Die Pestglocke
Blut. Wir überprüfen jetzt, ob es sich möglicherweise um TBC handelt.«
»Dr. Abdulmalik sagte etwas von Hautgeschwüren.«
»Ja. Eitrige Wunden, die im Gesicht und am Oberkörper aufgebrochen sind.«
»Könnte es Lungenpest sein?« Das war eine noch tödlichere Form der Krankheit, die ihre Opfer häufig dahinraffte, ehe sich überhaupt Beulen bilden konnten.
»Wie gesagt, Illaun, es findet sich kein Hinweis auf den Bazillus in seinem Blut.«
»Dein Kollege sagte etwas von einem Problem mit dem Immunsystem?« Mal sehen, ob Fran recht gehabt hatte.
»Das … Dazu kann ich im Augenblick nicht viel sagen, Illaun. Ich muss erst mit jemandem sprechen, der seine Krankengeschichte kennt – am besten ein Verwandter oder Partner. Deshalb rufe ich unter anderem an. Der Mann war seit seiner Wiedereinlieferung mehr oder weniger ständig bewusstlos, deshalb konnten wir keine Informationen mehr aus ihm herausbekommen. Als er gestern eingeliefert wurde, vermied er es sogar, uns seine Adresse zu sagen. Vielleicht findet sich etwas in seiner Personalakte.«
»Ich schaue gleich mal nach. Nur noch eins -gibt es schon irgendwelche Resultate von den Proben aus dem Sarg?«
»Nein. Aber meines Wissens führen sie eine PCR-Analyse durch, wenn da also etwas lauert, finden sie es.«
Ich wusste, dass man mithilfe der Technik der polymeren Kettenreaktion Mumiengewebe analysiert hatte, sogar fossile Knochen. Eine winzige Menge genetischen Materials ließ sich auf diese Weise verstärken und studieren, sodass man selbst die DNS von Viren und Bakterien identifizieren konnte.
Ich bat Cora, mich unbedingt über jede Veränderung von Terrys Zustand auf dem Laufenden zu halten. Dann legte ich das Telefon erneut beiseite und aß meinen Apfel zu Ende; meine Gedanken waren nun bei Terry. Er mochte nicht die Beulenpest haben, aber seine Symptome ähnelten beängstigend jenen, die der Franziskanermönch John Clyn aus Kilkenny beschrieb: »Viele wurden von Flecken, Eiterbeulen und Geschwüren befallen ... andere spuckten Blut.« So stand es in seinem Bericht über den Schwarzen Tod, als dieser im Spätsommer 1348 seine Reise durch Irland begann.
Ich ging ins Büro und holte die Personalakten hervor. Die von Terry enthielt keinerlei nützliche Informationen, keine Kontaktnamen, Adressen oder Telefonnummern. Was ich allerdings zwischen seinen vierzehntägigen Gehaltsabrechnungen bemerkte, war eine Reihe von fotokopierten Schecks, die auf ihn ausgestellt waren und neben die Peggy die Bemerkung »Vorschuss« gesetzt hatte. Anscheinend hatte ihr Terry gelegentlich einen Betrag entlockt, der ihn bis zum nächsten Zahltag über Wasser hielt, und ich sah, dass die Summen korrekt abgezogen und verbucht waren. Ich blätterte bis zur letzten Gehaltsabrechnung für die eben zu Ende gegangene Woche weiter, die auch den Bonus enthielt, und sah, dass Peggy ihn am Montag an ihn ausbezahlt hatte, statt erst am Donnerstag.
In einem gesonderten Hefter waren Terrys Fehltage wegen Krankheit vermerkt. Es war eine beträchtliche Zahl von Tagen, die er sich in den drei Monaten der Ausgrabung aus gesundheitlichen Gründen frei genommen hatte. Neben einen der Einträge – einem Freitag – hatte Peggy eine Notiz gekritzelt: Terry J. – fehlt wegen Krankheit, aber Wachdienst am Wochenende okay. Ben A. holt Scheck.
Ich wusste, dass die beiden manchmal ihre nächtlichen Wachdienste tauschten. Hier war nun ein weiterer Hinweis auf ihre Freundschaft. Vielleicht konnte Ben Adelola ein paar Lücken in Terrys Lebenslauf schließen.
Ich nahm mir Bens Akte vor und fand seine Adresse. Er wohnte vier Hausnummern von Fran entfernt. Deshalb hatte sie ihn vorhin auf der Brücke erkannt. Ich dachte über sein Verhalten dort nach. Falls es ihn beunruhigt hatte, dass wir ihn mit Darren Byrne zusammen sahen – war das der Grund dafür, weil er Informationen an ihn weitergab? Aber worüber – über die Statue, die ihm aus irgendeinem Grund Angst machte?
Ich schloss die Schublade des Aktenschranks; Gayle hatte gesagt, dass Ben einen neuen Job als Nachtwache anfing. Wenn das stimmte, dann war er inzwischen wohl zur Arbeit gegangen. Ich würde am nächsten Tag bei ihm vorbeischauen müssen.
12. Kapitel
N achdem ich am Sonntag mit dem Chor in der Sieben-Uhr-Messe gesungen hatte, ging ich den Mittelgang zum nördlichen Querschiff hinunter, um einen Blick auf das Buntglasfenster zu werfen, das der Muttergottes von Castleboyne gewidmet war. Das Mittelfenster zeigte sie –
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