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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Medicus und über die Pest zu sprechen«, konterte sie eigensinnig und nicht minder hartnäckig.
    »Das lässt sich leider nicht hinausschieben, da Eginhard schon bald wieder nach Bregenz zurück muss.«
    »Ihr werdet euch doch jetzt nicht zanken – gerade heute, am Heiligen Abend?«, fuhr Eginhard dazwischen.
    »Du hast recht, mein Sohn! Lasst uns die Zeit bis Dreikönig in gewohnt trauter Harmonie genießen. Ich gehe nach dem Dreikönigsfest zum Blaufärber, und euer Gespräch mit dem Propst hat ebenfalls so lange Zeit. Immerhin bist du dann noch ein paar Tage in Staufen. Aber jetzt ist es spät geworden und es wäre vernünftig, wenn wir uns zurückziehen würden. Morgen ist auch noch ein Tag.«
    »Ja, meine Liebe, du hast recht. Außerdem geht meine Pfeife gerade aus! Eine gesegnete Nacht, meine Söhne.«

Kapitel 37

    Im Morgengrauen, noch vor dem ersten Schrei des Hahnes ihrer Freundin Judith, war Konstanze aufgestanden. Wie so oft in letzter Zeit hatte sie sich auch in dieser Nacht schlaflos hin und her gewälzt. Es ging ihr nicht besonders gut. Über ihren angeschlagenen Seelenzustand hinaus hatte sie jetzt ein nicht mehr aufhören wollendes Stechen in der Brust, das mit einem hörbaren Rasseln einherging. Dazu hatten sich Kopfschmerzen und ein lästiger Dauerhusten gesellt, der sich zu allem Übel auch noch zu einer handfesten Erkältung auszuweiten schien.
    Obwohl die letzten zwei Wochen, allein schon durch Eginhards Anwesenheit, für sie als Mutter wunderschön gewesen waren und sie seiner Abreise traurig entgegensah, war sie froh, das Dreikönigsfest hinter sich gebracht zu haben. Während der Feiertage und über den Jahreswechsel hinaus hatte sie ihre Anspannung im Zaum halten und vor der Familie verbergen können, aber jetzt übermannte sie ihre innere Unruhe und sie musste ständig wieder an die Blaufärber denken. So kam es ihr zupass, dass sie an diesem trüben Donnerstagmorgen noch vor Rosalinde in der Küche war und selbst den Herd anfeuern musste. Es war so kalt, dass sich ihr Atem zu Wölkchen formte. Konstanze bereitete die Morgensuppe, half Diederich beim Ankleiden, bediente ihre Männer und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Die Beschäftigungen am frühen Morgen hatten ihrer Psyche richtig gut getan und sie etwas von ihren trüben Gedanken abgelenkt. Ihrem körperlichen Wohlbefinden war es allerdings eher abträglich gewesen. Trotzdem hielt sie jetzt, da das gemeinsame Morgengebet gesprochen war und alle ihre kräftige Suppe geschlürft hatten, nichts mehr.
    »Gestern war das Dreikönigsfest, und ich weiß immer noch nichts von den Opsers. Ich gehe jetzt sofort zu ihnen«, sagte sie entschlossen, gab ihrem verdutzt dreinschauenden Mann ein flüchtiges Küsschen auf die Backe, wies Rosalinde an, den Tisch abzuräumen, legte ihren Umhang um und verschwand hüstelnd aus dem Zimmer, bevor Ulrich überhaupt etwas dagegen sagen konnte. Sie hinterließ nur ungläubiges Staunen.
    Es hatte die letzten zwei Wochen so viel geschneit, dass Konstanzes Männer und Knecht Ignaz bis Mittag beschäftigt sein würden, die weiße Pracht aus dem Schlosshof zu räumen. Bis dahin wollte Konstanze längst wieder zurück sein.
    Die Menschen im Dorf waren jetzt – bis auf diejenigen, die nach wie vor die Trauer um ihre toten Familienangehörigen in den Vordergrund stellten – wieder einigermaßen zufrieden. Sie waren durch die Christvesper in ihrem Glauben gestärkt worden und hatten neuen Lebensmut gewonnen, den sie zu Neujahr und Dreikönig weiter heraufbeschworen hatten. Da konnten auch die frostigen Nächte und der viele Schnee nichts daran ändern – im Gegenteil: Draußen war es zwar bitterkalt, aber der Schnee, der an den Hauswänden klebte, schützte das Innere vor kalter Zugluft, sodass sich die muffige Wärme einigermaßen in den Räumen halten konnte. Bei dieser Kälte rückten Mensch und Tier enger zusammen, als dies in den warmen Monaten der Fall war. So kam es vor, dass im einen oder anderen Wohnraum mehr Schafe oder Ziegen standen, als es aufgrund der vermeintlichen Pest überhaupt noch Familienmitglieder gab. Dadurch war das Heizmaterial in greifbarer Nähe, denn die Hinterlassenschaften der Tiere konnten an Ort und Stelle getrocknet werden, bevor sie einen hervorragenden Brennstoff abgeben würden.

    Die Sonne schien und verwandelte das pulverige Weiß in ein Glitzermeer. Als Konstanze hustend durchs Dorf stapfte, schippten gerade etliche Männer den Schnee vor den Haustüren weg.
    »Den Morgen

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