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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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vertraut waren und Lodewig zu wissen glaubte, was Sarah wollte, hatte er immer einen Riesenbammel davor, die Sache anzugehen. Wären da nicht sein inneres Verlangen und der natürliche Antrieb, hätte er sicherlich das eine oder andere Mal gekniffen, und es wäre nicht zum innigst herbeigesehnten Beischlaf gekommen. Wenn sie aber erst einmal ›mittendrin‹ waren, konnte ihn nichts und niemand bremsen. Und genau an das hatte er gerade gedacht, als er aus seinen Träumen gerissen wurde.
    »Was meinst du dazu, Lodewig?«, wollte Sarah, die Lodewigs Antwort im Vorhinein kannte, hören.
    »Äh. Ja, Ja, das ist gut. Wir spielen gerne … mit Lea.«
    »Gut!«, befürwortete Judith dieses Vorhaben nochmals und wandte sich wieder ihren Töpfen zu. »Sag deinem Vater, dass es heute später wird als gedacht. Ich gehe davon aus, dass du dann zu Hause bleibst und nicht mehr hierher zurückkommst.«
    »Ja, Mutter«, entfuhr es Sarah so freudig, dass es fast auffiel.
    »Bis zum Einbruch der Dunkelheit bist du aber wieder zurück!«, rief Konstanze ihrem Sohn noch nach, bevor sie von einer Hustenattacke gepackt wurde.
    »Das gefällt mir nicht. – Du bist noch lange nicht gesund und gehörst immer noch auf deine Lagerstatt«, bemerkte Judith mit einer Stimme, in der die echte Sorge einer engen Freundin mitschwang.

    *

    Während Lodewig alles gab, um Sarah glücklich zu machen, wurde seinem Bruder die überaus hohe Ehre zuteil, offiziell in die Untersuchungskommission aufgenommen zu werden. Der Stadtamtmann, der als ›ehrenwerter Herr Richter‹ angesprochen werden wollte, hatte ihn schon gleich nach seiner Ankunft kommissarisch in den Ausschuss berufen und bestätigte dies nun in Form einer theaterreifen Rede, die er seinen offiziellen Begrüßungsfloskeln hinzufügte.
    »Ich gratuliere dir, mein Sohn«, flüsterte der Kastellan seinem Erstgeborenen zu und stieß lächelnd mit ihm an.
    Mit einem simplen »Danke! Ich werde Euch nicht enttäuschen«, übte sich Eginhard in Bescheidenheit.
    Aber der Kastellan hakte nach: »Somit darfst du nicht nur bei allen Vernehmungen dabei sein, sondern auch deine Stimme erheben«, bemerkte er nicht ohne Stolz. »Und laut Aussage des ehrenwerten Herrn Richters soll sie bei der morgigen Anhörung und in der später geplanten Gerichtsverhandlung sogar gewichtet werden.«
    »Ja. Aber nur, wenn auch die anderen Ausschussmitglieder, die nicht mit nach Staufen gekommen sind, ihr Einverständnis dazu geben«, tat Eginhard seine unverhoffte Berufung ab.
    Nachdem die offizielle Begrüßung vorüber war, die Gäste ihre Gemächer bezogen und sich ein wenig frisch gemacht hatten, lud der Kastellan zu einer Schlossführung ein. Einerseits war er stolz auf das große Gebäude, das er mitsamt der dazu gehörenden Liegenschaften verwalten durfte, andererseits wollte er damit erreichen, dem unweigerlich folgenden Zechgelage möglichst viel Zeit abzuzwacken, damit nicht so viel gesoffen werden und sein bereits angebrochenes Fass Wein zumindest für diesen Abend ausreichen würde.
    Ganz besonders imponierte den Männern die strategisch gute Lage und der traumhafte Blick auf das Dorf hinunter und in die Berge hinüber. Aber so lange der Kastellan seine Besucher auch beschäftigte, seine Rechnung ging nicht auf – im Gegenteil: Die Schlossführung schien allen erst so richtig Durst gemacht zu haben. Jedenfalls wurde bis spät in die Nacht hinein gezecht, und im Wappensaal ging es auf Kosten der gräflichen Vorratskammer fröhlich zu. Zu fröhlich für den Medicus, dessen Gefängniszelle schräg über dem Wappensaal lag und der deswegen fast alles mithören konnte.

Kapitel 48

    Trotz der Brummschädel sollte anderntags pünktlich mit der Vernehmung des Gefangenen begonnen werden. Das Streifenzimmer, das ansonsten vom Kastellan als Arbeitszimmer genutzt wurde, war zum Vernehmungszimmer umfunktioniert worden. Hierzu hatten Lodewig und Ignaz einen ovalen Tisch mit sechzehn Stühlen herbeigeholt und für den Protokollführer das Schreibpult des Schlossverwalters an einen anderen Platz gestellt, nachdem dieser sämtliche in einem Fach unter der hochklappbaren Schreibfläche befindlichen Unterlagen und Utensilien herausgenommen hatte. Auf Anordnung des Landrichters hatten sie in einigem Abstand vor dem großen Tisch ein kleines Tischchen mit einfacher Sitzgelegenheit in Form eines dreifüßigen Schemels für den Gefangenen platziert.
    »Sollte die Vernehmung zu lange dauern, kann ich selbst dem verachtungswürdigsten

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