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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Zimmer mit Beifuß ausgeräuchert und sich danach von Kopf bis Fuß gewaschen. Jetzt brannte nur noch eine einzige Kerze, wie immer, wenn sie Ludwig erwartete. Auf dem Tisch stand ein Krug mit Wein. Ihm wie sonst Brot und Schinken anzubieten hatte sie nicht über sich gebracht. Alles sah beinahe so aus wie immer – und dennoch war nichts wie bisher.
    Johannas Hände fühlten sich feucht an, und obwohl sie verschwenderisch mit Rosenessenz umgegangen war, erschien ihr der eigene Körper ebenso muffig wie der ganze Raum. Für ein paar Augenblicke hatte sie sogar erwogen, die alte Sybe, die am Kreidemarkt ihre Liebeszauber vertrieb, zu Rate zu ziehen, aber was konnte das schon helfen?
    Vorhin hatte sie lauten Donner gehört. Vielleicht würde ein Regenguss die dräuende Hitze endlich vertreiben.
    Sabeth war den ganzen Abend über quengelig gewesen wie ein übermüdetes Kind, das die Augen kaum noch offen halten konnte, und hatte sich dennoch nur mit großer Mühe in ihre Kammer bugsieren lassen. Johanna ertappte sich dabei, wie sie unwillkürlich auf Zehenspitzen ging, nachdem sie das Fenster weiter geöffnet hatte, und rief sich mit einem bitteren Lachen zur Vernunft. Wenn stimmte, was Hennes behauptet hatte, war es gleichgültig, ob jemand den Bader bei ihr entdeckte. Aber konnte ihr Geliebter tatsächlich die Stirn besitzen, sie derart dreist anzulügen?
    Als sie das vereinbarte Klopfen hörte, nahm sie die Kerze, lief die Treppe hinunter und ließ ihn ein.
    Ludwig hatte getrunken, das roch sie, als er sie küssen wollte, und sie drehte den Kopf schnell zur Seite, was ihn zu verblüffen schien.
    » Ich bin spät dran, ich weiß«, sagte er ein wenig schwerfällig, » aber du kannst dir nicht vorstellen, was heute alles los …«
    » Willst du das ganze Haus aufwecken?«, unterbrach sie ihn. » Komm mit nach oben! Dort sind wir ungestört.«
    Johanna stieg vor ihm die Treppe hinauf. In früheren Zeiten hätte er jetzt spielerisch ihr Gesäß gepackt oder sie auf andere Weise geneckt, heute aber folgte er ihr stumm.
    » Willst du etwas trinken?« Die Zunge lag ihr seltsam schwer im Mund.
    » Ja, gib mir Wein, den kann ich heute gut gebrauchen«, sagte er, wartete, bis sie eingeschenkt hatte, und trank.
    Johanna setzte sich auf das Bett und musterte ihn.
    Er schien an Gewicht verloren zu haben in den letzten Wochen, was ihm stand. Sein Gesicht kam ihr straffer vor, sogar die sonst so gefurchte Stirn wirkte glatter. Mit einem Mal erschien er ihr um Jahre verjüngt. Konnte die Liebe zu einem blutjungen Mädchen solche Wunder bewirken?
    Ein guter Hahn wird niemals fett.
    Der anzügliche Spruch, den Frauen sich gern im Badehaus zuraunten, kam ihr plötzlich ins Gedächtnis.
    » Du siehst müde aus«, sagte er schließlich. » Und ein wenig traurig, habe ich recht? Dagegen weiß ich doch die richtige Medizin.«
    Als er sie an sich zog, spürte sie die vertraute Wärme und war auf einmal den Tränen nah. Seine Hände fuhren über ihren Rücken und das Gesäß. Bald würden sie ihre Brüste kosen, in die er sich vom ersten Moment an verliebt hatte, wie er ihr einmal lachend gestanden hatte. Wie einfach und verlockend wäre es gewesen, die Augen zu schließen und sich diesen Händen ganz zu überlassen! Doch etwas in Johanna wehrte sich dagegen, obwohl sie sich im gleichen Atemzug danach sehnte.
    Ludwig war kein Heiliger, genau das hatte ihn so anziehend für sie gemacht. Wenn sie ihn jetzt fortschickte, war sie wieder allein. Er hatte sie gehalten, getröstet und gewärmt, anders als Severin, aber durchaus wirkungsvoll.
    Bei ihm hatte sie sich niemals verlassen gefühlt.
    » Nimm dein Halsband ab!«, hörte sie ihn murmeln, während sie seine wachsende Erregung spürte, die sie allerdings ernüchterte. » Nur ein einziges Mal! Tu es für mich – heute. Dann wüsste ich, dass du mir ganz vertraust.«
    » Du willst heiraten?«, fragte sie, anstatt seiner Bitte nachzukommen.
    » Woher hast du das?« Ludwig ließ die Arme sinken und starrte sie an.
    » Was spielt das für eine Rolle?«
    » Wer hat es dir gesagt?«, beharrte er. » Ich will es wissen!«
    » Hennes«, erwiderte sie ruhig, obwohl sie ihr Herz hart gegen die Rippen klopfen spürte. » Mein Schwager.«
    » Diese Ratte!« Er war aufgesprungen, lief zum Fenster. » Das hat er doch nur getan, um uns zu entzweien.«
    » Mag sein. Aber wann genau hattest du vor, es mir zu eröffnen?« Ihr Tonfall war auf einmal eisig. » Nachdem du mich wie gewohnt beschlafen hast?

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