfalls nahm der Junge kaum Notiz von ihr, sondern verdrehte allenfalls die Augen, wenn sie mit Lea die üblichen »Mädchengespräche« führte. Sarah sah sich jetzt auch schon nach einer Frau für ihn um. Gleich wenn Esra und Lea ihre Hochzeit gefeiert hatten, würde sie sich auch um ihren jüngeren Sohn kümmern.
Eine andere Frau im Haushalt der Speyers hatte jedoch schärfere Augen. Al Shifa machte gerade Davids offensichtliches Desinteresse an Lucia argwöhnisch. Der Junge war schließlich aus Fleisch und Blut! Wie konnte er ein inzwischen voll entwickeltes, wohl gewachsenes und mit verführerischen Rundungen gesegnetes Frauenzimmer übersehen?
Die Maurin behielt folglich beide im Auge, und mitunter meinte sie Blicke aufleuchten zu
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