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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zu, wenn du dich wäschst oder streichelst?«
    » Zwei Wochen«, sagte Bela. » Vielleicht auch länger. Es sind …«
    » Lass mich raten! Gelbliche Geschwüre, habe ich recht? Unter den Armen hast du harte Knötchen, und die Gelenke schwellen an wie bei einem alten Weib?«
    » Woher weißt du das?«, fragte Bela beklommen.
    » Weil ich alles darüber weiß. Alles! Es ist nicht mehr ganz so frisch, wie du denkst. Das Teufelszeug besitzt die tückische Eigenschaft, zu verschwinden und genau dann wieder aufzutauchen, wenn man sich in Sicherheit wiegt und hofft, alles sei nur ein Trugbild gewesen.«
    In Belas Augen schimmerten Tränen.
    » Ich werde alles verlieren«, sagte sie. » Die Männer. Meinen Platz bei Conrat. Die anderen Mädchen …«
    » Und mehr als das«, sagte Ita mit kaltem Lächeln. » Deine Schönheit. Die zarte Haut, auf die du so stolz bist. Das, was man Gesundheit nennt. Zuletzt vielleicht sogar den Verstand. Ich kenne einige, die im Narrenturm gelandet sind. Aber vielleicht hast du ja Glück und bist schon vorher tot.«
    » Warum hasst du mich so?«, flüsterte Bela.
    » Ich hasse dich nicht. Wenn man innerlich gestorben ist, kann man nicht mehr hassen.« Ita ließ sich auf die Tischkante sinken. » Ich war auch einmal wie du, und das ist noch nicht einmal so lange her. Mag sein, nicht ganz so schön, aber doch ein anziehendes, fröhliches junges Ding. Ein wenig übermütig vielleicht, ein wenig zu leichtgläubig, wie viele eben sind, die im Badehaus arbeiten, wo man das eine tun und das andere nicht unbedingt lassen muss. Doch das änderte sich von einem Tag zum anderen. Plötzlich hatte ich für ein Kind zu sorgen – in schweren Zeiten. Das hat mich noch waghalsiger gemacht. Die Rechnung ließ nicht lange auf sich warten.«
    Sie schob die Glasperlen zurück, deutete auf ihren Hals.
    » Band der Venus, so nennen es die Eingeweihten«, sagte sie. » Und es erspart dir das kostbarste Geschmeide. Noch mehr davon gefällig?«
    Sie drehte sich zur Wand, schnürte ihr Mieder auf. Dann ließ sie es bis auf die Hüften sinken.
    Bela presste sich die Faust vor den Mund, um nicht aufzuschreien.
    » So wird es auch bei dir früher oder später aussehen«, sagte Ita. » Schlangen, die aus einer Grotte kriechen, wuchernd, nässend, in immer neuen Verrenkungen. Vielleicht kommen sie die Beine herauf. Oder sie nisten sich auf deinen Brüsten ein. Vielleicht ist es die Scham …«
    » Sei still!« Bela war aufgesprungen und hielt sich die Ohren zu. » Ich will das nicht mehr hören. Gib mir dein verdammtes Holz, und lass mich in Frieden!«
    In aller Seelenruhe schnürte Ita das Mieder wieder zu.
    » Warum sollte ich das tun?«, sagte sie. » Und lass dir bloß nicht einfallen, einer Menschenseele davon zu erzählen! Man würde es dir ohnehin nicht glauben.«
    » Weil ich dir Geld dafür gebe. Und Pelze – hier!« Bela riss sich den Silberfuchs vom Hals und warf ihn auf den Boden. Das Mützchen flog hinterher. » Nimm alles, was du willst! Ich sage kein Wort – zu niemandem. Versprochen!«
    Ita rührte keinen Finger.
    » Hennes Arnheim schenkt mir jeden Pelz, den ich mir wünsche«, sagte sie. » Und Geld habe ich mehr als genug. Die Kölner sind verrückt nach meinen Amuletten. Wenn die Pest noch länger dauert, bin ich eine reiche Frau.« Ihre Augen waren hart und glänzend wie Obsidian. » Was sonst kannst du mir anbieten?«
    Bela starrte sie an wie eine Erscheinung. Beelzebub stand vor ihr, in weiblicher Gestalt. Sie zweifelte nicht einen Augenblick daran.
    » Meine Seele?«, flüsterte sie.
    » Die kannst du behalten. Mir reicht die eigene, so schwarz und faulig, wie sie inzwischen ist.«
    » Mein Leben?«
    » Das hast du schon weggeworfen.« Ita stieß ein teuflisches Lachen aus. » Noch ein Geheimnis, das ich mit dir teilen will: Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, lebt es sich die ersten Jahre nicht einmal so übel damit – vorausgesetzt allerdings, man landet nicht in der Gosse wie du. Und jetzt geh! Ich habe Wichtigeres zu tun.«
    Bela griff mit zittrigen Händen nach ihrem Muff und floh.
    x
    In der Dunkelheit fand er ihren Mund und ihr Haar. Johanna war leidenschaftlicher, als er es in Erinnerung hatte, zerrte an seinen Kleidern, als könne es ihr nicht schnell genug gehen, ihn zu spüren. Vincent war nach der ersten Umarmung, die beide sprachlos gemacht hatte, fortgegangen und mitten in der Nacht wiedergekommen, weil er es ohne sie auf einmal nicht länger ausgehalten hatte.
    Nur im Hemd

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