Die Pestmagd
schnitzen! Oder falte schon mal die Windeln für dein Ungeborenes! Dir wird schon etwas einfallen, womit du dir die Zeit vertreiben kannst.«
» Hör auf, so abfällig daherzureden!« Ludwig hatte ihr Handgelenk gepackt und zog sie so grob zu sich heran, dass sie aufschrie. » Du kannst mir nicht verbieten, dass ich mir Sorgen um dich mache. Denn genau das tue ich, Johanna! Dein gottverdammter Dickschädel wird dich eines Tages noch in Teufels Küche bringen.« Sein Griff war eisern. Es gelang ihr nicht, sich freizumachen. » Du hörst mir jetzt zu, verstanden?«
Ein widerwilliges Nicken.
» Gut.« Er ließ sie los.
Johanna rieb sich das Gelenk. » Aber komm gefälligst zur Sache!«
» Es gibt einen neuen Kunden in der Badestube, erst jüngst nach Köln gekommen, ein Herr aus allerbesten Kreisen. Der braucht eine Frau, die bei ihm im Haus nach dem Rechten sieht.«
Johanna öffnete den Mund zu einer Entgegnung, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen.
» Bevor du ablehnst, hör dir wenigstens an, um wen es sich handelt: einen hochgelehrten Medicus, den neuen Leibarzt unseres Erzbischofs. Es geht ums Kochen, die Instandhaltung seiner Kleidung, um ein sauberes, gemütliches Zuhause. Die weibliche Hand sozusagen, die ein paar Stunden am Tag Ordnung und Klarheit in sein Dasein bringt. Er ist auf der Suche nach einer Witwe mit gutem Leumund, da hab ich sofort an dich gedacht. Vielleicht kann dir sogar die Alte zur Hand gehen, wenn sie gerade einen hellen Moment hat. Geld scheint nämlich keine Rolle zu spielen. Im Gegenteil, ich habe ihn bislang als ausnehmend großzügig erlebt.« Er stieß einen Seufzer aus. » Wenn du also halbwegs klug verhandelst, könntest du einen Teil deiner Sorgen auf einen Schlag los sein.«
Die ruhige Tiefe seiner braunen Augen schien bis in ihr Innerstes zu dringen. Johanna spürte, wie ihr Widerstand zu schmelzen begann. Doch so leicht würde sie es diesem Ludwig Weißenburg nicht machen. Er sollte zu spüren bekommen, was er ihr mit seiner Feigheit angetan hatte.
» Wenn er so großartig ist, wie du behauptest, warum hat er dann kein angetrautes Weib?«, fragte sie. » Oder ist er derart abstoßend, dass man Angst vor ihm haben muss?«
» Ersteres fragst du ihn am besten selbst. Er scheint übrigens im ganzen Reich herumgekommen zu sein. Da lernt man, vorsichtig zu sein, gerade wenn man ein ansehnlicher Kerl ist wie er und im besten Alter noch dazu.«
Behalt deinen dahergelaufenen Medicus für dich!, hätte sie ihm am liebsten entgegengeschleudert. Du klingst ja fast, als wolltest du ihn mir andrehen! Und dein schwangeres Kindweib kannst du auch gleich zum Teufel schicken. Mit jedem Wort reißt du meine kaum verschorften Wunden wieder auf.
Dann jedoch erschien Itas Gesicht vor ihr, und bevor sie sich versah, war plötzlich Dunkel in ihrem Inneren aufgezogen. Wie eine Zecke saß sie ihr auf der Haut, erpicht auf den letzten Blutstropfen, den sie ihr aussaugen konnte. Es würde einiges kosten, sie wieder loszuwerden – falls das überhaupt möglich war. Außerdem ging es ja nicht um sie allein, sondern auch um Sabeth, die jetzt wie ein verlorenes Kind auf dem Hocker schaukelte und die Welt um sich vergessen zu haben schien, um Mieze, die ihr um die Beine strich, als würde sie ihre innere Zerrissenheit spüren, und um die neue Stute, die ein dickes Loch in ihre Ersparnisse gerissen hatte und nun ebenfalls gefüttert und versorgt werden musste.
» Also?«, fragte Ludwig. » Was soll ich ihm nun sagen?«
In Johannas Kopf begann es zu hämmern, so stark war ihr innerlicher Widerstand. Jetzt einzulenken erschien ihr wie eine Niederlage, aber hatte sie denn eine andere Wahl?
» Wo wohnt er denn, dein formidabler Leibarzt?« Sie spuckte jedes Wort aus wie eine verfaulte Frucht.
» In der Marzellenstraße.« Ludwigs Gesicht entspannte sich. » Das gelbe Haus mit der Brandmauer. Kannst du gar nicht verfehlen. Zudem hat er an der Tür sein Schild angebracht, etwas mit einer Schlange, reichlich seltsam, wenn du mich fragst. Aber er wird schon wissen, was er tut. Übrigens scheint er es mit einer Hilfe eilig zu haben. Der Erzbischof will ihn offenbar ständig in seiner Nähe haben, da bleibt ihm kaum noch Zeit für anderes.«
» Falls du glaubst, ich könnte hier alles stehen und liegen lassen …«
» An deiner Stelle würde ich zugreifen, bevor er sich für eine andere entscheidet. Aber das musst du selbst wissen.«
» Warum tust du das für mich?«, fragte sie leise. » Jetzt, da wir
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