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Die Pfade des Wanderers

Die Pfade des Wanderers

Titel: Die Pfade des Wanderers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Erstaunen heruntergeklappt, obwohl das Lied ihm nichts anhaben konnte. Doch andererseits war es ja auch nicht gegen ihn gerichtet.
    »Seht also«, höhnte der zweite Teufel, »was wir vermögen. Unser Meister hat uns die Macht des Banngesangs verliehen, der aus dem tiefsten Born der Verwirrung entspringt, aus den schwarzen Gruben, wo schreckliche Gesänge der Trauer und der Verzweiflung sich miteinander verbinden, um den verheerendsten seelenerstickenden Brei hervorzubringen. Unsere Musik kündet Stöhnen von finsteren Zeiten und jammert von qualvollen Tränen. Kein Lebewesen ist dagegen gefeit. Niemand kann seine Auswirkungen mißachten.«
    »Ich fürchte, er hat recht, Mudge.«
    »Du wirst mich nich dabei erwischen, wie ich das leugne.« Sanft ließ der Otter den immer noch leise würgenden Koala zu Boden gleiten und versuchte dabei, die Kälteschauer zu unterdrücken, die seinen Körper durchzuckten. »Was für'n gräßlicher Lärm. Is ja noch übler, als ich das bei Musik für möglich ge'alten 'ätte. Aber ich 'abe dein Gesicht beobachtet, als sie zu singen anfingen, Kumpel. Du ‘ast sie erkannt.«
    »Ja, ich habe sie erkannt, Mudge.«
    Doch Colin war noch nicht erledigt. Schweratmend wälzte er sich auf Hände und Knie, packte sein Schwert wieder und kroch auf die vier Teufel zu. Mudge versuchte ihn aufzuhalten, doch der Koala war immer noch kräftig genug, den gutmeinenden Otter abzuschütteln.
    Die Entschlossenheit auf dem runden grauen Gesicht war ein Anblick für sich.
    Unbeeindruckt begannen die Teufel wieder mit ihrem Chor. Diesmal war es ein neuer Song, noch weinseliger und schmalziger als der erste.
    »Soll ich denn mein junges Leben, das wie eine Rose blüht...!«
    Jon-Tom merkte, wie er ins Schwitzen geriet. Die sangen ja richtige traditionelle Volksmusik! Auch wenn er etwas für Randgebiete der Musik übrig hatte, erschütterte es ihn. Nie hätte er etwas derartig Scheußliches erwartet, so hell und grell, so klebrig von süßlichen Texten und kränkelnden Akkorden. Die Teufel sangen weiter, in wunderschöner Harmonie, die Stimmen gepreßt vor Verzweiflung und Selbstmitleid.
    Colin ertrug es nicht. Solchen Kitsch war er nicht gewöhnt, und er wälzte ihn platt. Mit einem letzten Energiestoß schleuderte er das Schwert gegen den Hauptsänger des Quartetts. Ein paar Takte Heino, und die Klinge fiel klirrend zu Boden.
    Dann wandten sie sich zu dem einzigen Gegner um, der es mit ihnen aufnehmen konnte. Jon-Tom hielt die Stellung, die Finger griffbereit über den Duarsaiten schwebend, auf alles vorbereitet, was kommen mochte.
    Die schlichte Schnulze von Bill Ramsey war nur ein Test, wie er wußte, er bekam sie schnell genug in den Griff, indem er mit Springsteens ›Pink Cadillac* zurückschlug. Einer der Teufel wich zurück, runzelte die Stirn, um mit einer gewaltigen Willensanstrengung wieder in die Reihe zu treten.
    Das höllische Quartett stieß sofort mit ernster Feierlichkeit nach, mit einem typischen Standardsong von Roger Whitaker. Schweißperlen erschienen auf Jon-Toms Stirn als er mit dem lebhaften ›Jump‹ von van Halen konterte.
    Während sie Songs austauschten, schien die Luft selbst verwirrt zu sein, unsicher, ob sie nun Regen oder Sonnenschein zulassen sollte. Songs von Johnny Cash, Mireille Mathieu und Hank Williams machten es den Reisenden schier unmöglich, auch nur zu atmen, weil sie die Luft in eine dicke Brühe verwandelten. Jon-Tom versuchte die Atmosphäre nach Kräften aufzuhellen, indem er mit fröhlicherer Musik erwiderte, von Loggins ›Footloose‹ bis zu einem Medley von Cyndi Lauper.
    Es war niemand da, der ihm helfen konnte, und es waren vier gegen einen. Wie immer, war auch diesmal sein eigenes Spiel zugleich sein bester Verbündeter. Je mehr er sang, um so kräftiger wurden seine Banngesänge.
    Die Teufel wichen zurück, einen Schritt nach dem anderen, je näher Jon-Tom auf sie zukam. Es war ihnen unmöglich, es mit seiner Begeisterung und der gnadenlosen Vitalität seiner Musik aufzunehmen. Sie drängten sich immer dichter und dichter aneinander, bis zwischen ihnen überhaupt kein Freiraum mehr war. Wie vier Figuren aus Knetmasse verschmolzen sie miteinander, sowohl körperlich als auch stimmlich. Als dieser Vorgang beendet war, fand sich Jon-Tom vor einer vierköpfigen achtarmigen Riesenfigur wieder, anstelle der teuflischen Gestalten, die ihn und seine Gefährten vorhin auf dem Weg herausgefordert hatten. Die Figur besaß zwar dieselben vier Gesichter, spielte

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