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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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so groß. Und schön.«
    Sie riss sich los.
    » Hör auf damit!«, sagte sie rau. » Ich habe keinen Sohn.«
    » Er hat deine Augen, Johanna«, beharrte er. » Daran hab ich ihn gleich erkannt. Verzeih meine Lüge! Aber er hat mir Angst gemacht …« Sein Mund klappte auf. Von den Augen war nur noch das Weiße zu sehen.
    » So hilf ihm doch!«, sagte sie zu Vincent. » Er hat das Bewusstsein verloren.«
    Sein Blick lag schwer auf ihr. Was würde er sagen? Wonach sie fragen?
    Wortlos sahen sie sich an, bis lautes, forderndes Klopfen beide zusammenfahren ließ.
    Johanna lief zur Pforte – und erstarrte.
    Eine Gestalt in einem dunklen Umhang, das Gesicht verhüllt – der Maskenmann war zurück!
    Der Schreck war so groß, dass ihre Füße wie angewurzelt waren. Dann aber erkannte sie, dass sie sich getäuscht hatte. Die Gestalt war sehr viel kleiner. Außerdem wölbte sich unter dem Stoff eine gewaltige Kugel.
    » Ich will zu Ludwig«, hörte sie Ennelin sagen. » Um mich von ihm zu verabschieden. Das bist du mir schuldig!«
    » Ich kann dich nicht hereinlassen«, sagte Johanna. Sie wollte die Tür wieder schließen, doch Ennelins Fuß, den diese dazwischengeschoben hatte, hinderte sie daran.
    » Er ist mein Mann. Und immer noch Pächter dieses Hauses. Du wirst tun, worum ich dich bitte.«
    War das wirklich noch das junge Gänschen, das sie stets als unreif und albern abgetan hatte? Plötzlich schien eine ganz andere Ennelin vor ihr zu stehen.
    » Du darfst dich nicht anstecken«, sagte Johanna. » Das bist du deinen Kindern schuldig.«
    » Ich werde mich nicht anstecken.« Ennelin zog den Fuß heraus und stemmte sich gegen die Tür, damit sie offen blieb. » Deshalb bin ich ja von Kopf bis Fuß verhüllt. Und jetzt lass mich endlich durch!«
    Im nächsten Augenblick gab sie einen Schrei von sich und krümmte sich zusammen.
    » Es tut auf einmal so weh! Bis in den Rücken hinein, als ob ein Messer in mir wühlt. So hilf mir doch – ich sterbe!«
    » Das sind die Wehen«, sagte Johanna, der nun nichts anderes übrig blieb, als nun doch zur Seite zu treten und Platz für sie zu machen.
    » Aber was ist das?« Fassungslos schaute Ennelin auf die Pfütze zu ihren Füßen. » Ich hab doch nicht …«
    » Das Wasser ist gebrochen«, sagte Johanna. » Deine Kinder kommen!«
    x
    Mit vereinten Kräften hatten sie Ennelin in Johannas Kammer getragen und alles an Decken herangeschleppt, was sie finden konnten, denn unter dem Dach war es kalt. Die Wehen folgten inzwischen in regelmäßigen Abständen aufeinander, die der Gebärenden nur noch kurze Verschnaufpausen erlaubten. Ennelins rötliches Haar war schweißnass, ihr rundes Gesicht vor Anstrengung fleckig.
    Sabeth schien die Niederkunft in Hochstimmung versetzt zu haben.
    » Ein Kindlein kommt zur Welt«, murmelte sie, während sie hinunter in die Küche lief und wieder hinauf, um Leinen und frisches Wasser zu bringen. Nichts, was man ihr hätte zweimal sagen müssen. Auch nach Stunden blieben ihre Augen aufmerksam und klar. » Das große Rad, es dreht sich ohne Unterlass. Ein Kindlein bringt Licht ins Todeshaus.«
    » Ihr macht es sehr gut«, ermunterte Vincent Ennelin, wenn der Mut sie verlassen wollte. » Obwohl ich wünschte, wir hätten eine Wehmutter, die Euch beistehen könnte.«
    » Im Pesthaus?«, fragte Johanna, die immer seltsamere Gefühle überkamen, je weiter die Geburt voranschritt. Auf ihrer Brust lag eine schwere Last, die sie ungewohnt kurzatmig machte. » Wer wäre da wohl schon gekommen?«
    Dann begann Ennelin wie wild zu schreien. » Es zerreißt mich – das überlebe ich nicht!«
    Johanna lief zum Kopfende des Lagers und legte ihr die Hand auf die Stirn.
    » Bald hast du es geschafft«, sagte sie tröstend. » Das Köpfchen ist schon zu sehen. Noch ein paarmal pressen – dann ist es da.«
    Ennelin schrie und weinte und stöhnte und presste.
    Noch einmal schrie sie. Dann glitt zwischen ihren Schenkeln ein schleimiges Kind hervor. Vincent klemmte die Nabelschnur ab und durchschnitt sie. Danach hob er das Neugeborene behutsam hoch.
    Ein lauter, zorniger Schrei ertönte, der alle aufatmen ließ.
    » Ein Mädchen«, sagte er. » Ein schönes, rothaariges Mädchen!«
    » Ein Mädchen!«, sang auch Sabeth, nachdem sie die Kleine gesäubert und eingewickelt hatte. » Das Rad, das ewige Rad …«
    Ennelin streckte die Arme nach ihrem Kind aus und begann zu weinen.
    Der Druck auf Johannas Brust wurde so groß, dass sie sich umdrehen musste.
    » Leg sie an!«,

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