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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sie seine Hose abstreifte und sein Wams aufknöpfte. » Sollst dich doch frei fühlen, ganz und gar unbeschwert!«
    Jetzt, da sie die Ketten abgelegt hatte, fiel ihm zum ersten Mal der breite helle Streifen am Hals auf, den sie bislang verborgen hatten. Ein Band wie bei Johanna, dachte er, während seine Fingerspitzen zu vibrieren begannen, als steckten sie in einem Sack voller Ameisen. Die eine trägt es aus Samt, die andere aus Haut.
    Seine Zunge fiel nach hinten. Und waren das überhaupt noch seine Lippen, die sich so dick, so samtig weich anfühlten? Selbst beim besten Willen hätte er jetzt nicht mehr sprechen können.
    Dafür schien sein Gehör auf wundersame Weise verändert, war so empfindsam geworden, dass er sogar die Holzwürmer in der Decke schmatzen hörte. Neben ihm war ein Rascheln, als würden Lagen feinster Seide gekräuselt.
    Dann spürte er, wie Ita seine Männlichkeit umfasste und mit einer kühlen Flüssigkeit bestrich. Sein Glied schnellte nach oben, so groß, so hart, so stark wie nie zuvor.
    » Das kann nur ich«, hörte er sie flüstern, während das Rascheln immer lauter wurde, bis der ganze Raum davon erfüllt schien. » Ich allein. Solltest mir auf Knien danken, dass ich mich deiner erbarme!«
    Er gab ein undefinierbares Grunzen von sich, das sie zu erheitern schien, denn sie begann zu kichern.
    » Das willst du? Meinethalben! Wenn du dir mehr als alles andere wünschst, dass ich Bela bin, so soll dein Wunsch heute wahr werden.«
    Sie kniete sich über ihn und ließ die Röcke wieder fallen, eine geheimnisvolle rote Höhle, in der nur sie und er zu Hause waren.
    » Du und ich werden jetzt Hochzeit halten«, murmelte sie. » Auf besondere Weise. Meiner sollst du dich erinnern bis zum letzten Atemzug – das gelobe ich hiermit feierlich!«
    Er vernahm ein Rauschen wie von dunklen Flügeln.
    Dann explodierten grelle Lichter hinter seinen Lidern.
    x
    Irgendwann erwachte Hennes.
    Neben ihm lag ein weiblicher Rücken, der von einem seltsamen Muster gezeichnet war. Wie Schlangen, dachte er, als er näher heranrückte, um besser sehen zu können. Breite, große Schlangen, die aus einer Grube krochen, ineinander verknäuelt, wulstig und von einem schwärenden Rot.
    Obwohl ihm davor graute, streckte er die Hand aus, um sie zu berühren.
    Die Frau zuckte zusammen, als habe sie einen Schlag erhalten, und bedeckte sich hastig.
    Er wollte, dass sie sich umdrehte, um ihr Gesicht zu sehen, doch die Lider waren noch immer zu schwer und sanken ihm wieder herab.
    x
    Als er wieder erwachte, war es dunkel geworden und so still, dass das Schlagen des eigenen Herzens ihm überlaut erschien.
    Sein Mund war wie ausgedörrt. Sogar das Schlucken fiel ihm schwer.
    » Bela?«, flüsterte er.
    Alles blieb still.
    x
    Johanna entdeckte den toten Marder, als sie zwei Tage später die Pisspötte leeren wollte. Noch im Halbdunkel stieß ihr Fuß an etwas leblos Pelziges, und sie erschrak so sehr, dass sie einen spitzen Schrei ausstieß und die Tür wieder zustieß. Drinnen begann sie halblaut zu zählen und hörte nicht eher wieder damit auf, bis ihr Herz nicht länger wie ein gefangener Vogel gegen die Rippen schlug. Dann öffnete sie die Tür ein zweites Mal und zog den Kadaver mit spitzen Fingern herein.
    Dass es kein Geschenk war, erkannte sie, als sie ihn im Schein der Ölfunzel näher betrachtete, die sie jetzt bis weit in den Morgen hinein brauchten. Wer den Marder erlegt hatte, hatte sich nicht damit begnügt, ihn zu töten. Die Ohren waren ihm abgeschnitten worden. Ein Pfeil steckte in seiner Brust. Am meisten aber traf sie das Band, das um seinen Hals geschlungen war – aus grünem Samt, allerdings in wesentlich besserem Zustand als das, das sie trug.
    Hennes, war ihr erster Gedanke.
    Hennes, der ihren Tod herbeisehnte, damit sie ihm niemals wieder in die Quere kommen konnte. Hennes, dem es leicht von der Hand ging, Tiere zu töten.
    Dann jedoch überkamen Johanna erste Zweifel.
    Sie hatte alles verloren und er alles erreicht, wonach er gegiert hatte: das Lilienhaus, den Rest der Silbermünzen, ihre Verdammung in diesen Höllenschlund und die Schmach, die seitdem auf ihr lag. Weshalb sollte er da noch im Schutz der Dunkelheit zum Pesthaus schleichen, um ihr Angst zu machen?
    Doch wenn er es nicht war, wer könnte es dann gewesen sein?
    Seltsamerweise kam ihr als Nächstes der Maskenmann in den Sinn, den sie in seinem Tun gestört hatte. Sein Wagen war nur halb voll gewesen, als er mit den Pestlumpen

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